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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben
Autoren: Rob Alef
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Habseligkeiten zu packen, die Wohnung zu renovieren und sich vom Acker zu machen
.
    Mit freundlichen Grüßen

    Dorfner ließ den Brief zu Boden fallen. Jetzt konnte ihm nicht einmal mehr der Latissimus von Iron Mike helfen.
    Schleppenden Schrittes trat er später an den Briefkasten. Dort fand er die neue Ausgabe seiner Lieblingszeitschrift
Legal Torture
. Aber auch das internationale Magazin für zeitgemäße Vernehmungstechniken konnte seine Laune nicht bessern. Er ging zu seiner mattschwarzlackierten 250er Yamaha Enduro, setzte den Helm auf und preschte vom Parkplatz. Ausnahmsweise war er froh, dass im Bürocontainer hinter dem Polizeipräsidium nur Belanglosigkeiten auf ihn warteten. Er musste eine neue Bleibe finden. Vor allem aber brauchte er einen sicheren Platz, um die Ausstattung seines Bootcamps unterzubringen. Erst die Hantel, dann der Mensch.

3
    Die Tote lag auf einem Stapel ausrangierter Grabsteine, der hüfthoch neben dem Komposthaufen aufgeschichtet war. Die Sammelstelle für verwitterte Steine und verrottete Blumen befand sich in einem ummauerten Innenhof am hinteren Ende der Kirche, die mitten im Friedhof stand.
    Anton Löffelholz, Assistent der Spurensicherung, trug einen weißen Einwegoverall, Latexhandschuhe, Mundschutz und Haarnetz, obwohl er kurzes, schütteres Haar hatte. Er war Ende zwanzig, aber der Weg zur Glatze war für ihn vorgezeichnet. Oftmals dachte er, er sollte sich gleich eine Glatze schneiden lassen. Die konnte er dann pflegen und täglich polieren, das wäre besser als diese kümmerlichen Fäden da oben auf seinem Kopf.
    Er atmete gleichmäßig durch seinen Mundschutz und nahm alle Einzelheiten in sich auf. Die Tote war Mitte dreißig. Schulterlange, kräftig blonde Haare, vermutlich gefärbt oder gebleicht. Gesicht und Halspartie zeigten die typischen Spuren eines Todes durch Erwürgen. Am Hals waren Würgemale zu sehen, nicht sehr ausgeprägt, aber auch für einen medizinischen Laien wie Löffelholz erkennbar. Uwe Kümmerle, der Assistent des Gerichtsmediziners, war bereits am Tatort gewesen und tippte auch auf Erwürgen. In ein paar Stunden würde Tenbrink, Kümmerles Vorgesetzter, die Obduktion durchführen.
    Das Gesicht der Toten war blau angelaufen, die Zunge ein verquollener roter Knoten, sie ragte aus dem Mundwinkel hervor. Die Augen traten hervor und waren blutunterlaufen.
    Die Tote trug ein blaues Kostüm, darunter eine weiße Bluse. Vermutlich der Mörder hatte ihr die Arme kreuzweise über der Brust zusammengelegt. Dadurch hatte es die Ärmel der Bluse hochgezogen. Am linken Handgelenk war eine zierliche Armbanduhr mit rechteckigem Zifferblatt zu sehen, römische Ziffern. Uhrgehäuse und Armband waren wohl aus Gold, genauso wie der schmale Reif am rechten Arm. Unter der weißen Bluse trug die Tote einen weißen BH, unter dem Rock einen weißen Slip. Der Slip war aus Satin, ohne Spitzen, der BH ein bügelloses Modell, auch ohne Spitzen, mit schmalem Träger. Dazu weiße Nylonstrümpfe.
    »Sie sieht aus wie aufgebahrt«, sagte Engine Plink, die Leiterin der Spurensicherung. Sie redete überdeutlich mit Löffelholz. Die Kirche dämpfte zwar den Lärm der Kräne und der Bootsmotoren, aber die Luft war erfüllt vom unablässigen Geschrei der Lachmöwen. Engine Plink trug ebenfalls ein Haarnetz, allerdings hatte sie eine rote Lockenpracht zu bändigen, die ihr ohne Haarnetz bis weit über die Schultern fiel. Ihre Turnschuhe steckten in weißen Plastiküberziehern. Sie trug Jeans, die ihre schlanken Beine betonten, und ein weißes Herrenhemd, bei dem sie wie fast immer die Ärmel hochgekrempelt hatte. Auf den Overall und den Mundschutz hatte sie verzichtet.
    Löffelholz hätte das auch gern gemacht, aber die Vorstellung, eines seiner spärlich vorhandenen Haare könnte die Ermittlungen negativ beeinflussen, bereitete ihm Höllenqualen.
    Er nickte. »Ja, jemand hat sie hier drapiert. Ihr die Arme zusammengefaltet, aber nicht die Augen geschlossen.«
    »Und sie ist nicht hier umgebracht worden.« Plink fixierte den rechten Oberschenkel der Toten und machte eine Notiz. »Irgendetwas Pflanzliches klebt hier«, sagte sie. »Blütenstaub oder so etwas.«
    Löffelholz hob das Kostüm an und warf einen Blick auf den Genitalbereich der Toten. »Die Feinstrumpfhose und die Unterwäsche sind auf den ersten Blick intakt, also vermutlich kein Sexualdelikt. Aber das entscheidet der Mediziner.«
    Die Tote trug Halbschuhe aus blauem Leder, nicht elegant, eher verlässlich, in jedem Fall
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