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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei
Autoren: Schubert Stefan
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mussten der jeweiligen Situation gewachsen sein und sie irgendwie beenden. Denn über ihnen gab es niemanden mehr, den die Polizeiführung hätte losschicken können, um diese ausweglose Mission zu vollenden. Sie waren die Elite.
    Der elitäre Ruf der Spezialeinheiten übte auch auf Toni und viele seiner Kameraden einen unwiderstehlichen Reiz aus. Die tägliche Herausforderung, seinen Geist und Körper über die eigene Leistungsgrenze hinaus zu trainieren und diese Grenze stets ein Stück weiter zu verschieben, trieb ihn und seine Jungs zu immer neuen Bestleistungen an. Wenn kein Einsatz bevorstand und das tägliche Training nicht durch einen Alarm unterbrochen wurde, forderten ihre Vorgesetzten sukzessive immer mehr von ihnen.
    Nach der Trainingstortur wurde geduscht, und dann traf sich das Team im Versammlungsraum in der doppelt gesicherten Etage, die nur Mitgliedern des SEK vorbehalten war. Eine Gruppe bestand im Idealfall aus 2/10, nämlich dem Kommandoführer, seinem Stellvertreter und zehn Mann. Doch Lehrgänge, Fortbildungen, Urlaub, Überstundenabbau und Abordnungen zu anderen Dienststellen ließen sie selten vollzählig sein. Die Männer hockten dann auf dem nach einem Umzug eines Kollegen ausrangierten Ecksofa beisammen. Dieser Moment des Zusammenseins, der Verbundenheit nach dem harten Training und der gemeisterten Herausforderung beinhaltete für Toni etwas Magisches, er liebte diesen Augenblick. Das Adrenalin des Wettkampfes wurde von den Endorphinen der gemeisterten Prüfung verdrängt.
    Heute saßen hier acht Männer mit einem kleinen, seligen Lächeln im Gesicht und vor Freude funkelnden Augen. Sie wirkten nicht wie hochgerüstete Spezialisten, sondern eher wie kleine Jungs, die nach jahrelanger Suche das letzte fehlende Bild in ihr Panini-Sammelalbum zur WM 1986 einkleben konnten. Obwohl sie keine Geheimnisse voreinander hatten, sprachen sie nur sehr selten über ihre Gefühle. Das war aber auch nicht notwendig, denn sie verstanden sich ohne Worte. Toni war sich sicher, dass alle seine Kameraden etwas Ähnliches empfanden und diesen gemeinsamen Moment bewusst wie er oder auch unbewusst genossen.
    In solchen harmonischen Augenblicken rückte vollkommen in den Hintergrund, dass ihr Geschäft auch der Tod war. Ein Spezialeinsatzkommando ist darauf trainiert, die jeweilige Situation mit der geringstmöglichen Gewaltanwendung zu entschärfen. Doch wenn die Männer des SEK angefordert werden, dann sind die ersten Eskalationsstufen bereits überschritten. Meistens ist eine Gewaltanwendung dann unausweichlich, und es besteht direkte Lebensgefahr für alle Beteiligten.
    Toni hatte lange gebraucht und sehr ehrlich zu sich selbst sein müssen, um sich einzugestehen, dass auch diese Nähe zum Tod einen besonderen Reiz auf ihn ausübte. Er würde dies nie offen zugeben, aber diese Todesnähe zu spüren, seine Ängste zu kontrollieren, zu überwinden und der Todesgefahr zu trotzen begründete auch einen Teil seiner Faszination und Leidenschaft für den Job.
    Heute hielt das Schicksal für sein Team und ihn ganz persönlich eine tödliche Herausforderung bereit, doch davon ahnte noch niemand etwas in dieser Runde. Die Alarmierung erfolgte am 3. September um 14.20 Uhr. Hektische Routine breitete sich in den behördentypischen Gängen der Dienststelle aus. Das beauftragte Kommando benötigte fünf Minuten, um die Einsatzbereitschaft herzustellen. Die persönliche Waffe trugen die Spezialisten wie immer durchgeladen und aufmunitioniert am Mann, die P 226 des Herstellers Sig Sauer. Weltweit vertrauen viele Spezialeinheiten diesem bewährten Modell: der United States Secret Service, die Navy Seals (die Osama bin Laden töteten), die israelischen Streitkräfte und die British Army inklusive ihres Special Air Service und einige mehr.
    Die Männer liefen zu ihrem Spind, um ihre Schusswesten und schusssicheren und mit Funk ausgestatteten Camouflage-Helme aufzunehmen. Im Hof der Polizeidienststelle standen die Fahrzeuge schon bereit. Die Tanks waren randvoll gefüllt, der Reifendruck war optimal, der Ölwechsel lag erst wenige Wochen zurück, und die Autobatterie war auch erst zwei Monate alt. Deutsche Gründlichkeit traf hier mit dem professionellen Management einer Spezialeinheit zusammen. Sie durften sich keine Blöße geben, keinen Fehler erlauben, denn dies könnte tödliche Folgen nach sich ziehen. Toni und seine Kameraden kannten den Grund für ihren Einsatz noch nicht. Ihr Kommandoführer telefonierte im Gehen hoch
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