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Im Schloss der schlafenden Vampire

Im Schloss der schlafenden Vampire

Titel: Im Schloss der schlafenden Vampire
Autoren: Stefan Wolf
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Liebste!“,
säuselte Steffen Küntler. „Ich möchte mich entschuldigen für vorhin! Ich war
unmöglich. Ich schäme mich. Und ich muss unbedingt noch mal mit dir reden — und
dir dabei in die Augen sehen. Bitte, sag nicht nein! Denn ich bin schon auf dem
Wege zu dir. In zwei Minuten bin ich am Schloss.“

21. Zwei
saftige Ohrfeigen
     
    Karl torkelte, Tim war schon
zweimal sehr geschickt auf die Straße gefallen. Klößchen, der selbst kaum
stehen konnte, musste ihn hochziehen. Tims dicker Freund lallte. Karl sang sehr
falsch ein Gute-Nacht-Lied und Tim brabbelte laut, es gäbe nichts Schöneres als
deutsches Bier.
    „Außerdem...“, verkündete er,
„sehen wir uns jetzt das... Sch... Sch... Schloss an. Nachts ham wir’s ganz für
uns.“
    Wer sie sah, konnte nur den
Kopf schütteln über die Verkommenheit der heutigen Jugend; aber der Erpresser —
falls er auf Beobachtungsposten war — würde sie als harmlos einstufen.
    Ihr Theater änderte sich, kaum
dass sie das Wäldchen erreicht hatten und unter den Bäumen waren.
    Keine Laterne, Dunkelheit — wer
wollte sie hier ausmachen. Augenblicklich fiel die Bezechtheit von ihnen ab.
Auf Turnschuhsohlen folgten sie Pritsche, der erheblichen Vorsprung hatte,
immer noch die Tasche trug und jetzt in den Lichtkreis einer der wenigen
Laternen kam. Pritsche schlurfte eilig. Einmal sah er sich um. Aber die Jungs
waren eins mit der Dunkelheit.

    Plötzlich stockte Tims Schritt.
    „Heh, Freunde!“, meinte er
leise. „Seht mal dort in den Waldweg. Das ist der Alfa Romeo von vorhin. Wieso
parkt der hier und nicht beim Schloss?“
    „Also kein Besucher von Vogt“,
überlegte Karl.
    „Vielleicht der Erpresser“,
sagte Klößchen. „Dann wäre er allerdings kein Profi, wenn er sich so auffällig
benimmt.“
    Tim war neben den Wagen
getreten und sah hinein. Aber das Laternenlicht reichte nicht bis hierher. Tim
konnte nur feststellen, dass niemand drin war. Die Türen waren verriegelt, der
Kofferraum ebenso.
    Sie beratschlagten. Einer
sollte hier bleiben und sich im Gebüsch verstecken, falls bei Pritsche was
schief lief. Die Wahl fiel auf Klößchen. Er zwängte sich unter die Zweige einer
Schwarzerle und war damit außer Sicht.
    Tim und Karl joggten weiter und
atmeten auf, als sie Pritsche sahen, der die Geldtasche immer noch bei sich
hatte.
    Jetzt erreichte er das Ende der
Zubringerstraße.
    Tim und Karl hatten etwa 100
Meter Abstand und hielten sich unter den Bäumen, falls sich der Geldbote umsah.
Sicherlich hätten ihn die beiden Verfolger verunsichert und man weiß ja nie,
wie ein nervöser Schlurf dieser Bauart reagiert. In diesem Moment blieb er
stehen. Es war an einer dunklen Stelle. Aber Tim sah ihn als Scherenschnitt vor
einem hellen Hintergrund — nämlich vor dem von Laternen erleuchteten Vorplatz des
Schlosses.
    Wieder äugte Pritsche
argwöhnisch nach allen Seiten. Dann rannte er nach links in einen der
blockierten Wege, der — wie Tim nachmittags gesehen hatte — schon nach wenigen
Metern zu einem alten und total verfallenen Steinbrunnen führte. Dort plätscherte
kein Wasser. Der Brunnen war angefüllt mit abgetrennten Zweigen, Moos und Laub
aus dem Vorjahr.
    „Er hat keinen Anruf erhalten“,
sagte Tim leise. „Aber er verhält sich wie ein Dieb. Traust du dem zu, dass er
der Täter ist — diese Tüte kalte Luft? Wenn er jetzt... Heh, da ist er ja
schon.“
    Nur kurze Zeit war vergangen.
Weiter als bis zum Brunnen konnte Pritsche nicht gekommen sein. Jetzt tauchte
er wieder auf der Straße auf, hatte aber nur noch das Handy. Die Tasche war
weg.
    „Na, also!“ Tim konnte es kaum
fassen. „Er hat das Lösegeld versteckt. Und damit fällt’s mir wie Schuppen von
den Augen.“
    „Mir auch“, flüsterte Karl.
„Pritsche hat bei Heymwacht mitgekriegt — vermutlich mit langem Lauschohr — was
Schreckliches gelaufen ist und hat sich reingehängt als Trittbrettfahrer.“
    „Deshalb kam er Heymwacht am
Telefon so bekannt vor“, nickte Tim. „Achtung, er kommt zurück! Karl, ruf doch
den Lützen schon mal an, damit bei Heymwacht vorerst Entwarnung ist. Denn der
echte Erpresser ist jetzt und hier bestimmt nicht in der Nähe.“
    Karl telefonierte leise.
    Tim erwartete Pritsche.
    Dessen Zigarette glühte in der
Dunkelheit. Als er die beiden sah und hörte, ging er langsamer. Aber Tim war
schon grätschbeinig vor ihm.
    „Na, Pritsche, du Armleuchter!
Wir haben alles beobachtet. Hast das Geld im Brunnen versteckt, wie? Keine
Ausflüchte, sonst
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