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Insel meiner Traeume

Titel: Insel meiner Traeume
Autoren: Josie Litton
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er, sie würde ihre Niederlage akzeptieren, und vergaß sie genauso schnell wie einen lästigen Floh. Aber zwischen der Vermutung des gefühllosen Lords und der Realität ihrer wilden Entschlossenheit klaffte ein tiefer Abgrund.
    Sie war eine Hawkforte - stolz und unerschütterlich. Nur gut, dass sie sich darauf besann.
    Ohne ihre Kopfschmerzen und ihre Erschöpfung zu beachten, durchquerte sie die Bibliothek und geriet in ein privates Speisezimmer mit getäfelten Wänden, üppig geschnitzt im gotischen Stil. Verwirrt wanderte sie weiter und fühlte sich wie in einem Traum, als sie den luxuriösen, ganz in Gold gehaltenen Salon betrat. Kannte die Extravaganz des Prinzregenten denn keine Grenzen? Anscheinend nicht, denn jetzt führte sie ihr Weg in einen lang gestreckten, schmalen Raum mit Glaswänden. Noch nie hatte sie einen größeren Wintergarten gesehen. Auf einem überdimensionalen Tisch in der Mitte schimmerten etwa hundert chinesische Laternen, zwischen erlesenem Geschirr aus Gold und Silber...
    Erlag sie einer Sinnestäuschung, oder wand sich inmitten der Tischplatte tatsächlich ein Flüsschen an Tellern und Schüsseln vorbei? Sie trat näher und beugte sich vor. Tatsächlich - eine Miniaturwelt - moosbehangene Ufer, winzige Brücken, blühende Pflanzen... Von den Lampen beleuchtet, schwammen funkelnde silberne und goldene Fische im Wasser.
    Wirklich und wahrhaftig, Prinny hatte sich selbst übertroffen - kaum zu glauben angesichts seines bisherigen verschwenderischen Lebensstils.
    An diesem Tisch wurden der Prinzregent und einige auserwählte Gäste erwartet, zu denen Joanna gewiss nicht zählte. Zusammen mit den weniger bedeutsamen Personen würde sie draußen im Garten speisen, wo die Aktivitäten der
    Dienerschaft mittlerweile einen fieberhaften Höhepunkt erreicht hatten. Unter dem Sternenhimmel stand ein riesiges Zelt, an allen Seiten offen. Ein paar Dutzend nervöser junger Männer in der glanzvollen blau-weißen Uniform des Prinzregenten rannten hin und her, um Suppenschüsseln und Platten mit kaltem Braten, Salaten, Obst und Kuchen aufzutragen. Eimerweise wurde eisgekühlter Champagner herbeigeschleppt.
    Das alles musste Menschen, die solche Dinge schätzten, tief beeindrucken. Zu dieser Kategorie gehörte Joanna nicht. Während die Leute ringsum begierig aßen und tranken und die Großzügigkeit des Gastgebers weidlich ausnutzten, schmeckte sie nur die Bitterkeit ihres Misserfolgs. Durch die Glaswand des Wintergartens sah sie Darcourt. Doch er hätte sich genauso gut in einem Meilen entfernten Raum befinden können.
    Natürlich saß er neben Prinny, der zur Feier des Abends die illustre scharlachrote Uniform eines Feldmarschalls trug. Diesen ehrenvollen Titel hatte ihm sein Vater jahrelang verweigert. Aber nun war George III. nicht mehr fähig, irgendetwas zu entscheiden. In der Nähe des Prinzregenten saß der französische Möchtegernkönig Louis XVIII., der Bruder des enthaupteten französischen Monarchen - dessen Tod er angeblich beschleunigt hatte. Das Gesicht gerötet, schien er sich unbehaglich zu fühlen. Einem Gerücht zufolge litt er unter der Gicht, glaubhaft genug, denn an Leibesfülle stand er dem Prinzregenten nicht nach.
    Im Kreis der Franzosen war seine Nichte, die Duchesse d’Angouleme, die ranghöchste Dame. Doch ihr Status und die Aufmerksamkeit, die Prinny ihr widmete, milderten ihre Leidensmiene nicht. Andernfalls mochten ihre Züge recht attraktiv wirken. Man behauptete, sie würde zu starken Kopfschmerzen neigen. Joanna vermutete jedoch, ein anderer Kummer würde die Duchesse bedrücken. Als junges Mädchen hatte sie mit ihren königlichen Eltern, einer Tante und einem Bruder im Kerker gesessen. Einer nach dem anderen war weggeführt und enthauptet worden. Nur eine seltsame Laune des Revolutionstribunals hatte sie vor der Hinrichtung gerettet und ihr ein Leben im Exil ermöglicht.
    Anscheinend waren zerrissene Familienbande ein besonderes Merkmal dieses Abends. Obwohl sich die Ehefrau des Prinzregenten, die verachtete Caroline, in London aufhielt, zählte sie nicht zu den geladenen Gästen. Man raunte sich sogar zu, Prinny habe den prachtvoll uniformierten Husaren - der Ehrengarde des Festes - befohlen, die Princess of Wales unter allen Umständen aufzuhalten, sollte sie den unklugen Versuch unternehmen, das Carlton House zu betreten. Nicht nur ihr königliches Gesicht fehlte auf der Party. Da Georges Gemahlin die Exzesse ihres Sohnes und seine zerrüttete Ehe missbilligte,
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