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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Jill Shalvis
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den Filmen die Helden spielten. Im wirklichen Leben hatten sie sich dann wieder in totale Schufte verwandelt. Verglichen mit Eric Terrell, war sie in dieser Hinsicht allerdings ein Waisenkind. Seine gewagten Liebesaffären lieferten der Boulevardpresse permanent Futter. Nur seine Wutanfälle in der Öffentlichkeit sorgten für noch mehr Schlagzeilen.
    Ivy wurde im Bus nach rechts geschleudert und betete, dass diese schreckliche Fahrt bald zu Ende sein würde. Zu allem Übel setzte in diesem Moment auch noch ein sintflutartiger Regen ein, der ihr die Sicht nach draußen versperrte. Mit einem Seufzer dachte sie an ihre beiden Gobelinkoffer auf dem Dach, die komplett durchnässt sein würden – inklusive Inhalt.
    Nach einigen Minuten hielt der Bus an. Der Fahrer stand auf und holte einen kleinen Regenschirm unter seinem Sitz hervor. „Pancho Viejo“, rief er.
    Einige der Fahrgäste standen auf und kämpften sich durch den Gang. Ivy erhob sich ebenfalls und machte sich auf den Weg zur Tür, wo sie allerdings angesichts des tropischen Platzregens einen Moment lang zögerte. Schließlich hielt sie ihre kleine Reisetasche schützend vor die Brust, holte tief Luft und stieg aus. Im nächsten Moment klebten ihr die klatschnassen Kleider am Leib. Die rote Erde hatte sich in Schlamm verwandelt, und sie konnte kaum etwas sehen. Also schirmte sie ihre Augen mit der Hand ab, während sie hinauf zum Dachgepäckträger des Busses schaute, wo sie den Fahrer zu entdecken glaubte.
    Einen Augenblick später landete ein Gepäckstück im roten Schlamm vor ihren Füßen. „Oh!“ Sie sprang gerade noch rechtzeitig zurück, bevor ihr ein weiterer Koffer vor die Füße fiel. Diesmal war es ein kleiner Gobelinkoffer, dessen Schloss durch den Aufprall aufging. „He!“, schrie Ivy entrüstet. „Das war mein Koffer!“
    Der Fahrer kletterte ungerührt vom Dach herunter und stieg in den Bus, ohne auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen.
    Ivy beugte sich über den ersten Koffer, musterte ihn und schreckte wieder hoch. Das war nicht ihrer. Sie sah sich kurz um. Doch es lag kein weiteres Gepäckstück im Schlamm. Also befand sich ihr zweiter Koffer noch auf dem Dach des Busses. Aber der fuhr in dieser Sekunde bereits langsam los. „He, warten Sie!“ Sie setzte zum Sprint an, wurde jedoch abrupt gestoppt, weil ihr Fuß im dickflüssigen Schlamm stecken blieb. Während sie verzweifelt dem Bus nachsah, versuchte sie, mit Schwung von der Stelle zu kommen. Mit dem Ergebnis, dass sie zwar ihren Fuß herausziehen konnte, aber ihre Sandale im Schlamm feststeckte. Sie verzog missmutig das Gesicht und lief, hektisch winkend, mit nur einer Sandale hinter dem Bus her. „Warten Sie! Mein Koffer!“
    Fehlanzeige, der Fahrer bemerkte sie nicht. Resigniert hielt Ivy schließlich inne. Großartig. Jetzt stand sie ohne ihre Kleider und Kosmetikartikel da. Denn in den kleinen Koffer, der im Schlamm lag, hatte sie überwiegend Dessous, Nachtwäsche und drei Badeanzüge gepackt. Als sie sich ratlos umschaute, waren ein schmaler, gefurchter Weg mit seitlich einer niedrigen Steinmauer die einzigen Anzeichen von Zivilisation. Wie sollte sie von hier aus zur Hazienda kommen? Die Fahrgäste, die ebenfalls ausgestiegen waren, schienen wie vom Erdbeben verschluckt zu sein. Sie war vollkommen allein. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie kämpfte gegen ihre Panik an, drehte sich zu ihrem kleinen Koffer um und erstarrte.
    Trotz des strömenden Regens war der Mann nur schwer zu übersehen. Er beugte sich über ihr beschädigtes Gepäckstück und schien ihre Sachen zu durchwühlen. Ivy schnappte empört nach Luft und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht.
    Falls der Mann sie wahrnahm, ließ er sich das nicht anmerken. Sie war hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie ihn zur Rede stellen. Andererseits hätte sie sich am liebsten im dichten Gestrüpp versteckt. Gab es in Mexiko Banditen? Oder, noch schlimmer, Guerillas? Sicherlich würde Finn Mac Dougall seinen Film nicht gerade auf gefährlichem Terrain drehen, oder? In ihrer Fantasie spielten sich schauerliche Szenarien ab.
    Während sie unsicher und verschreckt auf der Stelle verharrte, drehte der Mann den Kopf in ihre Richtung. Er behielt sie im Auge, als er den Koffer zuklappte, aufhob und sich unter den Arm klemmte. Dann stellte er sich langsam aufrecht hin. Durch den Schlamm auf dem Koffer bekam sein weißes Hemd rote Flecken. Er strahlte eine ungeheure Energie aus, die Ivy sofort elektrisierte.
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