Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In deinen Armen

In deinen Armen

Titel: In deinen Armen
Autoren: Christina Dodd
Vom Netzwerk:
Lady Halifax lachte so sehr, dass sie husten musste, und ruhte sich aus, bis sie den Gedanken zu Ende bringen konnte. »Sie haben es überlebt und sich gut herausgemacht. Nichts, wofür man Sie bemitleiden müsste.«
    Enid rückte das Nachttischchen zurecht, während sie darüber nachsann. Sie wusste, manch eine Frau hätte aufgegeben, während sie es geschafft hatte. Natürlich hatte sie viel verloren von dem Mädchen, das sie einst gewesen war. Sie war zynisch geworden. Sarkastisch. Gestattete sich nicht, der weicheren Seite ihres Wesens nachzugeben, ja sie wusste nicht einmal mehr, ob es diese weichere Seite noch gab.
    Natürlich tat sie das. Der Beweis ruhte direkt vor ihren Augen. Ein Stück ihres Herzens gehörte der dürren, scharfzüngigen und zumeist übellaunigen Lady Halifax. »Mylady, ich möchte Sie nicht allein lassen«, sagte Enid in gedämpftem Tonfall.
    »Das müssen Sie aber, meine Liebe.« Lady Halifax strich mit einem zittrigen Finger über Enids Wange. »Was immer er auch getan hat, dieser Stephen, er ist Ihr Ehemann.«
    Während der schmerzlichen Unterredung in Lady Halifax' Bibliothek hatte Mr. Kinman Enid mitgeteilt, dass man nach ihr geschickt habe, und lediglich angemerkt, dass ihr Ehemann verletzt worden sei, als Enid mehr hatte wissen wollen. Er ging offenkundig davon aus, dass sie an die Seite ihres Gatten eilen würde, was schließlich die Pflicht einer Ehefrau war.
    Lady Halifax teilte diese Ansicht augenscheinlich. »Es ziemt sich, dass Sie zu Ihrem Stephen gehen. Er bedarf Ihrer liebenden Fürsorge.«
    »Liebe?« Enid gab dem Wort eine höhnische Note.
    »Sie haben Ihn doch sicher geliebt, als Sie ihn geheiratet haben.«
    »Eine schnell kurierte Verblendung. Nichts schadet der Liebe mehr, als einen Mann winseln zu hören, die Welt sei schlecht zu ihm und nichts, was ihm je widerfahren ist, sei seine eigene Schuld, sondern nur Pech oder dem Umstand zu verdanken, dass der Clansherr der MacLeans ihn nicht leiden kann.« Ohne es zu merken, war Enid in schottischen Dialekt verfallen. »Und, bei Gott, er ist ein MacLean und nicht irgendein MacLean, sondern ein MacLean von der Isle of Mull.«
    Lady Halifax klappte der Mund auf, und sie stützte sich mühsam auf die Ellenbogen. »Sie … Sie sind mit einem von
diesen
MacLeans verheiratet? Ich kenne sie. Ich war früher immer zur Jagd in Schottland.«
    Enid stopfte die Decke fester um Lady Halifax' Beine. »Sind sie so beeindruckend und stolz, wie Stephen behauptet hat?«
    »Stolz auf jeden Fall. Sie haben überlebt, indem sie sich mit den englischen Machthabern arrangiert haben, aber sobald sie einem von uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, ziehen sie ein Gesicht, als hätte man ihnen Wanzen mit Schlagrahm serviert. Ich würde wetten, Ihre Eheschließung hat den Clansherrn verärgert.«
    »Ja, das hat sie. Er hat mich in einem verletzenden Brief davon in Kenntnis gesetzt, dass eine habgierige Waise wie ich nie am Leben oder Vermögen eines MacLean teilhaben würde.« Enid ballte die Faust, als sie sich der Demütigung erinnerte. »Als ob mir etwas daran gelegen hätte, einer Familie anzugehören.«
    »Ich hätte gedacht, eine Waise würde sehr wohl einer Familie angehören wollen.«
    Natürlich hatte Lady Halifax Recht. Enid hatte davon geträumt, Stephens Mutter kennen zu lernen, seine Tante und seine Cousins und Cousinen. Hatte davon geträumt, auf Castle MacLean zu wohnen. Im Wissen, dass der Clan schon jahrhundertelang auf diesem Land lebte und sie selbst nun Teil dieser Tradition war. Schmallippig schüttelte sie den Kopf und gab nichts von alledem zu. Lady Halifax schob unruhig den Kopf auf dem Kissen umher. »Die neue Pflegerin weiß nicht, was sie tut. Sie wissen, dass ich es nicht mag, wenn mich beim Liegen die Haarnadeln pieksen. Machen Sie mir das Haar auf.«
    Enid tat, wie ihr befohlen, zog eine Bürste durch die Spitzen und flocht die langen grauen Locken zu einem Zopf.
    Lady Halifax seufzte erleichtert und lehnte sich wieder zurück. »Sie arbeiten hart, Enid. Sie riechen nicht so übel wie das Mädchen, das ich vor Ihnen hatte, und Sie ermüden mich auch nicht mit läppischen Klagen.«
    Aus Lady Halifax' Mund ein echtes Lob.
    »Und sparsam sind Sie. Heben sich jeden halben Penny auf. Kleiden sich schlicht und ohne auch nur eine Andeutung von Firlefanz.« Lady Halifax betrachtete Enid unter wild wuchernden grauen Augenbrauen heraus. »Worauf sparen Sie?«
    Enid sah Lady Halifax aus dem Augenwinkel an und dachte sich.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher