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In deinen Armen

In deinen Armen

Titel: In deinen Armen
Autoren: Christina Dodd
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ist in eine Explosion geraten.«
    Sie hätte sich ihrer Spekulationen eigentlich schämen sollen. Tat sie aber nicht. Sie waren schließlich nicht abwegig, nicht wenn es um Stephen MacLean ging. »Eine Explosion. Hat er mit Feuerwerkskörpern gespielt?«
    »Es war eine Bombe. Er war auf der Krim. Zur falschen Zeit am falschen Ort. Ein russischer Agent hat die Bombe gezündet. MacLeans Partner ist dabei ums Leben gekommen.«
    »Ein russischer Agent?« Sie blieb stehen und starrte Throckmorton mit großen Augen an. Kein Wunder, dass er eine derart autoritäre Ausstrahlung besaß! Kein Wunder, dass er so schnell herausgefunden hatte, wie es um ihre Ehe bestellt war und wo sie sich aufhielt! In der Tat war sie nie zuvor jemandem wie ihm begegnet; nach Stephen hatte sie konsequent das ruhige Leben gesucht. Aber die Zeitungen und Pamphlete hatten mit ihren Geschichten von Spionen im In- und Ausland ihre Fantasie beflügelt. jetzt stand sie neben einem dieser Männer. Da ging es ihr endlich auf: »MacLean hat spioniert?«
    Mr. Throckmorton setzte schon zu einer Antwort an, dann räusperte er sich, als irritiere ihn ihre Unverblümtheit. »Nein. Der andere Mann … aber mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen.«
    Ihre Hoffnung brach zusammen. »Einen wunderbaren Moment lang habe ich geglaubt, MacLean hätte Ihrer Majestät Regierung vielleicht einen ehrenhaften Dienst erwiesen. Eine derart gefährliche Unternehmung hätte zu meinem Ehemann gepasst.«
    »Er war nur ein unschuldiger Passant«, versicherte ihr Mr. Throckmorton. »Nichtsdestotrotz braucht er sie jetzt.«
    »Sie verstehen nicht. Mein Mann würde nicht wollen, dass ich mich um ihn kümmere. Er will mich nie mehr wieder sehen.« Enid holte mit Bedacht Luft, bevor sie hinzusetzte: »Und ich ihn auch nicht.«
    »Wir haben das sehr wohl verstanden, aber MacLean ist nicht in der Verfassung, sich zu widersetzen.« Mr. Throckmorton blieb stehen und nahm ihre behandschuhte Hand. »Mrs. MacLean, Ihr Gatte wird sterben.«

Kapitel 3
    »Sterben?« Enid schlug die Hand vor den Mund. Seltsam, aller Ausführungen Throckmortons zum Trotz hatte sie nicht gedacht, dass Stephen sterben könne. Ausgestattet mit der Energie und Sorglosigkeit eines Kindes, ging MacLean nicht, er rannte. Er sprach nicht, er brüllte. Er lächelte nicht, er schüttete sich aus vor Lachen. Der Tod musste ihm wie das ultimative Abenteuer erscheinen. Manchmal hatte sie geglaubt, er wünsche sich nichts mehr, als sich dem Tod mit einem letzten, dramatischen Theaterdonner in die Arme zu werfen.
    »Der Unfall ist vor vier Wochen geschehen.« Mr. Throckmorton geleitete sie zu der Sitzgelegenheit, die sie zuvor verschmäht hatte.
    Enid sank auf die Bank. »Was fehlt ihm? Hat er Gliedmaßen verloren? Warum muss er … sterben?«
    »Die Glassplitter haben ihm Gesicht und Brust zerschnitten. Und er hat sich ein Bein gebrochen. Der Knochen, so hat man es mir gesagt, hatte sich durch die Haut gebohrt.«
    Sie zuckte zusammen. Komplizierte, offene Brüche bedeuteten normalerweise den Tod. »Wie ist er nach England zurückgekommen?«
    »Man hat ihn per Schiff hergebracht. Eine entsetzliche Überfahrt bei schwerer See. Immerhin ist er mindestens einmal pro Tag zu Bewusstsein gekommen, aber mittlerweile … ist er so schwach, dass diese Momente selten sind.« Mr. Throckmorton beobachtete sie unverwandt. »Sollte es uns nicht bald gelingen, ihm Nahrung einzuflößen, gibt es keine Hoffnung mehr. Wir verlangen keine Schwerstarbeit von Ihnen. Er hat eine Pflegerin, und einmal täglich kommt der Doktor.«
    »Weshalb bin ich dann hier?«
    »Wir hoffen, dass der Klang Ihrer lieben Stimme ihn vielleicht zurückholt.«
    »Von der Schwelle des Todes? Da sehe ich kaum eine Chance. Um die Wahrheit zu sagen, am Klang meiner Stimme dürfte ihm kaum gelegen sein.« Aber Enid kämpfte auf verlorenem Posten, und sie wusste es.
    »Ich weigere mich, die Hoffnung aufzugeben. Wir alle, die wir ihn kennen, weigern uns, die Hoffnung aufzugeben.«
    »Gewiss.« Was Hoffnung war, wusste sie. War sie doch selbst mit einer Seele gesegnet – oder geschlagen –, in der die Hoffnung, ungeachtet allen Leids, ewig weiterlebte. Egal, wie oft sie sich dafür tadelte, egal, wie oft sie sich zur Vernunft mahnte, sie glaubte an ein besseres Leben … morgen. Ihr Vikar in London hatte ihr gesagt, sie besäße eine unendliche Fähigkeit zu glauben. Sie selbst sagte sich, dass sie an unerschöpflicher Torheit litt. »Aber wenn ich ihm doch, wie ich vermute,
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