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Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)

Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)

Titel: Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
Autoren: Dr. Anja Dostert
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zeigte den Probanden im MRT Bilder verschiedener Speisen. Bilder von Bananen und Äpfeln lösen ganz andere Reaktionen aus als Bilder von Süßwaren und Desserts. Bei Übergewichtigen reicht schon der Anblick von Bildern, damit es zu messbaren Reaktionen im Belohnungsareal des Gehirns kommt.
    Prof. Rainer Spannagel von der Universität Heidelberg hat überprüft, ob der Zuckerkonsum das Gehirn verändert. Ratten wurden zunächst an eine Zuckerlösung gewöhnt. Die Gier nach Zucker führt bei Ratten zu einer nachweisbaren Veränderung im Gehirn. Es kommt zu molekularen Umbauten an den Synapsen, die für die Verarbeitung und Weiterleitung der Signale wichtig sind. Einmal antrainiert, blieb die Gier auf Zucker bei den Tieren erhalten. Das Belohnungssystem erinnerte sich an den Zucker. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Umbau der Synapsen beim Menschen ebenfalls stattfindet. Das Belohnungssystem ist ja zum Lernen geschaffen, und die Aufnahme von Zucker ist für den Menschen überlebenswichtig.
    Die Industrie macht sich den Zuckerwahn zu Nutze: Vermeintlich gesunde Produkte wie Frühstücksflocken und Fruchtjoghurt werden sehr stark gesüßt. Zusätzlich verwendet man Zucker als Geschmacksverstärker in herzhaften Lebensmitteln. Zucker steigert den Appetit, wenn er in herzhaften Saucen, Salaten und Wurst enthalten ist. So konsumieren die Verbraucher auch dann Zucker, wenn sie vermuten, dass kein Zucker enthalten ist.
    Light-Produkte punkten häufig durch einen geringen Fettgehalt. Man kann die Fettmenge im Speiseeis reduzieren, indem man mehr Zucker verwendet. Vermeintlich gesunde Vollkorn-Frühstücksflocken enthalten bis zu einem Drittel Zucker. Kein Mensch würde sich morgens zum Frühstück 100 Gramm Haferflocken die Frühstücksschüssel schütten und 50 Gramm Zucker darüber geben, das sind mehr als drei Esslöffel voll! Süßt der Mensch zu Hause, erinnert er sich an die Empfehlung der Ernährungsberater und ist geizig mit der zugesetzten Zuckermenge. Die Industrie hingegen wählt die für den Verkauf des Produktes optimale Menge Zucker. Einmal im Lebensmittel verschwunden, erscheint die Menge als Grammzahl auf der Rückseite der Verpackung wenig dramatisch.
    Würden wir nur den Zucker konsumieren, den wir selbst mit dem Löffel aus der Tüte in unser Essen befördern, dann hätten wir nicht nur den Überblick, sondern wären fast alle sehr geizig. So sparen wir am Zucker für den Kaffee und essen später ein herzhaftes Fertigprodukt, das mehr Zucker enthält als der Kaffee für drei Tage. Wer sich bewusst vornimmt, auf Zucker zu verzichten, der kommt um das detaillierte Studium der Produktverpackungen nicht herum.
    Beim Dortmunder Institut für Kinderernährung wurden 200 Kinderlebensmittel überprüft. 80 Prozent der Produkte enthielten Zuckerzusätze, 90 Prozent waren in irgendeiner Form gesüßt, z.B. mit Zucker aus Früchten. Diese Produkte sind im Grunde meist Süßigkeiten. Kinderlebensmittel enthalten noch mehr Zucker als normale Lebensmittel, denn Kinder mögen es noch süßer als Erwachsene. Kinder werden durch bunte und attraktive Werbung angezogen, sie sind viel leichter zu erreichen als der aufgeklärte Verbraucher.
    Egal ob sichtbar oder unsichtbar, Zucker bestimmt unsere Ernährung. Wer Zucker isst, bekommt Lust auf mehr Zucker. Dieser führt zu Übergewicht und steigert das Diabetesrisiko, das ist allgemein bekannt. Was weniger bekannt ist: Zucker kann unter Umständen die Entwicklung einer Krebserkrankung beschleunigen. Die meisten Tumore benötigen viel Zucker, da sie schnell wachsen. Man nutzt diese Tatsache bei der Untersuchung aus, indem man dem Patienten eine Zuckerlösung spritzt. An den Stellen, wo der Zucker besonders gierig aufgesaugt wird, findet sich der Tumor. Prof. Lewis Cantley von der Harvard Medical School untersucht, wie sich Krebszellen entwickeln. Der Wissenschaftler empfiehlt, wenig Zucker zu essen, um das Krebswachstum im Fall des Falles zu bremsen. Ein Tumor würde sich so langsamer entwickeln, der Mensch gewinnt Zeit. Auch das durch den Zuckerkonsum ausgeschüttete Insulin könnte Krebszellen animieren, besonders viel Zucker aufzunehmen und schneller zu wachsen.

Sonderfall Fruchtzucker
    Fruchtzucker galt lange als eine gesunde Alternative. Früher stellte man Fruchtzuckerprodukte für Diabetiker her, da dieser Zucker nicht insulinpflichtig ist. In der Verordnung für diätetische Lebensmittel stand, dass Fruktose (Fruchtzucker) ein für Diabetiker geeignetes
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