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Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter

Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter

Titel: Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Autoren: Daniela Ohms
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streckte seine Flügel und segelte in einer weiten Spirale über ihrem Kopf.
    Arjana bemerkte erst jetzt, dass ihre Schritte langsamer geworden waren. Sie betrachtete die Göttersäulen, die abwechselnd aufflackerten und dann wieder in der Dunkelheit verschwanden. Plötzlich drehte sich einer der Säulengötter und sah ihr entgegen – nur für Sekunden, bevor er von der Nacht verschlungen wurde. Als der nächste Blitz den Himmel erhellte, lehnte ein dunkel gekleideter Mann an der Säule.
    Arjana schauderte. Um diesem Fremden zu begegnen, hatte ihr Vater sie also hierher geführt. Sie hob noch einmal den Kopf und sah zu dem Adler auf. Aber er kreischte nur, als wolle er ihr zurufen, dass sie nicht länger zögern sollte.
    Mit langsamen Schritten ging sie auf den dunklen Mann zu und blieb direkt vor ihm stehen. Sie konnte sein Gesicht im Schatten der Kapuze kaum erkennen, aber seine Stimme klang sanft, als er sie begrüßte: »Die letzte Erbin des Lichts.« Er streifte seine Kapuze zurück und sah sie an.
    Arjanas Blick huschte über sein junges Gesicht, über die schwarzen Locken und die dunklen Augen, die von dichten Wimpern umrahmt wurden. Ihr Herz begann zu rasen, klopfte plötzlich so laut, dass sogar das Grollen des Donners darunter verstummte. Für einen Moment wurde ihr schwindelig. Sie trat einen Schritt zurück und fing sich mit dem Rücken an einer der Säulen.
    Der Adler kreiste über dem Tempel, zog seine Spiralen höher und tiefer, während sich sein Geschrei zu ungewöhnlichen Worten formte: »Teig-bleit, Neicht-bleit, eint eich.«
    Der Fremde beantwortete das Kreischen mit einem Lächeln. Er strich langsam über den Blitz auf Arjanas Hand und beugte sich so nah zu ihrem Gesicht, dass sein Atem über ihre Wange streifte.
    Im nächsten Blitzlicht erkannte Arjana, wie sich drei weitere Gestalten aus den Göttersäulen lösten, wie sie sich zu einem Dreieck formierten und sie beide in ihrer Mitte einschlossen. Es waren Frauen, deren Gesichter unter schwarzen Kapuzen verborgen blieben. Eine von ihnen rieb ihre Finger in einer kreisenden Bewegung aneinander. Arjana erkannte die faltige Hand einer alten Frau – und einen Faden, der sich daraus entspann. Rasend schnell wurde er länger, erreichte den Boden und kroch darauf entlang, geradewegs in ihre Richtung.
    Erst jetzt trafen die Lippen des Fremden auf ihre. Während er sie küsste, fühlte sie, wie eine dunkle Energie durch ihren Körper floss.
    Die Stimme der alten Frau erhob sich und mischte sich mit dem Grollen des Donners. »Auf dass sich das Blut der verfeindeten Kräfte vereine, um gemeinsam ein neues Leben zu erschaffen.«
    Arjana fühlte etwas Dünnes, Langes, das ihre Beine heraufkroch und sich in einer sanften Bewegung um sie und den Fremden herumschlängelte. In dichten Schlingen wand sich der Faden um ihre Körper und band sie immer enger aneinander. Aber Arjana hielt ihre Augen geschlossen. Sie wollte den Kuss fühlen, solange er dauerte, wollte nichts anderes wahrnehmen als das.
    Einen Moment später bemerkte sie, dass der Faden aufhörte, sie einzuwickeln. Nur ein leichtes Surren zischte noch durch die langen Fasern.
    Arjana öffnete die Augen. Das Garn kroch wieder über den Boden und schlängelte sich an den Beinen der zweiten Frau hinauf. Die schwarze Gestalt ergriff sein Ende und richteteihr verhülltes Gesicht in Arjanas Richtung. »So soll das väterliche Erbe der Mutter auf die Tochter übergehen, soll sein Licht sich vereinen mit dem Schatten des Vaters.« Der Faden glitt durch ihre Hände hinab, suchte sich zwischen Geröll und trockenen Gräsern seinen Weg zu der dritten Frau, die anfing zu sprechen, sobald das Garn ihre Hände erreichte: »Auf dass ihre Tochter die Schatten der Nacht zu sich ruft, auf dass sie ihre Kreaturen entfesselt ... und die zornige Übermacht der Dunkelheit zu Fall bringt.«
    Eine heftige Windböe flaute auf. Für eine Sekunde schien es, als würden hundert Blitze gleichzeitig vom Himmel schlagen, unzählige Donner vereinten sich und dröhnten in ihren Ohren. Doch die Stimmen der drei Frauen erhoben sich mühelos gegen das Getöse: »Ein kleines Kind, erschaffen aus Licht und Dunkelheit, so soll es sein!«
    Die Macht ihrer Worte schien in der Luft zu flirren, ein letzter Blitz zuckte am Himmel. Grelles Licht blendete Arjana, stach mit einem heftigen Kribbeln in ihren Kopf und flutete durch ihren Körper. Ihre Augen schlossen sich unter der Wucht – dennoch fühlte sie keine Schmerzen, während die Energie
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