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Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)

Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)

Titel: Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
Autoren: Ester D. Jones
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das rote Haar und die zarten Gesichtszüge ließen sie interessant wirken. Zum Teil konnte Walter Liams Faszination verstehen.
    Schließlich rüttelte Walter wenig sanft an Liams Oberarm und riss ihn dabei aus einem Traum voller Leidenschaft.
    Umso größer war der Schock, als Liam beim Öffnen der Augen Walter erblickte. Er räusperte sich und setzte sich aufrecht hin. Sein Gesichtsausdruck sollte wohl strafend wirken, doch das gelang nicht ganz. Er konnte seinen Erregungszustand nur schwer verbergen.
    „Was gibt es denn?“ fragte Liam endlich aggressiv.
    Sein Freund lachte. „Deine Männer suchen etwas Zerstreuung. Wenn du ihnen ein paar Münzen gibst, werden sie sich selbst darum kümmern.“
    „Zerstreuung?“ erkundigte Liam sich mit hochgezogener Augenbraue.
    „Frauen.“ Als Walter die steile Falte auf Liams Stirn erblickte, fuhr er rasch fort. „Einer der Männer weiß, dass es einen Tagesritt entfernt eine Ansammlung von Hütten zu finden gibt, unter deren Bewohnern sich Dirnen befinden. Er hat bereits die Bekanntschaft von Goulda gemacht, und mit ein wenig Gold könnte man sicherlich noch andere Frauen … dazu überreden, eine Zeit lang ins Lager zu ziehen.“
    „Ich weiß nicht …“
    „Du kannst nicht erwarten, dass sie nach so langer Abwesenheit von zu Hause nach keiner Frau verlangen. Sie sind nicht so standhaft wie du und ich.“
    Er fand Walters Kommentar nicht witzig. Nicht in der momentanen Situation. Ihm war klar, dass dort draußen Schwierigkeiten auf ihn lauerten.
    Seine Männer waren über das lange Warten nicht begeistert. Sie wurden ungeduldig. Eigentlich waren sie nach den zermürbenden Verhandlungen mit einem feindlichen Clan nur zu einem kurzen Abstecher nach Anhold aufgebrochen. Dass Liam dort das Waisenhaus aufgesucht und nun Probleme mit einem Weibsbild hatte, war nicht eingeplant gewesen. Walter hatte Liam erzählt, dass sie der Meinung waren, es handle sich ausschließlich um sein Problem. Sie wollten nach Hause zu ihren Familien oder sehnten sich nach der Umarmung einer Frau. Es wurde nichts Schlimmes darin gesehen, das Vergnügen außerhalb des Ehebettes zu suchen.
    Liams Falte wurde steiler. Doch er ging zu seiner Truhe und reichte nach kurzem Kramen Walter ein paar Münzen. „Das reicht, hoffe ich.“
    Bevor er noch eine Ermahnung hinzufügen konnte, stürmte Walter aus dem Zelt. Sofort erklang von draußen Jubel. Liam bereute augenblicklich seine Zustimmung. Was würde wohl passieren, wenn die Frauen erst mal im Lager waren?
    Er rief Walter hinterher. „Es sollen sich lediglich drei Männer auf den Weg machen. Irgendwer muss das Lager bewachen.“
    Dann konzentrierte er sich wieder auf Erin. Er hatte die Bewusstlose mit flüssigem Brei gefüttert, bis Erins Gesicht wieder etwas Farbe bekommen hatte. Aber ging es ihr auch wirklich gut? Vielleicht sollte er nach einem Arzt schicken. Er kannte sich in dieser Gegend, in die Erins Flucht ihn verschlagen hatte, nicht besonders gut aus. Konnte er Erin von hier wegbringen? Selbst ihm war klar, dass das Risiko groß war, ihre möglichen inneren Verletzungen zu verschlimmern.
    Während er sich in Gesellschaft seiner Männer befand und sich um ihre Probleme kümmerte, schlugen seine Gedanken immer öfter eine andere Richtung ein. Würde Erin vielleicht gerade in den Minuten, die er sie bei den Mahlzeiten allein ließ, aufwachen? Würde sie ihn gerade jetzt brauchen? Wenn sie Schmerzen hatte? Wenn er ihre Hilfeschreie nicht hörte? Da er sich für ihren momentanen Zustand mitverantwortlich zeigte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich unablässig um sie zu kümmern.
    Nachdem er zweimal beim Essen direkt nach dem letzten Bissen hektisch losgestürzt war, um nach Erin zu sehen, gab er auf, den Anschein von Normalität aufrecht zu erhalten. Er beschloss, bei ihr im Zelt zu speisen. Sollten seine Männer sich ruhig hinter seinem Rücken über ihn lustig machen. Hauptsache sie kamen nicht in Erins Nähe.
    Er hatte keinem seiner Männer erlaubt, das Zelt für längere Zeit zu betreten. Sobald sie ihm seine Bestellungen und Wünsche erfüllt hatten, schickte er sie wieder weg. Warum er so vorsichtig war, konnte er sich selbst nicht erklären. Inzwischen glaubte die Hälfte seiner Männer vermutlich, er habe den Verstand verloren. In ihrer Nähe überkam ihn stets das Bedürfnis, sie anzustarren und ihr hübsches Gesicht zu bewundern.
    Bildete er es sich nur ein, oder war sie in den Tagen ihrer Bewusstlosigkeit noch schöner geworden?
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