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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten
Autoren: Jim Butcher
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während er spürte, wie seine Sorge wuchs. »Das war mir gar nicht aufgefallen.«
    »Da bist du nicht der Einzige. Wahrscheinlich verfügt niemand über ausreichende Kenntnisse, um das wahre Ausmaß des Problems zu erfassen«, meinte Gaius. Wieder fuhr er mit der Hand über die Mosaikkacheln, und das geisterhafte Bild der Karte verschwand. »Und so muss es auch bleiben. Das Reich befindet sich
in einer äußerst prekären Lage, Miles. Eine überhastete Reaktion und ein einziger falscher Schritt könnten zur Spaltung zwischen den Städten führen, und damit wäre Alera der Zerstörung durch die Canim oder die Eismenschen ausgeliefert.«
    »Oder durch die Marat«, fügte Miles hinzu und bemühte sich nicht, die Verbitterung in seiner Stimme zu verbergen.
     
    »In dieser Hinsicht mache ich mir keine so großen Sorgen. Der neue Graf von Calderon hat es geschafft, freundschaftliche Beziehungen zu einigen der Hauptstämme aufzunehmen.«
    Miles nickte und sparte von nun an das Thema Marat aus. »Es ist wirklich sehr viel, um das du dich kümmern musst.«
    »Um das alles und noch mehr«, bestätigte Gaius. »Dazu kommen die Belastungen von Seiten des Senates, der Dianischen Liga, des Sklavenhändlerbundes und des Handelskonsortiums. Manche betrachten es als Zeichen meiner wachsenden Machtlosigkeit, dass ich die Kronlegion reaktiviert habe, sogar als Hinweis auf mögliche Altersschwäche.« Er holte tief Luft. »Das ganze Reich befürchtet mittlerweile, ich hätte vielleicht meinen letzten Winter erlebt und trotzdem noch keinen Nachfolger ernannt - derweil sind Hohe Fürsten wie Aquitanius bereit, falls nötig durch ein Meer aus Blut zum Thron zu waten.«
    Miles dachte schweigend einen Augenblick lang über das Gehörte nach. »Verflucht.«
     
    »Hm«, meinte Gaius. »Wie gesagt, eins nach dem anderen.« Plötzlich wirkte er sehr alt und sehr müde. Der Erste Fürst schloss die Augen, fasste sich wieder und straffte die erschöpften Schultern. Auch seine Stimme klang schließlich wieder gewohnt schroff und sachlich. »Ich muss diesen Sturm noch ein paar Stunden im Auge behalten. Wenn ich kann, lege ich mich danach schlafen. Aber ich habe wenig Zeit.«
    Der Soldat verneigte sich. »Ich habe vorlaut gesprochen, mein Fürst.«

    »Immerhin ehrlich. Deswegen sollte ich keinen Groll gegen dich hegen. Entschuldige bitte, Miles.«
    »Keine Ursache.«
    Gaius seufzte. »Kannst du etwas für mich erledigen, Hauptmann?«
    »Gewiss.«
    »Verdoppele die Wache der Zitadelle für die Dauer des Festes. Ich habe zwar keinen handfesten Beweis für einen bevorstehenden Anschlag, aber es ist wohl nicht unvernünftig, davon auszugehen, dass mancher seine Politik mit dem Dolch fortführen möchte. Besonders, seit Fidelias uns verlassen hat.« Bei diesen Worten verdüsterte sich die Miene des Ersten Fürsten wieder, und Miles zuckte vor Mitgefühl zusammen. »Er kennt die meisten Gänge in der Zitadelle und in den Tiefen.«
    Miles blickte Gaius Sextus in die Augen. »Ich kümmere mich darum.«
    Gaius nickte und ließ den Arm sinken. Miles betrachtete dies als Aufforderung zu gehen und trat auf die Tür zu. Dort blieb er stehen und schaute über die Schulter zurück. »Ruh dich aus. Und denk darüber nach, was ich über einen Erben gesagt habe, Sextus. Bitte. Wenn die Nachfolge eindeutig geregelt wäre, hätten wir vielleicht einige Sorgen weniger.«
    Gaius nickte erneut. »Ich werde mich darum bemühen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    Miles verneigte sich tief vor Gaius, wandte sich um und öffnete die Tür. Ein lautes, sägeartiges Geräusch erklang von draußen, und Miles meinte: »Dein Page schnarcht sehr laut.«
    »Beurteile ihn nicht zu streng«, erwiderte Gaius. »Er sollte eigentlich Schafhirte werden.«

1
    Tavi spähte um die Ecke des Schlaftraktes im Haupthof der Akademie und sagte zu dem jungen Mann neben sich: »Du hast schon wieder diesen Ausdruck im Gesicht.«
    Ehren Patronus Vilius, kaum fünf Fuß groß und relativ mager, mit heller Haut und dunklen Augen, spielte am Saum seiner grauen Akademrobe herum. »Was für einen Ausdruck?«
    Tavi zog sich von der Ecke zurück und zupfte selbst vergeblich an seiner Schulkleidung. Gleichgültig, wie oft er sein Gewand anpassen ließ, sein Körper behielt stets einen Vorsprung vor der Näherin. Die Robe war an Schultern und Brust zu eng, und die Ärmel reichten nie bis zum Handgelenk. »Na, du weißt schon, Ehren. Den du aufsetzt, wenn du jemandem einen Rat erteilen
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