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Im Schloss der schlafenden Vampire

Im Schloss der schlafenden Vampire

Titel: Im Schloss der schlafenden Vampire
Autoren: Stefan Wolf
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das
passieren? Hatte Edmund die Mädchen freigelassen? Nein! Sein Bruder billigte
zwar diese ganze Sache nicht, aber so dolchstoßartig fiel er ihm nicht in den
Rücken.
    Konrad war im Marstall-Keller
gewesen, einerseits um die Mädchen mit Butterbroten und Keksen zu füttern, andererseits
um Tina eine Tablette von ihrer Arznei zu verabreichen. Er war die Treppe
hinuntergestiegen und hatte mit harscher Stimme befehlen wollen, dass sie sich
die Augen verbinden. Aber dann sah er die geöffnete Tür und der Kerker war
leer.
    Wo waren die Mädchen? Wie
hatten sie sich befreit? Allein oder mit fremder Hilfe? Waren sie schon zu
Hause? Oder noch in der Nähe? Was tun?
    Panik! Ihm fiel nichts ein.
Sein Gehirn war wie gelähmt, aber zum Glück gehorchten die Beine. Er jagte
hinüber zum Schloss. Hinein durch einen der Nebeneingänge und hin zu der
rückseitigen Parterre-Wohnung, wo sein Bruder Edmund — der Schlossverwalter —
vor der Glotze saß bei einem öden Serienkrimi mit den immer gleichen
langweiligen Gesichtern.
    Edmund erschrak gewaltig, als
sein Bruder hereinplatzte. Um ein Haar — und der Schlossverwalter hätte sich an
einer Hand voll Salzmandeln verschluckt.
    „Mann, was ist los?! Verfolgen
sie dich?“
    „Die Mädchen... die Mädchen...
sind weg.“
    „Was?“
    Dem Schlossverwalter rutschten
Mandelstücke aus dem Mund.
    Konrad riss sich zusammen, fiel
in einen Sessel, japste und berichtete dann. Danach herrschte für drei Sekunden
eine fast tödliche Stille.
    „Der Wagen muss weg“, sagte
Edmund. „Sofort. Bevor die Polizei kommt. Der Wagen wäre der absolute Beweis.
Ohne den SXX kann man meinen, die kleinen Biester würden irre reden, wirres
Zeug plappern — was ja verständlich wäre nach diesem schrecklichen Erlebnis.
Ist von den Gören irgendwas im Keller? Liegt da was rum?“
    „Nein. Nichts. Sie hatten
nichts bei sich.“
    „Dann los! Worauf wartest du!
Fahr leise den Wagen raus und rasch zum Dorf. Klar? Stell ihn irgendwo ab. Am
besten bei Heymwacht vor die Tür. Da kommst du ja vorbei. Aber sieh zu, dass du
türmst, bevor der auftaucht. Viel passieren kann dir nicht. Wer soll dich
identifizieren? Hast ja den Gören die Augen verbunden. Und ich weiß von gar
nichts. Außerdem war ich nachweislich hier, als du die Karre geklaut hast. Da
hatte ich nämlich Zoff mit der Fledermaus-Julia. Ein Klasse-Alibi im
Nachhinein.“
    „Und wohin soll ich dann, wo
mich verstecken?“
    „Überleg dir was. Aber komm
nicht hierher zurück.“

20. Verfolgt
vom Gespenst
     
    „Eine erstaunliche Erfahrung“,
sagte Gaby. „So ein Schloss kann wohnlich sein — geradezu gemütlich wie eine
Drei-Zimmer-Wohnung. Jedenfalls — hier bei dir, Julia, spürt man gar nicht,
dass wir umgeben sind von 80 leer stehenden, unbewohnten Räumen, von Zimmern,
Gelassen und Sälen.“ Julia lachte. „Immerhin hat auch der Schlossverwalter
seine Wohnung unterm selben Dach. Aber die ist so weit weg — der würde nichts
hören, wenn wir um Hilfe rufen.“ Julia saß am Schreibtisch und schrieb an ihrer
Diplomarbeit. Gaby hatte sich nacktfüßig im Schneidersitz auf der Couch
niedergelassen, lutschte Joghurt-Bonbons und machte sich Fledermaus-Notizen. Julia
hatte ihr erklärt, wie wichtig es ist, Fledermaus-Quartiere zu erhalten und zu
schützen und was man dabei beachten muss.
    „Weshalb sollten wir um Hilfe
rufen?“, fragte Tims Freundin. „Hier sind wir doch sicher wie... wie in einem
Schloss, hihih!“
    Julia zog eine Grimasse. „Du
vergisst den Mönch, den spukenden Mönch. Während der Sommermonate war er
offensichtlich verreist. Vielleicht hat er eine Kreuzfahrt gemacht oder er hat
Kollegen in spanischen Schlössern besucht. Aber irgendwann wird er zurückkommen
und sich dann hier des Nachts die Füße vertreten.“
    „Was sagt denn der
Schlossverwalter zu dem Thema?“
    „Über etwas so Interessantes
unterhalte ich mich mit dem nicht. Außerdem...“
    Sie hielt inne. Auch Gaby hob
lauschend den Kopf.
    „Was war das?“ Unwillkürlich flüsterte
Julia.
    „Weiß nicht. Klang wie ein...
Stöhnen. Wahrscheinlich hat nur irgendwo ein Balken geknarrt.“
    „Das...“
    Jetzt hörten es beide: ein
Stöhnen — ein schauriges Stöhnen. Der qualvolle Laut aus einer rauen Kehle,
unwirklich und geisterhaft. Ein lang gezogenes Uuuuuuaaaaaahhhhh! Es schien aus
den Mauern zu kommen — nein, es war vorn auf dem Flur. Und in diesem Moment
stampften schwere Füße auf den alten Dielen. Bumm... bumm... bumm... bumm...
Noch ein
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