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Im Todesnebel

Im Todesnebel

Titel: Im Todesnebel
Autoren: Clive Cussler
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Navigationsoffizier zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Nacken ab. »Das ist kaum zu glauben. Bisher habe ich nur von einer Erhebung gehört, die dieser hier nahekommt; es ist die im Peru-Chile-Graben. Sie beginnt siebentausendfünfhundert Meter unter dem Meeresspiegel und steigt mit jedem Kilometer in horizontaler Richtung auch einen Kilometer. Bis heute galt das auf der ganzen Welt als die größte Hangneigung unter Wasser.«
    »Dann wird unsere kleine Entdeckung die Meeresgeologen wohl ein bißchen aus dem Häuschen bringen«, brummte der Erste Offizier.
    »Fünfhundertfünfundfünfzig Meter«, ertönte monoton die Stimme des Echolotbeobachters.
    »Herr im Himmel!« Der Navigationsoffizier schnappte nach Luft. »Das bedeutet einen Anstieg von dreihundert Metern in weniger als einem Kilometer. Das ist doch unmöglich.«
    Dupree ging hinüber zur Backbordseite des Kontrollraums und beugte sich tief hinunter, bis seine Augen nur noch wenige Zentimeter von dem Glas entfernt waren, das das Echolot umschloß. Entsprechend den digital angezeigten Zahlenwerten wurde das Profil des Meeresbodens als eine lange schwarze Zickzacklinie aufgezeichnet, die steil zu der roten Gefahrenmarkierung am oberen Ende der Skala emporkletterte.
    Dupree ließ eine Hand auf die Schulter des Mannes sinken, der vor dem Echolot saß.
    »Ist es möglich, daß bei der Eichung des Gerätes ein Fehler gemacht worden ist?«
    Der Mann legte einen Schalter um und sah auf ein zweites Sichtfenster. »Nein, Sir. Das unabhängige Reservesystem zeigt dieselben Zahlenwerte an.«
    Einige Sekunden lang beobachtete Dupree die aufsteigende Linie, dann kehrte er zurück an den Kartentisch und sah auf die eingetragenen Zahlen, die die Position des Schiffes im Verhältnis zu dem ansteigenden Meeresgrund zeigten.
    »Hier spricht die Brücke«, meldete sich eine roboterhafte Stimme. »Ich habe das fragliche Objekt entdeckt.« Der Lieutenant schien zu zögern. »Wenn ich nicht wüßte, daß das unmöglich ist, würde ich behaupten, daß vor uns die verkleinerte Ausgabe einer Nebelbank liegt, wie ich sie aus dem guten alten New England kenne.«
    Dupree schaltete kurz das Mikrophon ein. »Verstanden.« Er starrte weiter auf die beleuchtete Seekarte, seine Miene ließ keine Regung erkennen, die Augen waren nachdenklich.
    »Sollen wir Pearl Harbor benachrichtigen?« fragte der Navigationsoffizier. »Die Leitstelle könnte uns einen Aufklärer schicken, der sich die Sache einmal ansieht.«
    Dupree antwortete nicht sofort. Die Finger seiner einen Hand trommelten in trägem Rhythmus auf die Ecke des Kartentisches, die andere Hand ließ er ruhig herunterhängen. Nur äußerst selten ließ sich Dupree zu einer schnellen Entscheidung hinreißen.
    Vielmehr entsprach es seinem Verhalten, jeden Schritt genau abzuwägen.
    Viele Besatzungsmitglieder der
Starbuck
hatten auf anderen Schiffen bereits früher einmal unter Duprees Kommando gestanden. Und wenn sie ihm auch nicht gerade blind ergeben waren, so schätzten und bewunderten sie doch seine Fähigkeiten und sein Urteilsvermögen.
    Sie vertrauten ihm als einem Mann, dem niemals ein entscheidender Fehler unterlaufen und der ebensowenig jemals ihr Leben aufs Spiel setzen würde. Und wahrscheinlich hatten sie mit dieser Meinung bisher auch immer recht gehabt, doch diesmal irrten sie sich auf schicksalhafte Weise.
    »Wir wollen selbst nachsehen, was es mit der Nebelbank auf sich hat«, sagte Dupree in ruhigem Ton.
    Der Erste Offizier und der Navigationsoffizier sahen sich fragend an. Ihr Einsatzbefehl lautete, die
Starbuck
durchzuprüfen – und nicht, geheimnisvollen Nebelbänken nachzujagen, die sich am Horizont zeigten.
    Niemand erfuhr jemals, warum Commander Dupree in diesem Moment derart wider seinen Charakter handelte und gegen seine Befehle verstieß. Vielleicht war der Reiz des Unbekannten zu stark. Vielleicht aber sah sich Dupree auch schon als gefeierter Entdecker, dem endlich das Ansehen zuteil wurde, das ihm so lange versagt geblieben war.
    Was immer der Grund gewesen sein mochte, er ging verloren, als die
Starbuck
wie ein von der Leine gelassener Bluthund, der einer frischen Witterung folgt, Kurs auf die Nebelbank nahm.
    Am Montag der folgenden Woche wurde die
Starbuck
in Pearl Harbor zurückerwartet. Als sie nicht in ihrem Heimathafen erschien und eine ausgedehnte Suchaktion zu Lande und zu Wasser keinen Erfolg hatte, blieb der Navy keine andere Wahl, als einzugestehen, daß sie ihr neuestes
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