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In den Armen des Sizilianers

In den Armen des Sizilianers

Titel: In den Armen des Sizilianers
Autoren: Sharon Kendrick
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nicht. Sie war erwachsen und musste sich zusammennehmen. Außerdem gab es weit und breit sowieso niemanden, der sie hätte trösten können.
    Mit bebenden Fingern nahm sie die abgegriffene Visitenkarte aus der Schublade des Telefontisches und betrachtete sie nachdenklich.
    Vincenzo Cardini, las sie. Darunter standen die Adressen und Telefonnummern seiner Büros in Rom, New York und Palermo. Ihn im Ausland anzurufen konnte sie sich nicht erlauben, weil es viel zu teuer war. Doch glücklicherweise besaß er auch eine Niederlassung in London, wo er, wenn sie Glück hatte, zu erreichen war.
    Der Gedanke, dass er sich von Zeit zu Zeit in England aufhielt und nicht ein einziges Mal versucht hatte, sie zu besuchen, schmerzte. Weshalb hätte er jedoch Kontakt mit ihr aufnehmen sollen? Hatte er ihr nicht klar und deutlich zu verstehen gegeben, was er von ihr hielt und wie er zu ihr stand?
    „Verschwinde, Emma, und komm nie wieder zurück! Du bist nicht mehr meine Frau“, hatte er kühl erklärt.
    Danach hatte sie ihn zweimal angerufen, doch er hatte sich geweigert, die Telefonate überhaupt entgegenzunehmen. Wieso glaubte sie, er würde sie dieses Mal nicht wieder demütigen?
    Es half alles nichts, sie musste das Risiko eingehen, das war sie ihrem Sohn schuldig. Ihm zuliebe musste sie sich überwinden und sich bei ihrem Mann melden. Das, was Gino von dem sagenhaften Reichtum seines Vaters zustand, sollte er auch bekommen.
    Sie fröstelte plötzlich und zog die warme Jacke fester um sich. In letzter Zeit hatte sie abgenommen, ihre Sachen waren ihr viel zu weit geworden. Normalerweise trug sie mehrere T-Shirts und Pullover übereinander, um in dem ungemütlich kalten Herbstwetter nicht zu frieren. Doch ihr Sohn würde bald aufwachen, und dann stellte sie sowieso die Heizung an, obwohl sie es sich finanziell eigentlich gar nicht leisten konnte.
    Sie hatte wirklich keine andere Wahl, sie musste Vincenzo anrufen. Während sie die trockenen Lippen befeuchtete, griff sie nach dem Telefon und wählte die Nummer seiner Londoner Niederlassung. Mit heftig klopfendem Herzen wartete sie darauf, dass sich jemand meldete.
    „Hallo, kann ich Ihnen helfen?“, ertönte wenige Sekunden später eine freundliche weibliche Stimme in akzentfreiem Englisch.
    Emma erinnerte sich, dass Vincenzo nur zweisprachige Mitarbeiter einstellte, die sowohl Englisch als auch Italienisch perfekt beherrschten. Noch lieber war es ihm, wenn sie darüber hinaus Sizilianisch sprachen, einen Dialekt, der für Außenstehende schwer zu verstehen war. Sizilianer hielten eng zusammen, wie er ihr einmal erzählt hatte, sie waren stolz auf ihre Herkunft. Dass er sie, eine Engländerin, die keine weitere Sprache außer ihrer eigenen beherrschte, geheiratet hatte, war etwas, das ihr für immer unverständlich bleiben würde.
    Er hat es getan, weil er, wie er oft genug betont hat, sich dazu verpflichtet gefühlt hat, sagte ihr eine kleine innere Stimme.
    „Hallo?“, wiederholte in dem Moment die Frau am anderen Ende der Leitung. Emma räusperte sich. „Würden Sie mich bitte mit Signor Cardini verbinden?“, antwortete sie aufs Geratewohl.
    Sekundenlang herrschte Schweigen, als wäre die Telefonistin schockiert, dass jemand es wagte, eine solche Bitte überhaupt zu äußern.
    „Mit wem spreche ich?“, fragte sie schließlich.
    „Mit … Emma Cardini.“
    Die Angestellte zögerte kurz. „In welcher Angelegenheit rufen Sie an?“
    Offenbar hat sie keine Ahnung, wer ich bin, jedenfalls lässt sie es an dem nötigen Respekt fehlen, dachte Emma leicht verletzt.
    „Ich bin seine Frau“, erklärte sie kurz angebunden.
    Wieder entstand eine Pause. Wahrscheinlich überlegte die Angestellte, wie sie reagieren sollte. „Einen Moment bitte“, erwiderte sie dann. Die kurze Wartezeit, die Emma wie eine halbe Ewigkeit vor kam, machte sie nervös, und trotz der Kälte, die im Cottage herrschte, traten ihr Schweißperlen auf die Stirn. Immer wieder legte sie sich die Worte zurecht, mit denen sie das Gespräch beginnen wollte, bis die Telefonistin sie aus den Gedanken holte.
    „Signor Cardini ist in einer Besprechung und möchte nicht gestört werden. Das lässt er Ihnen ausrichten.“
    Was für eine Demütigung!, schoss es Emma durch den Kopf, und sie wollte gerade das Gespräch beenden, als die Frau noch etwas hinzufügte.
    „Er wird Sie später zurückrufen, wenn Sie mir die Nummer geben, unter der Sie zu erreichen sind.“
    Aus lauter Stolz hätte Emma am liebsten entgegnet,
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