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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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aufeinander und atmete geräuschvoll ein. »Nach Tantanoola wirst du jedenfalls nicht fahren. Das ist mein letztes Wort. Mount Gambier ist viel größer als Tantanoola. Wenn es dir nicht gelingt, hier etwas zu finden, über das zu schreiben sich lohnt, bist du vielleicht nicht gut genug in deinem Beruf.« Sie konnte sehen, dass sie ihre Tochter mit diesen Worten verletzt hatte, aber das kümmerte sie nicht. Für Henrietta stand zu viel auf dem Spiel.
    Eliza hätte weinen können vor hilfloser Enttäuschung und ballte zornig die Fäuste. In diesem Moment sah sie ihren Vater in den Hof reiten. Er war mit King Solomon, seinem preisgekrönten Hengst, in der Gegend von Dartmoor gewesen und hätte eigentlich erst am Abend zurückkommen sollen. Elizas Miene hellte sich auf. Ihr Vater kam ihr wie gerufen. Sie eilte nach draußen und lief zu den Ställen, wo er den Hengst abzäumte.
    »Hallo, Dad«, begrüßte sie ihn mit zuckersüßer Stimme. »W ie war ’ s? Hattest du einen schönen Tag mit King?«
    Richard Dickens lachte. »Hallo, mein Schatz. Ja, es war wunderbar. Er liebt diese langen Ausritte, das weißt du ja. Außerdem ist er mit ein paar Stuten zusammengekommen, die in einigen Wochen hierher gebracht werden sollen, damit er sie decken kann. Das gibt bestimmt ein paar prächtige Fohlen. Aber sag mal, wieso bist du eigentlich schon zu Hause?« Er sah seine Tochter fragend an. »Gibt es in der Redaktion nichts für dich zu tun? Musst du keine Artikel schreiben?«
    Elizas Miene verdüsterte sich, als sie wieder an den Tiger von Tantanoola dachte. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als über ihn berichten zu dürfen. »Es gibt da etwas, über das ich sehr gern schreiben würde, eine packende Geschichte, aber Mom verbietet es mir.« Die angestaute Enttäuschung brach sich Bahn, und ihr kamen die Tränen. Ihrem Vater gegenüber schämte sie sich ihrer Gefühle nicht, weil es Richard nie in den Sinn käme, sie zu verurteilen.
    »Na, na, Liebes, wer wird denn gleich weinen.« Begütigend legte er seinen Arm um sie. »W as ist denn passiert?«
    Eliza vertraute sich ihm an und fügte hinzu: »Ich glaube, Mom will mich nicht nach Tantanoola gehen lassen, weil Tante Matilda dort wohnt. Aber das ist nicht fair!«
    Schon bei Elizas ersten Worten war Richard zusammengezuckt. Er hatte lange Zeit nicht mehr an die Schwester seiner Frau und an die Vergangenheit gedacht, doch ihm war sofort klar, weshalb Henrietta nicht wollte, dass ihre Tochter nach Tantanoola ging. Ein trauriger Ausdruck erschien in Richards Augen, doch Eliza bemerkte es nicht. »Komm, wir reden noch einmal mit ihr«, sagte er. »Ich bin sicher, wir werden eine Lösung finden.«
    Als Henrietta ihren Mann und ihre Tochter Arm in Arm in Richtung Haus schlendern sah, konnte sie sich schon denken, was die beiden beredet hatten. Sie straffte sich und bereitete sich auf die bevorstehende Konfrontation vor. Richard ergriff bei jeder Auseinandersetzung Partei für Eliza, und das machte Henrietta wütend. Sie wusste genau, warum er immer zu ihrer Tochter hielt: Sie erinnerte ihn an Matilda.
    Richard gab seiner Frau zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange und setzte sich dann in einen der bequemen Sessel ihres behaglich eingerichteten Wohnzimmers.
    »W ie war die Reise?«, erkundigte Henrietta sich förmlich, als sie ihrem Mann Tee einschenkte. Weder sie noch Richard fand diese Reserviertheit seltsam; ihre Beziehung war von Anfang an nicht allzu herzlich gewesen.
    »Gut. King Solomon wird nächstes Jahr prachtvollen Nachwuchs bekommen, denke ich.« Richard nippte am Tee und ließ den Blick zwischen Frau und Tochter hin und her schweifen. Die Spannungen zwischen beiden entgingen ihm nicht. »Eliza hat mir erzählt, dass ihr ein interessanter Auftrag angeboten wurde. Sie soll über den Tiger von Tantanoola berichten«, fuhr er fort. Sein Tonfall verriet, dass er von dieser Idee sehr angetan war.
    »Stimmt, aber ich habe ihr gesagt, dass sie sich das aus dem Kopf schlagen kann«, erwiderte Henrietta mit finsterer Miene.
    »W arum? Sie ist doch jetzt alt genug, dass sie ein paar Tage allein auswärts verbringen kann.« Obwohl der Name Matilda nicht fiel, wussten beide genau, dass sie der wahre Grund für Henriettas Widerstand war.
    »Das ist viel zu gefährlich.« Henrietta knetete nervös die Hände. Sie konnte ihre Gefühle nur mühsam unterdrücken.
    »Der Tiger ist seit Jahren angeblich immer wieder in der Gegend gesehen worden, aber es kam nie zu einem ernsthaften
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