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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman
Autoren: Mika Bechtheim
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auch in einem Gerichtsfall. Ich wollte lediglich sagen, dass mir der Name nicht bekannt vorkommt und in meinem Gedächtnis auch keine Glocken läuten.«
    Mankiewisc nickte und sah seinen Partner an. Der zuckte mit den Schultern.
    »Wir müssen Sie bitten, uns zu begleiten.«
    »Weshalb?«, fragte ich.
    »Claire Silberstein wurde heute Nacht ermordet.«
    »Wo und wie?«, fragte ich schneller, als ich denken konnte. Reporterroutine. Was, wer, wo, wie, warum. Die fünf großen Ws. Niemand kommt in einer Story um sie herum.
    »Ihre Leiche wurde heute Morgen im Hafengebiet gefunden. Der Fundort war nicht der Tatort.«
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Wir glauben, dass Sie uns helfen können.«

    »Ich hab Ihnen doch aber schon gesagt, dass mir der Name nichts sagt und dass ich heute Nacht zu Hause war. Auch wenn ich das nicht beweisen kann.«
    »Sie haben gesagt«, sagte Groß, »Sie seien sich nur ziemlich sicher, dass Sie sie nicht kennen.«
    »Gut«, sagte ich. »Dann jetzt fürs Protokoll: Ich kenne die Dame nicht. Ich bin ihr nie im Leben begegnet, hatte weder beruflich noch privat jemals etwas mit ihr zu tun.«
    Groß schob sich die Sonnenbrille in die Stirn. Das sollte wohl besonders cool aussehen. »Claire Silberstein kannte aber Sie«, sagte er und fixierte mich mit stahlblauen Augen.
    »Woher wollen Sie das wissen?«, fragte ich, und Mankiewisc antwortete wieder nicht direkt.
    »Wir möchten es Ihnen zeigen.«
    »Können Sie sich vielleicht mal konkreter ausdrücken?« Langsam gingen mir die beiden auf die Nerven. »Ich muss einfach wissen, weshalb ich mal eben so meinen Milchdienst ausfallen lassen muss und weshalb ich mit Ihnen irgendwohin durch die Stadt fahren soll, um danach auch noch viel zu spät zur Arbeit zu kommen.«
    »Claire Silberstein hatte Ihre Adresse dabei und ein paar Sachen, die auf Sie hinweisen.«
    »Das verstehen Sie unter konkret? Sachen?«
    »Sachen«, wiederholte er.
    »Was für Sachen? Meine Güte, mit der Interviewtechnik würden Sie aus jeder Redaktion fliegen.«
    Mankiewisc trat einen Schritt auf mich zu. »Langsam nerven Sie mich, okay?«
    »Sie mich auch«, sagte ich und wollte keineswegs mehr nett und kooperativ sein. Was dachten die sich? Dass sie das Recht gepachtet hatten, unhöflich zu sein? Oder dass sie mich einschüchtern konnten, nur weil ich schon einmal im Gefängnis gesessen hatte? Ich hatte angeblich ein Verbrechen begangen, und ich hatte meine Strafe abgesessen. Punkt.

    »Jetzt hören Sie mir mal gut zu«, sagte Mankiewisc. »Wir haben heute früh eine Leiche im Freihafen gefunden. Eine Leiche mit einem Namen, der nirgendwo registriert ist. Und der einzige Anhaltspunkt sind Sie.«
    »Was heißt das, nirgendwo registriert?«
    »Das heißt, dass die Frau mit gefälschten Papieren unterwegs war. Das heißt, dass es diese Frau gar nicht gibt. Und es heißt, dass wir nichts in der Hand haben. Außer den besagten Sachen. Und dass Sie sich gerade immer verdächtiger machen.«
    Mir riss langsam der Geduldsfaden.
    »Was glauben Sie denn, mit wem Sie hier reden?«, blaffte ich.
    »Mit einer Frau, die mal einen Mord begangen hat und die unbedingt ihren Job behalten muss. Sonst kann sie nämlich die Miete nicht mehr zahlen.«
    »Totschlag«, sagte ich. »Bitte bleiben Sie korrekt, wenn Sie mir schon drohen wollen.«
    Groß versuchte zu beschwichtigen. »Keiner will hier jemandem drohen.«
    Mankiewisc aber hatte einen Tiefschlag gelandet. Weit unterhalb der Gürtellinie. Ich brauchte meinen Job. Ich war nicht auf das Geld angewiesen. Da irrte er gewaltig. Finanziell hatte ich durch Kais Lebensversicherung, die Auflagen meiner Bücher und den Verkauf von Auslandsrechten längst ausgesorgt. Doch ohne meine Reportertätigkeit wäre ein wesentlicher Teil meiner Existenz amputiert. Ein wichtiger Teil. Ich brauchte den Kontakt zu Menschen. Und das nicht erst, seitdem ich im Gefängnis gesessen hatte und sich meine Kontakte während der ersten Monate in Untersuchungshaft auf die Vollzugsbeamten und meinen Anwalt beschränkt hatten. Ich hatte das schon während meiner Kindheit gebraucht, und ich war wohl eines der unglück lichsten Kinder auf dem Planeten, wenn ich wegen einer Grippe das Bett hüten musste und meine Freunde mich nicht besuchen durften. Ich brauchte die Gewissheit, morgens die Wohnung verlassen zu können, um mich anderen Problemen
als nur meinen eigenen zu widmen. Ich benötigte diese Parallelwelt, in der sich nicht alles nur um mich und Josey drehte. Ich brauchte sie
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