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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme
Autoren: Gantt DeVa
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Ryan erhob sich von dem wackeligen Stuhl, auf dem er am Fenster gesessen hatte, und stolzierte wie ein Pfau durch die kleine Küche. Er massierte seinen aufgeblähten Bauch und fuhr dann mit vergilbten Nägeln durch sein angegrautes Haar, das gleich darauf wieder seine finstere Miene verhüllte.
    Voll Abscheu wandte Charmaine sich ab und machte sich an die Zubereitung des Abendessens. Das angeberische Gehabe ihres Vaters widerstrebte ihr zutiefst. In Augenblicken wie diesen dankte sie Gott, dass er sie als Frau erschaffen hatte.
    Sie seufzte. Offenbar verspätete sich ihre Mutter. Das Gespräch mit Joshua Harrington hatte schon vor mehr als zwei Stunden begonnen. Ihr Vater hielt das zwar für ein gutes Zeichen, doch sie war anderer Meinung.
    »Wann genau war deine Mutter denn verabredet?«
    Charmaine schrak zusammen. »Ich glaube, sie hat fünf Uhr gesagt.«
    »Du glaubst ? Guter Gott, Mädchen, weißt du das denn nicht?«
    »Nein, nicht mit Sicherheit«, erwiderte sie gereizt. Mit stumpfem Blick sah sie ihrem Vater nach, als er ins Schlafzimmer ging.
    Sie musste an sich halten. Im Augenblick brachte sie alles in Wut, was ihr Vater tat. Wenn sich ihre Mutter unter seinen Schimpftiraden duckte, wurde Charmaines Wut nur umso größer. Vermutlich wagte sie diese Art von Widerspruch nur deshalb, weil ihr Vater nie die Hand gegen sie erhob. Was das anging, so war Marie weniger glücklich. Niemand hatte sie gelehrt, die Überlegenheit ihres Mannes anzuzweifeln, und so schwieg sie, um den empfindlichen Frieden nicht zu gefährden.
    Charmaine saß oft in der ärmlichen Küche des schäbigen Häuschens mit nur drei Zimmern, starrte vor sich hin, dachte über die Beziehung zwischen John Ryan und Marie St. Jude nach, und versuchte, die Umstände zu begreifen, die einst zur Ehe ihrer Eltern geführt hatten. Aus dem Vorleben ihrer Mutter wusste sie nur, dass sie einst auf den Stufen der St. Jude Thaddeus Church ausgesetzt worden war, und von ihrem Vater wusste sie noch sehr viel weniger. Er kam oder ging, ganz wie es ihm gefiel, und ließ seine Frau und seine Tochter oft mehrere Tage lang allein. Was Charmaine jedoch gefiel, denn je weniger sie von dem Mann sah, desto besser. Hatte er außer seiner Frau und seiner Tochter womöglich noch eine zweite Familie? Dies war nur eine von vielen unbeantworteten Fragen. Mit Sicherheit wusste Charmaine nur, dass John Ryan ein schlecht erzogener, ungebildeter Trunkenbold war. Er arbeitete nur selten, und wenn er Geld für Alkohol benötigte, trieb er sich im Hafen und in den Docks von Richmond herum und nahm irgendwelche Gelegenheitsarbeiten an.
    Wie hatte ein solcher Taugenichts das Herz ihrer Mutter gewinnen können? Eine weitere unergründete Frage. Eigentlich hatte Marie als Novizin ins Kloster eintreten und das Gelübde ablegen wollen, sich mit Gott und der Heiligen Kirche zu verheiraten. Stattdessen hatte sie mit achtzehn Jahren das Waisenhaus von St. Jude Thaddeus verlassen und einen Mann geheiratet, der angeblich nett zu ihr gewesen war, wie sie behauptete. Aus der Ehe war ein einziges Kind hervorgegangen – eine Tochter, die nach der Großmutter väterlicherseits auf den Namen Haley Charmaine getauft worden war. Die Großmutter hatte Charmaine nie zu Gesicht bekommen, und ihr Vater war weit und breit der Einzige, der sie Haley nannte. Ihre Mutter bevorzugte den Namen Charmaine, weil der Klang dieses Namens sie an eine Zeit und einen Ort gemahnte, ohne dass sie sich genauer daran erinnern konnte.
    »Wir fangen schon einmal ohne sie an.«
    Charmaine zuckte zusammen. Dieser Mann beherrschte das heimliche Anschleichen vollendet. »In Ordnung«, sagte sie und stellte das Essen auf den Tisch. Von dem wenigen Geld, das ihr die alte Jungfer von nebenan zugesteckt hatte, hatte sie ein kleines Stück Schweinefleisch besorgt, um heute Abend den Erfolg ihrer Mutter zu feiern.
    »Ich hoffe nur, dass dieser Harrington auch ein Auge für eine tüchtige Arbeitskraft hat«, bemerkte John Ryan und setzte sich auf den Stuhl am Kopf der Tafel. Charmaine schwieg, während ihr Vater das Holzbrett zu sich heranzog und die Fettkruste von dem dampfenden Braten abschnitt. Anschließend suchte er sich seine Scheiben aus und legte die restlichen Stücke auf Charmaines Teller. »Deine Mutter kann hart arbeiten«, fuhr er fort. »Wenn sie sich richtig Mühe gibt, kann keiner mit ihr mithalten. Ich möchte dem Kerl raten, das genauso zu sehen.«
    »Ja, Sir«, entgegnete Charmaine widerwillig. Es war abstoßend,
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