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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen
Autoren: Diane Cooper
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Hunde gerade zum letztenmal vor dem Schlafengehen ausführen wollte: Charlie, Treacle, Mattie, Rosie, Sniff und Snuff (deren Besitzer beim Wintersport waren), Lady (Adams Hund, der nun praktisch Dauergast war) und Lulu (angeleint und in ihrem eigenen Auslaufzwinger). Sniff war ein reinrassiger Cairn-Terrier, aber Snuff hatte einen Schuß Pudelblut, was einen zusätzlichen Reiz ausmachte. Frilly begleitete uns, ebenso ein Haushuhn namens Atilla, das in dem alten Speisekeller lebte, den ich nicht mehr benutzte, weil er noch kälter war als der Kühlschrank. Atilla kam und ging durch das kleine hohe Fenster, schlief auf den Stangen, an denen einst Schinken und köstliche Würste gehangen hatten, und legte dann und wann ein Ei in einem leeren Gartentrog. Wir stemmten uns gegen den eisigen Wind, einige von uns verschwanden diskret zwischen den Rhododendren, und die meisten wünschten, sie wären wieder zurück am Feuer. Rajah, Emilys Spaniel, zauderte auf der Veranda.
    Pa hatte mich gewarnt, er werde womöglich über Nacht fortbleiben müssen. «Hier gibt es ein richtig preiswertes kleines Hotel», hatte er beiläufig bemerkt. «Billardtisch, Klo mit Teppichboden und ein Barkeeper, der alles über stillgelegte Eisenbahnstrecken weiß.»
    «Sehr nützlich», sagte ich.
    «Sonst müßte ich ein Taxi zum Bahnhof nehmen und dann den Zug um Viertel nach neun, so daß ich selbst dann, wenn er pünktlich ist, erst kurz vor Mitternacht zu Haus wäre.»
    «Sehr wahr», sagte ich.
    «Also nehme ich ein Zimmer und bin gegen Mittag zurück, in Ordnung?»
    «Klar.»
    «Wenn ich früher losgefahren und eher hier gewesen wäre, wäre ich schneller wieder da gewesen.»
    «Hör mal», sagte ich ungeduldig, «du brauchst keine Schuldkomplexe zu entwickeln. Es ist ganz vernünftig, über Nacht zu bleiben. Und vor allem wirst du ein anständiges Essen und ein tolles Frühstück bekommen. Ich bin nur neidisch, das ist alles.» Er haßt es zu reisen - sagt er. Haßt es, von zu Haus fort zu sein. Haßt Hotelrechnungen und Hotelbetten. Ich dagegen nicht. Aber er ist derjenige, der ständig auf Achse ist, während ich hier sitze wie angewachsen. So ist es nun mal gekommen, aber manchmal bin ich drauf und dran, einen Beschwerdebrief an den lieben Gott zu schreiben, der anscheinend die Gebete durcheinanderkriegt. Oder, wie ich eher annehme, er tut zuviel auf einmal. Er sollte lernen, Arbeit zu delegieren.
    Als ich mit den Hunden in die Küche zurückkam, klingelte das Telefon. Ich hoffte, es würde wieder Pa sein, damit ich netter zu ihm sein, ihm einen schönen Abend wünschen, ihm sagen könnte, daß er mir fehlt, was stimmte. Ich würde es herzlich und aufrichtig sagen, nicht mit einem Unterton, der vorhin nur zu deutlich gewesen sein mußte. Aber es war meine Freundin Marsha.
    «Schatz», murmelte sie rauchig. «Ich muß dich was fragen.» Marsha ist eine Lebenskünstlerin, oft allein am Telefon anderer Leute nassauernd, um ihre eigene Rechnung niedrig zu halten. Daher der späte Anruf, vermutete ich. Manchmal spielte sie für Freunde Baby-Sitterin oder Silber-Sitterin, oder Picasso-Sitterin oder, im Sommer, Nerz- und Zobel-Sitterin. Sie nahm die allerhöchsten Stundenhonorare und konnte sehr gut davon leben. Nur Neugeborene und Haustiere lehnte sie ab, und ältere Verwandte kamen nicht in Frage. Sie hatte einmal den Kühlschrank einer Freundin gesittet, die aus dem Haus mußte und ein Dinner für sechs Personen vorbereitet hatte. Ein andermal hatte sie Manuskripte gesittet, weil die Einbrecher heutzutage wissen, wo die wahren Werte zu finden sind.
    Um Marsha gewachsen zu sein, braucht man mehr Ausreden, als Regentropfen vom Himmel fallen. Marsha ist wiederholt geschieden, verliert aber sämtliche Unterhaltszahlungen aus den Augen und bezieht Sozialhilfe. Marsha sagt, sie bekomme immer die Anwälte durcheinander und schriebe unweigerlich an den falschen. Irgendwie billige ich ihre Einstellung, denn sie hat in ihrer besten Zeit so viel Steuern und Abgaben gezahlt, daß all das, was sie nun von der Wohlfahrt bekommt, nur ein winziger Bruchteil jener Summe sein kann. Marsha meint, zu Recht oder nicht, wer jahrelang in der höchsten Steuerprogression lebe, versichere sich damit gegen Notzeiten, und bei ihr müsse die Versicherung jetzt eben zahlen. Außerdem klagt sie, daß der Wohlfahrtsstaat sie verdammt mieser behandle, als sie ihn damals behandelt habe. Marsha pumpt sich nie, nie Geld. Sie haut einen gewöhnlich um etwas viel Wichtigeres an,
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