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Insel meiner Sehnsucht Roman

Insel meiner Sehnsucht Roman

Titel: Insel meiner Sehnsucht Roman
Autoren: Josie Litton
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unvollendet.
    »Natürlich nicht«, bestätigte Kassandra in entschiedenem Ton.
    »Wie ich mich entsinne, hast du letztes Jahr auf Akora über die Ehe gesprochen. Was sagtest du doch gleich? Ach ja, du würdest dich eingeengt fühlen, wenn du mit einem akoranischen Krieger verheiratet wärst. Der würde dir niemals erlauben, Reisen zu unternehmen, was du dir so inbrünstig wünschst. Selbstverständlich würde das ein englischer Ehemann anders sehen.«
    »Nicht unbedingt. Neuerdings frage ich mich, ob es nicht klüger wäre, ledig zu bleiben.«
    »Pah!« Joanna sprang vom Bett auf. Trotz ihrer Leibesfülle war sie erstaunlich beweglich.
    Sie nahm ihrer Schwägerin die Bürste aus der Hand, strich damit durch das lange dunkle Haar, und die rhythmische Bewegung wirkte sehr beruhigend. Schon nach wenigen Minuten fielen Kassandras Augen zu.
    »Ins Bett mit dir!«, befahl Joanna. »Heute Nacht musst du dich ausschlafen, und morgen besprechen wir alles Weitere. Bevor du auch nur einen Fuß ins Carlton House oder sonst wohin setzt, werde ich dich über alle wichtigen Leute informieren, damit du über ihre Intrigen und Ambitionen, ihre Geheimnisse und Skandale Bescheid weißt. Kurz gesagt, du wirst die Londoner Gesellschaftsszene nicht als Unschuld vom Lande betreten.«
    »Geheimnisse«, murmelte Kassandra. »Die hat jeder.«
    »Vermutlich.« Joanna führte sie zum Bett, hob das kühle Laken hoch und half ihr, sich hinzulegen.
    »Sogar ich …« Kassandra wusste nicht genau, ob sie die Worte ausgesprochen hatte, denn sie gewann den Eindruck, sie hätte mit Royce geredet, der ernsthaft und verständnisvoll nickte. Er griff nach ihrer Hand, so wie an diesem Morgen in der Halle, und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einen Berghang oberhalb eines schimmernden Gewässers. In der Nähe ragten stolze Türme zur Sonne empor.
    »Hawkforte«, sagte eine Stimme in ihrem Traum, und der Name schien sie zu umarmen wie ein uralter Willkommensgruß.
    Immer noch unter dem Einfluss dieser Vision erwachte sie am nächsten Morgen, als sie Porzellan klirren hörte. Mrs. Mulridge stellte ein Tablett auf den Nachttisch und öffnete die Fenster etwas weiter. »Guten Morgen, Prinzessin. So ein schönes Wetter!«
    Abrupt kehrte Kassandra in die Realität zurück. »Ist Madame Duprès schon da?«
    »Nein, aber sie wird bald eintreffen.« Die Haushälterin strich über ihr schwarzes Bombasinkleid, legte den Kopf schief und musterte das Teetablett. »Lassen Sie die Brötchen nicht kalt werden.«
    Diesen Rat befolgte Kassandra, denn sie fürchtete, es würde sehr, sehr lange dauern, bis sie wieder etwas zu essen bekam.
    Nach einem weiteren ermüdenden Tag in den Klauen der Schneiderin sah sie sich in einem verschwommenen Fantasiebild nach Akora zurückschwimmen, als Madame Duprès plötzlich rief: »So, wir sind fertig, und es ist geradezu perfekt gelungen, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf!« Triumphierend rieb sie sich die Hände – vielleicht zählte sie bereits das Geld, das sie verdient hatte.
    Von zaghafter Hoffnung erfüllt, fragte Kassandra: »Wirklich? Alle Kleider sind fertig?«
    »Belieben Hoheit zu scherzen? Nur das Kleid für die Soiree, die heute Abend im Carlton House stattfinden wird, ist vollendet. Natürlich müssen wir noch viele andere anfertigen. Meine kleinen Gehilfinnen nähen sich die Finger wund, aber …« Mochte sie tatsächlich aus Frankreich stammen oder nicht – jedenfalls brachte sie ein typisch gallisches Achselzucken zustande. »Das ist ja auch ihre Pflicht! Nun? Ist diese Robe nicht himmlisch?«
    Kassandra blickte in den großen Spiegel, den eine Assistentin herangerollt hatte. Wenn Madame Duprès auch eine klatschsüchtige Nervensäge war – sie besaß die Seele einer Künstlerin.
    Aus bernsteinfarbener Seide, mit einem Überrock aus goldener Spitze, passte das Kleid ausgezeichnet zu Kassandras dunklen Haaren und Augen. Die hohe Taille und die kleinen Puffärmel wirkten täuschend schlicht und unterstrichen die eleganten, fließenden Linien, und eine kleine Schleppe, die sich mühelos handhaben ließ, verlieh der Robe eine majestätische Aura. Gewiss, sie war schwerer als die gewohnten akoranischen Gewänder, und Kassandra fühlte sich darin ein wenig eingeengt. Aber sie glaubte, nun wäre sie gegen alles gewappnet, was sie im Carlton House erwarten mochte. »Ja – himmlisch«, stimmte sie zu.
    Madame Duprès nickte selbstgefällig. Offenbar zählte Bescheidenheit nicht zu ihren starken Seiten. Mit einer
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