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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Autoren: Peter Robinson
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genau, daß er tot war, aber hatte sie nicht trotzdem all die Jahre auf ihn gewartet? Hatte sie deshalb nie geheiratet, nicht einmal dann, als ihr dieser gutaussehende Ladenbesitzer Jack Wormald einen Antrag gemacht hatte? Auf den Knien hatte er gelegen, da unten an den Wasserfällen von Rawley Force; nasse Knie hatte er sich geholt, und es hatte ihm gar nichts ausgemacht. Aber sie hatte trotzdem nein gesagt, hatte das Haus in Ordnung gehalten, nachdem die Eltern gestorben waren, und so wenig wie möglich daran verändert.
      Sie erinnerte sich vage, daß es noch einen Krieg gegeben hatte. Lebensmittelkarten, Aufrufe im Radio und Marschmusik; und in der Ferne ein Grollen und Dröhnen, das wohl von Bomben hergerührt hatte. Arnold war auch aus diesem Krieg nicht zurückgekehrt, obwohl sie ihn hatte vor sich sehen können, erneut kämpfend wie ein griechischer Gott, stark und wendig, mit ernstem Gesicht, diesem Gesicht, das nie einen Rasierapparat gesehen hatte.
      Weitere Kriege folgten, jedenfalls hatte Alice davon gehört. Kleinere Kriege, weit entfernt, und in allen hatte er gekämpft, Arnold, der ewige Soldat. Irgendwo tief in ihrem Innern wußte sie, daß er nie zu ihr heimkehren würde, trotzdem gab sie die Hoffnung nicht auf. Ohne Hoffnung blieb ihr nichts mehr.
      «Wo, um alles in der Welt, hab ich sie hingestellt?» murmelte sie vor sich hin, während sie auf den Knien lag und den Schrank unter der Spüle durchwühlte. «Sie muß doch irgendwo sein... Ich würde noch meinen Arm verlieren, wenn er nicht angewachsen wär' ...»
      Plötzlich hörte sie draußen schnelle Schritte. Ihre Augen waren nicht mehr so gut wie früher, aber auf ihr Gehör konnte sie stolz sein, und es machte ihr immer wieder Spaß, irgendwelche Verkäuferinnen oder Busfahrer zurechtzuweisen, die sich einbildeten, sie müßten brüllen, um sich verständlich zu machen. Nach den Schritten hörte sie ein leises Pochen an der Tür. Überrascht richtete sie sich langsam auf und hielt sich an der Abtropfplatte fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, dann schlurfte sie durch das Wohnzimmer. Es gab immer eine Chance, sie mußte nur hoffen. Und so öffnete sie die Tür.
     
    * 3
     
    «Alles Perverse, jedenfalls die meisten», erklärte Detective Chief Inspector Alan Banks und stellte den Höhenregler an der Stereoanlage ein.
      «Mich eingeschlossen?» erkundigte sich Sandra.
      «Soweit ich weiß, ja.»
      «Seit wann ist die künsderische Präsentation des nackten menschlichen Körpers ein Zeichen für Perversion?»
      «Seit die Hälfte der Fotografen nicht mal einen Film in der Kamera hat.»
      «Ich schon.»
      «Ich weiß, schließlich hab ich die Ergebnisse gesehen», meinte Banks beifällig. «Wo, um alles in der Welt, treibst du bloß diese Mädchen auf?»
      «Es sind überwiegend Studentinnen von der Kunstakademie.»
      «Wie auch immer», fuhr Banks fort und wandte sich wieder seinem Scotch zu, «ich bin verdammt sicher, daß dieser Jack Tattum keinen Film in der Kamera hat! Und Fred Barton kann garantiert ein Weitwinkelobjektiv nicht von einem Bügeleisen unterscheiden. Würde mich wirklich nicht wundern, wenn die beiden davon phantasieren, daß du für sie posierst - eine schöne, knackige Blondine.»
      Sandra mußte lachen. «Ich? Blödsinn! Und hör endlich auf, den verknöcherten Spießer raushängen zu lassen, Alan. Das steht dir nicht. Du wirkst nicht besonders glaubhaft, wenn du dummes Zeug über Fotografie faselst und mir gleichzeitig die Ohren volldröhnst mit dieser verdammten Oper.»
      «Für jemanden, der die künsderische Darstellung des nackten menschlichen Leibes zu würdigen weiß, bist du ein ziemlicher Banause in Sachen Musik.»
      «Oh, ich mag Musik. Aber dieses Gekreische macht mir Kopfschmerzen.»
      «Gekreische! Gütiger Himmel, Weib - was du hier hörst, ist der erhabene Ausdruck der menschlichen Seele: Vissi d'arte, vissi d'amore ...» sang Banks, einen Sopran imitierend, der die fehlende Stimmlage durch Lautstärke wettmachte.
      «Hör auf», stöhnte Sandra gequält und griff nach ihrem Drink.
      Es war immer dasselbe, wenn Alan ein neues Hobby hatte. Er widmete sich ihm mit aller Inbrunst für die Dauer von ein bis sechs Monaten, gefolgt von einer Phase der Ruhelosigkeit, bis er jedes Interesse verlor und sich für etwas Neues begeisterte. Während er weiter beteuerte, höchst interessiert zu sein - nur leider zu sehr unter Zeitdruck zu stehen -, sammelten
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