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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster
Autoren: Paul Gallico
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in der Feme Harfenklänge zu hören. Als sie genauer hinhörte, brach die Musik ab. Sie schloß die Tür, ging zu Bett und überlegte. War das alles wirklich passiert? Oder handelte es sich vielleicht nur um einen bösen Traum? Vielleicht war die Tür vorübergehend verklemmt und an der Lichtleitung etwas defekt gewesen.
    Sie hatte immer noch heftiges Herzklopfen, doch war das nicht meistens so nach einem Albtraum? Um sich zu beruhigen, las sie ein oder zwei Kapitel in dem Buch auf ihrem Nachttisch. Dann löschte sie das Licht und schlief ein.
    Am anderen Morgen erwachte sie mit der Erinnerung an ein unangenehmes Erlebnis. Im Zimmer war nichts Ungewöhnliches festzustellen, was auf die Anwesenheit eines Eindringlings hingedeutet hätte. Sie redete sich ein, daß sie alles nur geträumt habe, und beschloß niemandem etwas von dem Vorfall zu erzählen. Sie hätte es auch nicht getan und Sir Richard Lockerie kein Wort gesagt, wären nicht die Ereignisse eingetreten, die sich drei Tage später während des Abendessens in der großen Halle zutrugen.

Das Gespenst, das zum Dinner kam

    Es war Lord Paradines Idee, daß die Gäste des Country Clubs das Dinner gemeinsam mit der Familie einnahmen. Lord Paradine war ein offener, unkomplizierter Mensch ohne besondere Charakterstärke, doch mit gutentwickeltem Gerechtigkeitssinn. Er war der Ansicht, daß die Leute für den hohen Preis, den sie in Paradine Hall bezahlen mußten, ein gewisses Anrecht auf die Gesellschaft der Familie hatten. Diese abendliche Geselligkeit gab ihm überdies Gelegenheit, über Fischen, Jagen, Schießen, Segeln, Reiten und andere sportliche und landwirtschaftliche Betätigung Zu reden, die sein Leben ausmachten. Doch den äußeren Rahmen, in dem das Dinner stattfand, bestimmte seine unverheiratete Schwester Isobel, und zwar in der Art, wie es ihr verstorbener Vater gewünscht hätte.
    Obwohl ein großer elektrischer Kristallkronleuchter von der Decke hing, wurde die Tafel nur von den vielen in Wandarmen und Kandelabern steckenden Kerzen erhellt, von denen es im Schloß einen ungeheuren Vorrat gab.
    Die Rüstungen, Schwerter und Hellebarden an den Wänden waren stets blank geputzt; farbenprächtige, wenn auch verblaßte Banner der Paradines hingen von den geschwärzten Balken des zwei Stock hohen Raumes herab. Die Feuerstelle an einer Schmalseite der Halle war so groß, daß man ein ganzes Schaf oder gar einen Ochsen darüber braten konnte, und schimmerte von Kupferkesseln. Am anderen Ende im zweiten Stock befand sich die Galerie für die Musikanten mit einer Balustrade und schweren Samtvorhängen, die die Öffnung einrahmten.
    Die hohen Wachskerzen warfen ein sanftes, festliches Licht über den zwanzig Fuß langen Refektoriumstisch; und die in den Wandarmen spiegelten sich im Kupfer, Stahl und im polierten Eichenholz. Doch Kerzen erhellen nur ihre unmittelbare Umgebung; hinter dem Kerzenlicht sind die Schatten um so tiefer, schwärzer und vom Flackern der Lichter bewegt. Halb in diesem Schatten verborgen standen Büfetts, hochlehnige Bänke, Truhen und geschnitzte Sessel an den Wänden, deren Eichentäfelung von berühmten Wandteppichen geschmückt war.
    An diesem Abend kam das Gespräch wie täglich, seit der Spuk begonnen hatte, nicht von den Gespenstergeschichten los, obgleich Pfarrer Harry Witherspoon von der St. Dunstan-Kirche in East Walsham und Dr. Samuel Winters, der Bezirksarzt, zu Gast waren.
    Lord und Lady Paradine saßen sich an den Schmalseiten der Tafel gegenüber. Sie hätten eine Sprechanlage gebraucht, um sich auf diese Entfernung unterhalten zu können. Doch Isobel spielte auf einem strategisch günstigeren Platz in der Mitte der Tafel die Rolle der Hausfrau, erteilte Huggins, dem Butler, und seinen Gehilfen Befehle und wachte über das Wohl der Gäste.
    Die Mahlzeit war schon zur Hälfte vorüber, und die Anwesenden hatten sich wie gewöhnlich in drei Gruppen geteilt — die unverbesserlichen Skeptiker, die unbedingt Überzeugten und die Unvoreingenommenen, die sich nicht festlegen wollten — , als von Major Howard Wilson, der das Lager der Skeptiker anführte, eine neue Note ins Gespräch gebracht wurde.
    «Stimmt das, Lord Paradine», krächzte er, «daß Sie die Absicht haben, einen Spiritisten herkommen und Seancen oder so etwas abhalten zu lassen?»
    Lord Paradine lief rot an vor Ärger und antwortete, wobei er ganz vergaß, daß er sich eben noch sehr angenehm mit Mrs. Vivyan Wilson, der hübschen und anregenden blonden Frau
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