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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben
Autoren: Rob Alef
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aber teuer. Die Schuhe waren tadellos gepflegt und von einer feinen Staubschicht überzogen. Löffelholz untersuchte die Schuhe und roch kurz an ihnen. »Der Staub riecht nach Beton.« Er warf einen Blick über den Innenhof. »Von hier kommt der nicht.« Alte runde Pflastersteine, die Mauer aus Ziegeln, die Grabsteine aus bemoostem Naturstein. Nichts hier war aus Beton.
    »Der Täter hat die Grabsteine gefegt«, sagte Plink, »bevor er sie hier abgelegt hat.« Sie hob ein vertrocknetes Häufchen Grün vom Boden auf.
    »Das könnte auch aus dem Korb stammen, den die Alte hat fallen lassen«, sagte Löffelholz. Auf dem Weg hierher hatte sie der Streifenbeamte kurz informiert, wer die Leiche gefunden hatte. Die Frau saß jetzt zusammen mit Hauptkommissarin Zabriskie beim Krankenwagen und erzählte ihre Geschichte.
    Plink schüttelte den Kopf. »Das ist Moos. Links und rechts von der Leiche, da hat jemand schräg über den Grabstein gewischt. Das Moos hat sich aufgestellt, wie bei einem Teppich, den man gegen den Strich bürstet.« Sie winkte Löffelholz zu sich heran. »Hier, gegen das Licht sehen Sie es besser.«
    Löffelholz kam auf die andere Seite des Grabsteins, kniete sich nach unten, bis sein Auge auf der Kante des obersten Grabsteins war. Die Inschrift aus vergoldeten Lettern leuchtete im Sonnenlicht auf, aber was Engine Plink erläutert hatte, war deutlich zu sehen. Er nickte. »Er hat sich richtig Mühe gegeben.«
    »Ja«, sagte Plink. »Auch beim Würgen.«
    Die alte Frau, die die Leiche gefunden hatte, hieß Hilde Jurgeleit und war sechsundachtzig Jahre alt. Sie hatte Unkraut gerupft auf den Gräbern ihrer Eltern und ihres Bruders und ein wenig die Büsche gestutzt, damit man die Inschrift lesen konnte. Eigentlich war es nicht erlaubt, die Büsche zu stutzen. »Aber außer mir kümmert sich eh keiner drum.« Dann hatte sie die Pflanzenreste zum Kompost gebracht und dort die Leiche entdeckt. So schnell sie konnte, war sie auf die Straße gerannt und hatte sich in die Arme des Busfahrers geflüchtet.
    Kriminalhauptkommissarin Xenia Yolantha Zabriskie saß mit Hilde Jurgeleit vor einem Krankenwagen. Die Ermittlerin hatte kurze schwarze Haare und einen durchtrainierten Körper. Auf der Schulter hatte sie einen schwarzen Panther eintätowiert. Sein Kopf lag auf den Vorderpfoten, die Ohren waren aufgestellt.
    Die alte Frau hatte sich in eine Wärmedecke gewickelt und saß auf einem Schemel, den der Sanitäter für sie bereitgestellt hatte. Sie schlürfte süßen Tee. Im Krankenwagen hatte sie nicht sitzen wollen. »Jeden neuen Tag muss man genießen und begrüßen«, hatte sie gesagt und mit der Hand gen Himmel gedeutet. Der zeigte sich mittlerweile in einem zarten Blau, das immer wieder durch fettige Schlieren getrübt wurde – Rauchschwaden aus den vielen kleinen Feuern von der anderen Flussseite. Die Bewohner der Treptower Halde saßen beim Frühstück.
    »Ist ja nicht die erste Leiche, die ich in meinem Leben gesehen habe. Im Krieg damals mit den Bomben. Aber das ist lange her, und hier ist es so friedlich.«
    »Wann sind Sie auf den Friedhof gegangen?«, fragte Zabriskie.
    »So wie immer. Der Bus stand schon da.« Frau Jurgeleit zeigte auf den 104er Bus, vor dem Zabriskies Kollege Bördensen stand und mit dem Fahrer sprach.
    »Ist die Tür an der Straße der einzige Zugang zum Friedhof?«
    »Ja, heute schon. Es gibt an der Seite, die in Richtung der kleinen Grünanlage liegt, noch eine alte Tür. Die ist aber seit zwanzig Jahren abgesperrt.«
    »Haben Sie jemanden gesehen oder etwas gehört?«, fragte Zabriskie.
    Frau Jurgeleit schüttelte den Kopf. »Na ja, Hören ist ja nun nicht wirklich meine große Stärke.« Sie lachte heiser und fasste sich ans rechte Ohrläppchen, an dem eine kleine graue Kapsel befestigt war. »Das Hörgerät mache ich gar nicht erst an, wenn ich so früh aus dem Haus gehe. Auf das ständige Gekreische kann ich gut verzichten.« Sie deutete zu den Möwen.
    »Und gesehen?«
    »Nüscht und niemand. Und wenn ich ehrlich sein soll«, sie nahm einen Schluck Tee, »bin ich auch heilfroh, dass mir kein Mörder über den Weg gelaufen ist.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass es ein Mann war?«
    »Na hören Se mal, die Frau ist doch erwürgt worden, det sieht doch jeder Laie. Das war die lodernde Leidenschaft.«
    Die es zwischen Frauen nicht geben konnte, wenn man Frau Jurgeleits Vorstellung folgte, dachte Zabriskie. Aber sehr wahrscheinlich hatte sie recht. Hier im Unterholz war ein beliebter
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