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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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könnt es schaun …«
     
    Mir krampfte sich das Herz zusammen, denn mit diesen Worten hatte die kleine Hélix ihn während ihres langen Sterbens begrüßt, sooft ihr Fieber nachließ und er dann, auf meine Bitte, mit seiner Viole kam, sie die Flammen ihres Leidens vergessen zu machen. Doch ich drängte die Erinnerung in die tiefeTasche des Vergessens zurück. Nach vorn wollte ich fortan schauen, nimmermehr in die Vergangenheit.
    »Miroul«, sagte die Wirtin mit Wimperflattern, »in ein so zwiefarbenes Augenpaar habe ich nicht das mindeste Vertrauen. Denn mag das blaue Auge brav und sittsam sein, das kastanienfarbene ist schurkisch.«
    Dies war so gut geschäkert, daß ich, von dem Prachtweib angezogen wie Feilspäne vom Magneten, meins dazutun wollte.
    »Gevatterin«, sprach ich, indessen ich mich gänzlich umwandte und mit raschem Schritt auf sie zuging, »wann immer Ihr unsere Hilfe oder unsere Dienste begehrt, sie sind Euch gewiß bei so hübschem Antlitz und so viel fleischlicher Anmut!«
    »Das sind Worte, die man je öfter je lieber hört«, erwiderte sie.
    »Ich könnte sie Euch zu jeder Stunde wiederholen, sofern Ihr nur möchtet; bei Tag und bei Nacht.«
    Aber die Wirtin vermeinte wohl, daß wir vom ersten Wort an zu schnell und zu weit vorgeprescht waren, sie antwortete nur eben mit einer Verbeugung, die freilich ein strenger Geist hätte tadeln können. Denn sie mußte, als sie sich aufrichtete, mit flinken Fingern ihre liebreizenden Vorzüge ins weiche Miedernest zurückdrängen.
    »Moussu«, sprach sie und tat verwirrt, »kommen wir zur eigentlichen Sache: Uns sind da unversehens fünfzig normannische Pilger ins Haus gefallen, die sich allerfrommst nach Rom begeben, geführt von einem mächtigen Baron und einem halben Dutzend Mönche.«
    »Ich hörte sie wohl!« sagte ich mit einem Lachen.
    »Leider muß ich, um sie unterzubringen, je vier in ein Bett stecken, und in diesem Bette da«, sie wies auf unsere Lagerstatt, »seid Ihr nur zu zweit. Mein edler Herr, würdet Ihr für diese Nacht weitere zwei in Euer Bett aufnehmen wollen?«
    »Männer oder Weiber?« fragte ich grinsend.
    »Männer!« sagte Samson in ernstem Ton, vom Fenster herbeitretend.
    Die Wirtin musterte ihn schweigend, während er sich in seiner ganzen mannhaften Schönheit vor ihr aufpflanzte. Sie seufzte tief, denn sehr wohl fühlte sie, was für ein Gottesengel da vor ihr stand, so gar nichts nütze für sie, die sonderlich die irdischen Engel liebte.
    »Also Männer«, sagte die Wirtin, mit neuerlichem Seufzer und einem leichten Wogen ihres Busens, woraus ich schloß, daß sie das eigene Bett gern den Pilgern überlassen hätte, um in unserem zu nächtigen.
    »Männer ja, aber nicht Mönche!« sagte Samson mit seinem charmanten Lispeln, jedoch ein bißchen schroff.
    Seine Worte schreckten die Wirtin auf, ihre Miene verfinsterte sich.
    »Beim heiligen Joseph, bei der heiligen Jungfrau, bei allen Heiligen!« rief sie, »gehört Ihr etwa zu diesen pestenden Ketzern und Spießgesellen des Teufels, die keinen Gottesmann an ihrer Seite dulden?«
    »Keineswegs, Gevatterin!« rief ich hastig, wußte ich doch, wie sehr die Hugenotten, seit dem Sieg von Montluc, in Toulouse verdächtigt und verfolgt wurden. »Mein Bruder meint das anders, er fürchtet, die Mönche könnten zu fett sein und zu viel Platz im Bett belegen.«
    »Heiliger Jesus! Seid Ihr, Moussu, wie Euer Bruder auch, ein Feind der Wohlgenährtheit?« fragte die Wirtin, nun wieder lächelnd.
    »Keineswegs!« Ich griff mit meinen Händen tapfer zu. »Es gibt Füllen, die sind dem Auge so gefällig, daß man ihren Besitzerinnen beim Tragen helfen möchte!«
    »Aber, aber!« Sie klopfte mir auf die Finger, ohne verärgert zu sein. »Dies ist zum Anschauen da, nicht zum gemeinen Gebrauch.«
    Hier zupfte Miroul seine Saite zwei- oder dreimal, als ironisches Echo, und die Wirtin lachte hellauf, mit einverständigem Blick.
    »Wenn das Gegacker vorbei ist, möchte ich mich dann endlich ausziehen und hinlegen«, sagte Samson, etwas ungeduldig.
    »Nur zu, das geniert mich nicht!« sagte die Wirtin, bar von Scham. »Wenn das Darunter dem Darüber entspricht, hätte ich Freude daran, Euch so zu sehen, wie Gott Euch geschaffen hat.«
    »Pfui, Gevatterin!« sagte Samson, errötend, und wandte sich ab.
    »Aber, aber! was für merkwürdige Edelleute!« rief die Wirtin. »Der eine zu heiß, und zu kalt der andere, und der Diener mit zwiefarbenen Augen. Ich habe aber noch eine weitere Bitte.Heute
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