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Im Totengarten (German Edition)

Im Totengarten (German Edition)

Titel: Im Totengarten (German Edition)
Autoren: Kate Rhodes
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Benson.«
    Mir fiel keine Antwort ein. Ich wusste viel über die Bensons, weil ich mit dem Gutachter aus dem Prozess befreundet war und weil die Presse das Paar über Monate hinweg in den Schlagzeilen hatte. Immer wieder waren Aufnahmen der Mädchen, die die zwei getötet hatten, auf den Titelseiten aufgetaucht, als ob sie Filmstars wären. Einige von ihnen waren unter der Terrasse des unweit der Southwark Bridge Road gelegenen Heims gefunden worden, das von den Bensons geleitet worden war, eine im Garten, eine weitere in einem unbenutzten Kamin, der sorgfältig zugemauert worden war, und ein paar andere auf einem Flecken Brachland, der hinter dem Grundstück lag. Jeder, der des Lesens mächtig war oder einen Fernseher besaß, wusste mehr, als er wahrscheinlich jemals hätte wissen wollen, über das grausige Hobby dieses Paars.
    Vor uns tauchte Wandsworth Common auf. Frauen schoben Kinderwagen auf den Wegen hin und her, und Jogger drehten langsam ihre Runden um den Park, als hätten sie alle Zeit der Welt.
    »Waren Sie schon mal in Wandsworth?«, fragte Burns.
    »Das Vergnügen hatte ich bisher noch nicht.«
    »Es ist das reinste Paradies«, murmelte er. »Sechzehnhundert Kerle, davon der Großteil total zugedröhnt mit allen Drogen, die man sich nur vorstellen kann.«
    Mit den schmutzstarrenden Fenstern und einem Tor, das sogar groß genug für einen Sattelschlepper war, erschien das Gefängnis auf den ersten Blick wie eine Mischung aus gotischer Burg und viktorianischem Arbeitshaus. Das Gebäude war so riesig, dass man kaum den Himmel sah.
    »Willkommen in Englands größtem Knast.« Burns zückte seine Dienstmarke, und sein Kollege winkte uns hinein.
    Das Vernehmungszimmer lag am Ende eines kilometerlangen Gangs, der sicher irgendwann mal weiß gewesen war. Allmählich bereute ich meine morgendliche Kleiderwahl. Mein Rock war viel zu eng für große Schritte, und die Absätze von meinen Schuhen klapperten wie Kastagnetten, als ich hinter Burns über den Fliesenboden lief.
    Burns strömte erneut der Schweiß übers Gesicht.
    »Er sitzt zu seinem eigenen Schutz in Einzelhaft«, erklärte er mir schnaufend. »Sicher kriegt der Kerl nicht gerade viele Abschiedskarten, wenn er morgen geht.«
    »Wie hat er das Mädchen umgebracht?«, erkundigte ich mich.
    »Es gibt keine hübsche Art, das zu beschreiben.« Burns fuhr sich mit einem riesengroßen weißen Taschentuch über die Wangen und die Stirn. »Erst hat er sie gefickt und dann mit einem Kissen erstickt.«
    »Hatten die beiden eine Beziehung?«
    »Meine Güte, nein.« Er starrte mich entgeistert an. »Er behauptet es zwar, aber Sie werden verstehen, warum das ausgeschlossen ist, wenn Sie den Typen sehen.«
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    Burns schob mit einem dicken Zeigefinger seine Brille hoch und sah mich an. »Tatsächlich sah sie Ihnen etwas ähnlich. Zierlich, grüne Augen, schulterlanges blondes Haar.«
    »Sie meinen, ich bin sein Typ?«
    »Ich fürchte, ja.«
    Laute Schritte hallten durch den Korridor. Ich habe Knäste immer schon gehasst. Alles an ihnen ruft das Verlangen in mir wach, schnellstmöglich davonzulaufen, vor allem die Tatsache, in der man auch das leiseste Geräusch, wie etwa das Drehen eines Schlüssels, auch noch einen halben Kilometer weiter hört.
    Als man Morris Cley in das Vernehmungszimmer führte, war mir sofort klar, warum sicher niemals eine Frau freiwillig und kostenlos mit ihm ins Bett gegangen war. Um seinen Schädel lagen wirre Strähnen ungewaschenen grauen Haars, und alles in seinem Gesicht wirkte irgendwie verzerrt. Die Augen unter seinen dicken Brauen lagen so tief in den Höhlen, dass noch nicht mal ihre Farbe zu erkennen war, und seine matte graue Haut legte die Vermutung nahe, dass er schon seit Wochen nicht mehr an der frischen Luft gewesen war.
    Als er mich begrüßte, hielt er meine Hand etwas zu lange fest. Seine Finger waren feucht und riefen das verzweifelte Verlangen in mir wach, aus dem Raum irgendwohin zu stürzen, wo ich meine Hände schrubben konnte, bis auch noch die letzte Spur des Mannes abgewaschen war.
    »Tag, Morris«, bellte Burns von seinem Platz in der Ecke des Raums.
    Cley zog seine schmalen Schultern bis an seine Ohren, und sein nervöser Blick flatterte zum Fenster und zurück. Schließlich setzte er sich so vorsichtig auf seinen Plastikstuhl, als wäre er mit einer Sprengladung versehen.
    »Ich habe gehört, dass Sie morgen nach Hause gehen«, sagte ich.
    »Ich habe kein Zuhause mehr, wohin ich gehen
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