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Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter

Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter

Titel: Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Autoren: Daniela Ohms
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auf, sie legten ihre Gurte an und Leándra stieß mindestens zweimal pro Minute einen tiefen Seufzer aus. Eigentlich war es ein bisschen absurd: Sie durften nur deshalb ohne erwachsene Begleitung mit demFlugzeug fliegen, weil Leándra mit ihren sechzehn Jahren alt genug war, um auf ihre kleine Schwester aufzupassen. Aber eigentlich war Leándra diejenige, die viel dringender eine Begleitperson brauchte.
    Eleni blickte wieder nach draußen und beobachtete, wie die Erde immer näher rückte. Schließlich schwenkte die Tragfläche neben ihrem Fenster nach unten, bis ihr Blick steil abwärts ins Meer fiel.
    Ein Schauer lief über ihren Rücken. Eine unangenehme Ahnung breitete sich in ihrem Bauch aus und drehte sich von einer Seite auf die andere.
    »Diese Kurven hasse ich«, flüsterte Leándra neben ihr und Eleni sah, wie sich ihre Finger in die Armlehnen krallten.
    Als das Flugzeug seine Kurve beendete, erschien neben ihnen die Insel, fast schon zum Greifen nah. Das trockene Sommergras leuchtete ockerfarben und dazwischen glänzten die Olivenbäume als grün-silbrige Tupfer.
    Eleni rückte noch näher ans Fenster. Für einen Moment suchte sie nach dem Felssporn im Meer, sie wollte die rechteckige Formation ausmachen, die auf einen Tempel hindeutete – aber dann wurde ihr klar, dass sie hier an der Nordküste entlangflogen, während ihr Tempel an der Südküste lag. Die Dörfer unter ihnen lebten überwiegend vom Tourismus und die einzigen rechteckigen Formen, die sie erkannte, waren leuchtend blaue Hotelpools.
    Die dunkle Ahnung in ihrem Bauch verwandelte sich in ein leises Pochen. Das Gefühl pulsierte immer rhythmischer, immer schneller, während sich das Flugzeug weiter senkte.
    »Oh mein Gott, oh Gott, oh Gott, oh Gott ...« Leándras Stimme klang panisch.
    Eleni griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. Gleichzeitig starrte sie auf den Berg, der sich plötzlich direkt neben ihnen erhob. Eine silbrige Straße wand sich darum, so nah, als müssten die Tragflächen jeden Moment über die Dächer der Autos streifen. Das ganze Flugzeug war bereits so tief, als wollte es tatsächlich vor Heraklion ins Meer stürzen.
    Für einen Moment hielt Eleni die Luft an. Die dunkle Ahnung tobte in ihrem Bauch. Plötzlich wusste sie, woher die Ahnung kam: Etwas wartete auf dieser Insel, etwas, das zu ihr gehörte.
    Für einen Moment fürchtete sie, dass vielleicht auch ihre Gedanken eine übergroße Macht besaßen und sie nur über einen Absturz nachdenken musste, damit er tatsächlich geschah.
    Vielleicht hatte sie auch Fabios Unfall erst mit ihrer Prophezeiung heraufbeschworen? Wer konnte das schon wissen? Womöglich hatten die anderen Kinder recht und es war besser, sich von ihr fernzuhalten.
    In der nächsten Sekunde setzte das Flugzeug auf, und direkt unter ihnen, wo bis gerade noch das Meer geglitzert hatte, war jetzt die Landebahn.
    Ihre Mutter holte sie am Flughafen ab und fuhr sie mit dem Auto in Richtung Süden. Die Fahrt dauerte mehr als eine Stunde. Sie durchquerten die Berge, und Eleni konnte ihren Blick nicht von der Landschaft lösen. Die Straße wand sich um die Berge herum und ihr Blick streifte von oben über riesige weite Täler. Die ganze Insel schien mit silbrig-grünen Olivenbäumen bewachsen zu sein. Sie zogen ein gleichmäßiges Muster durch die Täler, grüne runde Punkte auf gelblichemGras. Selbst die Berghänge waren auf diese Weise gemustert, als wollten die Kreter keinen Platz in ihrem fruchtbaren Tal verschwenden. Manchmal fanden sich Weinfelder zwischen den Olivenhainen und an einigen Stellen leuchtete die eisenrote Erde eines frisch gepflügten Ackers. Dann wieder reflektierte die Sonne auf den Dächern von Gewächshäusern und in der Ferne lugten schließlich doch noch die kahlen Gipfel von hohen Bergen hervor.
    Eleni konnte sich kaum an den Bildern sattsehen, die wie ein Film an ihr vorbeiliefen. Manchmal schlug ihre Mutter vor, einen kleinen Abstecher zu machen, um ein Kloster oder eine Ausgrabungsstätte anzusehen – aber Leándra entgegnete nur, dass sie endlich ankommen wolle, und Eleni war froh, wenn sie einfach nur stumm diesen Film betrachten konnte. Hin und wieder kamen sie durch kleine Bergdörfer, in denen ihre Mutter das Auto durch enge Gassen lenken musste. Die Häuser sahen sich alle sehr ähnlich: zweistöckige, schmale Gebäude mit flachen Dächern, von denen die weiße Farbe bereits ein wenig abblätterte. Die Fenster waren vor der Sonne mit Fensterläden verschlossen, und oft gab
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