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Im Zeichen der Wikinger

Im Zeichen der Wikinger

Titel: Im Zeichen der Wikinger
Autoren: Clive Cussler
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Frauen Feuer entzündet, buken Brot, rührten in großen Eisentöpfen Hafergrütze an oder kochten in ihren Kesseln dicke Fischsuppen. Unterdessen besserten die Männer das verschlissene Tauwerk der Schiffe aus, das auf der beschwerlichen Reise zu Schaden gekommen war, während andere im Fjord die Netze auslegten und ganze Schwärme von Fischen fingen. Mittlerweile waren die Frauen heilfroh darüber, dass sie so einen angenehmen Unterschlupf gefunden hatten, in dem sie vor Wind und Wetter geschützt waren. Die Männer indessen, wilde Gesellen mit zerzaustem Haupthaar und struppigen Bärten, waren Seefahrer, die an das Leben unter freiem Himmel gewöhnt waren und sich in diesem engen Felsenloch ganz und gar nicht wohl fühlten.
    Als sie gegessen hatten und sich gerade anschickten, über Nacht in ihre ledernen Schlafsäcke zu kriechen, kamen zwei von Sigvatsons Kindern, ein elfjähriger Junge und ein zehnjähriges Mädchen, aufgeregt rufend angerannt. Sie fassten ihn an den Händen und zerrten ihn zur tiefsten Stelle der Grotte.
    Nachdem sie Fackeln entzündet hatten, führten sie ihn durch einen langen, röhrenartigen Gang, einen runden Höhlenschacht, der einst vom Wasser ausgespült worden war.
    Zunächst mussten sie etliche herabgestürzte Felsbrocken überwinden und umgehen, doch dann führte der Weg gut zweihundert Schritte weit steil nach oben. Die Kinder blieben stehen und deuteten auf eine schmale Felsspalte. »Schau, Vater, schau!«, rief das Mädchen. »Dort ist ein Loch, das nach draußen führt. Du kannst die Sterne sehen.«
    Sigvatson sah das Loch, doch es war so schmal, dass nicht einmal die Kinder hindurchkriechen konnten; den Sternenhimmel indes konnte aber auch er erkennen. Am nächsten Tag trug er einigen Männern auf, das Geröll und die Felsbrocken aus dem Höhlenschacht zu räumen und den Spalt zu verbreitern, der in die Außenwelt führte. Als dies geschehen und der Durchgang so weit freigehauen war, dass ein Mann aufrecht hindurchgehen konnte, traten sie hinaus auf fruchtbares Wiesenland, das von stattlichen Bäumen gesäumt war. Hier war es nicht öde und kahl wie in Grönland. Hier gab es Holz im Überfluss, aus dem sie sich Häuser bauen konnten. Hier gab es fruchtbaren Boden voller wilder Blumen und fetter Gräser, auf dem sie ihr Vieh weiden konnten. Auf diesem prachtvollen Land hoch über dem blauen Fjord, in dem es Fische im Überfluss gab, wollte Sigvatson seine Siedlung errichten.
    Die Götter hatten den Kindern den Weg gewiesen, und diese hatten die Erwachsenen zu ihrem ersehnten Garten Eden geführt.
    Die Nordmänner waren ein lebenslustiges Volk. Auch wenn ihr Dasein hart war, voller Mühe, Arbeit und Todesgefahr. Die See war ihr Element, und ein Mann ohne Boot war für sie kein freier Mann. Zwar waren sie das ganze Mittelalter über wegen ihrer Barbarei gefürchtet, zugleich aber veränderten sie das Antlitz Europas. Ihre verwegenen Scharen drangen nach Russland vor, kämpften am Schwarzen Meer und vor den Toren von Konstantinopel, sie siedelten in Spanien und Frankreich, wo sie Handel trieben oder sich als Söldner verdingten, die berühmt waren für ihre Fertigkeiten mit Schwert und Streitaxt. Rollo der Lange, auch der Gänge-Rolf genannt, wurde Herr über die Normandie, die nach den Nordmännern benannt ist. Sein Nachfahre Wilhelm der Eroberer machte sich England Untertan.
    Bjarne Sigvatson war das Ebenbild des glorreichen Wikingers, blond das Haupthaar, golden der Bart. Er war nicht groß gewachsen, aber breitschultrig und stark wie ein Ochse. Bjarne war im Jahr 980 auf dem Hof seines Vaters in Norwegen zur Welt gekommen, und wie fast alle jungen Wikinger hatte er sich schon von klein auf danach gesehnt, loszusegeln und festzustellen, was hinter dem Horizont lag. Wissbegierig und kühn, wie er war, zugleich aber auch besonnen, nahm er schon mit fünfzehn an Raubzügen in Irland teil. Mit zwanzig Jahren war er ein in zahlreichen Kämpfen erprobter Seeräuber, der so viele Reichtümer erbeutet hatte, dass er sich ein stattliches Schiff bauen und eine eigene Kriegerschar ausrüsten konnte. Er vermählte sich mit Freydis, einer strammen, selbstbewussten Schönheit mit langem goldenem Haar und blauen Augen. Es war eine glückliche Verbindung, passten die beiden doch zusammen wie Sonne und Himmel.
    Nachdem er bei seinen Überfällen auf Städte und Dörfer entlang der Küste Britanniens zahlreiche Narben davongetragen, aber auch ein riesiges Vermögen zusammengerafft hatte, gab er die
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