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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben
Autoren: Rob Alef
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Treffpunkt für Liebespaare. Vielleicht war der Mörder wirklich jemand gewesen, der seine Geliebte loswerden wollte.
    Jens Bördensen gab dem Zeugen Grellert eine kurze Beschreibung der Toten. »Eine teure Uhr hat sie getragen, blonde, glatte Haare, blaue Schuhe passend zum Kostüm.«
    Der Busfahrer notierte alles mit. »Das gebe ich so durch.« Er legte den Notizzettel und Bördensens Visitenkarte auf die Ablage neben das Buch zur Vogelbestimmung. »Wenn ein Kollege sich erinnert, meldet er sich direkt bei Ihnen.« Er stieg in den Bus, und die vordere Tür schloss sich unter dem Zischen der Hydraulik. Als er es sich auf seinem Fahrersitz bequem gemacht hatte, griff er zum Mikrofon. Er nickte Bördensen zu, startete den Motor und verließ die Wendeschleife in einem großen Bogen.
    Jens Bördensen dachte an seine beiden Kinder, die er heute Morgen schlafend in ihren Betten gesehen hatte, und er dachte an die tote Frau, die ein paar Meter weiter auf den Steinen lag. Nicht die erste Leiche in seiner Laufbahn, aber seit einiger Zeit überlegte er sich, ob und was er dem Ältesten, der jetzt vier war, von seiner Arbeit erzählen sollte. Kripo, das war die Begegnung mit Gewalt in allen erdenklichen Erscheinungsformen. Wie konnte man diese traurige Tatsache kindgerecht verpacken? Er sah dem Bus hinterher, bis er hinter dem Knick in der Tunnelstraße verschwunden war. Grellert würde sich wieder auf die Route der Linie 104 zurückbegeben und in den Zehnminutentakt einreihen, in dem die Linie tagsüber fuhr. Alle Busfahrer würden die Personenbeschreibung erhalten. Bördensen lief hinüber zum Friedhof und weiter zum Fundort. Die namenlose Tote war mittlerweile in einem Leichensack verstaut.
    »Eins verstehe ich nicht«, sagte er und sah sich um. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Frau ohne Handtasche hierhergekommen ist. Sie sieht so durchkonzipiert aus, die Schuhe passend zum Kostüm. Ohne Handtasche ist man als Frau doch nackt.«
    Löffelholz zuckte mit den Schultern. »Ich habe nichts gesehen.«
    Bördensen spähte zwischen den Grabsteinen und der Mauer hindurch, vorsichtig darauf bedacht, nicht an eine Spinne oder einen Tausendfüßler zu geraten. Tiere mochte er nicht besonders und ekelte sich vor allem, was krabbelte. Er holte eine kleine Maglite-Taschenlampe aus der Hosentasche. »Die Tasche ist hier«, sagte er zu Löffelholz. »Zwischen der Wand und den Grabsteinen.«
    »Hat er sie dort versteckt?«, fragte Löffelholz.
    »Kann sein, oder sie ist ihm weggerutscht, als er die Leiche drapiert hat.« Er schob den Arm hinter den Stapel mit den Grabsteinen und schüttelte den Kopf. »Hast du mal einen Stock?«
    Löffelholz ging zum Komposthaufen. Er holte einen gerade gewachsenen Zweig zwischen den verwelkten Blumen hervor und entfernte die Blätter.
    »Könnte passen«, sagte Bördensen, der immer noch in der Hocke neben den Grabsteinen saß und die aufgestapelten Platten aufmerksam im Auge behielt, so als könnte die Tasche weglaufen.
    Er versuchte den Ast im Henkel der Handtasche einzufädeln. Beim dritten Mal war er erfolgreich, und sorgfältig wie ein Angler, bei dem die Rute angeschlagen hat, holte er die Beute ein. Als die Tasche neben den Grabsteinen auf der Erde lag, machte er eine einladende Handbewegung zu Löffelholz. »Latex vor Schönheit.«
    Löffelholz legte die Tasche neben den Leichensack. Sie passte im Ton zum Kostüm der Toten. Er öffnete den Reißverschluss, holte das Portemonnaie heraus und fand darin den Personalausweis.
Verena Adomeit
. Sie wohnte in der Fidicinstraße und war fünfunddreißig Jahre alt geworden.
    »Das ist in der Nähe vom Platz der Luftbrücke«, sagte Löffelholz.
    »Friesenstraße, ja, ich weiß. Bei der Verkehrszulassungsstelle«, sagte Bördensen.
    Löffelholz legte das Portemonnaie auf den Grabstein und suchte weiter in der Tasche. Er holte einen großen Schlüsselbund heraus. »Also, wenn sie keine Hausmeisterin oder Schlüsselsammlerin war, dann ja vielleicht …« Er zog ein Metalletui aus der Tasche. Darin waren Visitenkarten.
    Bördensen hob die Augenbrauen. »Sie war Maklerin.«
    »Hatte sie hier einen Termin?«, fragte Löffelholz.
    »Vielleicht«, sagte Bördensen. »Vielleicht in einem von diesen Rohbauten. Schau dir das an, die bauen wie die Irren hier. Falls die Frau überhaupt aus beruflichen Gründen hier war.«
    Löffelholz reichte Bördensen den Schlüsselbund. »Ortstermin in Kreuzberg für dich.«
    Bördensen nickte. »Und was machst
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