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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten
Autoren: Jim Butcher
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»Genug.« Die Muster lösten sich auf, und die Fliesen nahmen wieder ihre gewohnte trübe Farbe an. Gaius ließ sich
seufzend auf einen Stuhl an der Wand sinken. »So spät noch auf, Hauptmann?«
    Miles erhob sich. »Ich war zufällig in der Zitadelle und wollte dir meine Aufwartung machen, mein Fürst.«
    Gaius zog die angegrauten Augenbrauen hoch. »Deshalb bist du fünfhundert Stufen heruntergestiegen?«
    »Ich habe sie nicht gezählt, mein Fürst.«
    »Und wenn ich mich nicht irre, sollst du im Morgengrauen die neue Legionskommandantur inspizieren. Viel Schlaf wirst du nicht mehr finden.«
    »Richtig. So wenig wie du, Herr.«
    »Ach«, sagte Gaius. Er nahm ein Glas Wein vom Tisch neben dem Stuhl. »Miles, du bist ein Soldat, kein Diplomat. Sprich aus, was dir auf der Seele brennt.«
    Miles seufzte und nickte. »Danke. Du bekommst nicht genug Schlaf, Sextus. Bei der Eröffnungszeremonie zum Winterend-Fest wirst du aussehen wie Gargantenscheiße. Du musst ins Bett.«
    Der Erste Fürst winkte ab. »Bald. Ganz bestimmt.«
    »Nein, Sextus. Du brauchst gar nicht abzuwinken. Seit drei Wochen bist du nun schon jede Nacht hier unten, und das sieht man dir an. Was dir fehlt, ist ein warmes Bett, eine sanfte Frau und viel Ruhe.«
    »Unglücklicherweise wird mir alles drei versagt bleiben.«
    »Verflucht«, erwiderte Miles. Er verschränkte die Arme. »Du bist der Erste Fürst von Alera und kannst alles haben, was du willst.«
    In Gaius’ Augen flackerte Überraschung. Und Zorn. »Mein Bett wird wohl nicht warm werden, solange Caria darin liegt, Miles. Du weißt, wie es zwischen uns steht.«
    »Was hast du erwartet? Du hast ein Kind geheiratet, Sextus. Sie hat geglaubt, sich Hals über Kopf in eine Romanze zu stürzen, und stattdessen ist sie bei einer vertrockneten alten Spinne von einem Politiker gelandet.«
    Gaius presste die Lippen aufeinander, und der Zorn in seinen
Augen vertiefte sich. Der Steinboden kräuselte sich und ließ den Tisch klappern. »Du wagst es, so mit mir zu reden, Hauptmann?«
    »Du hast es mir befohlen, Herr. Aber ehe du mich wegtreten lässt, denk noch einmal drüber nach. Wenn ich falsch läge, würdest du dich nicht so über meine Worte ärgern, oder? Und wenn du nicht so müde wärest, hättest du dir deine Wut auch nicht anmerken lassen, nicht wahr?«
    Der Boden beruhigte sich, und Gaius wirkte nun noch erschöpfter, wenn auch weniger aufgebracht. Miles war ein wenig enttäuscht. Früher hätte sich der Erste Fürst nicht so rasch von der Müdigkeit besiegen lassen.
    Gaius trank einen Schluck Wein. »Was soll ich denn tun, Miles? Sag schon.«
    »Ins Bett gehen«, antwortete Miles. »Mit einer Frau. Schlafen. Das Fest beginnt in vier Tagen.«
    »Caria lässt nie ihre Tür für mich offen.«
    »Such dir eine Konkubine«, schlug Miles vor. »Verdammt, Sextus, du brauchst ein wenig Zerstreuung, und das Reich braucht einen Erben.«
    Der Erste Fürst verzog das Gesicht. »Nein. Mag sein, dass ich Caria schlecht behandelt habe, aber ich werde sie nicht auch noch der Schande aussetzen, dass ich mir eine Geliebte nehme.«
    »Dann gib Aphrodin in ihren Wein, und behandle sie einmal wie eine Frau, Mann.«
    »Diese romantische Ader kannte ich noch gar nicht an dir, Miles.«
    Der Soldat schnaubte. »Du bist so angespannt, dass die Luft knistert, wenn du dich bewegst. Das Feuer lodert zu doppelter Größe auf, wenn du durch den Raum gehst. Jeder Elementar in der Hauptstadt spürt es; gewiss sollte den Hohen Fürsten, wenn sie zum Winterend-Fest anreisen, dein Kummer verborgen bleiben, oder?«
    Gaius runzelte die Stirn. Er starrte einen Augenblick lang in seinen Wein, ehe er erwiderte: »Ich werde wieder von Träumen heimgesucht, Miles.«

    Die Sorge traf Miles wie ein Schlag, dennoch bemühte er sich, sich nichts anmerken zu lassen. »Träume! Du bist doch kein Kind mehr, das sich vor einem Traum fürchtet, Sextus.«
    »Es sind keine gewöhnlichen Albträume. An Winterend droht uns das Verhängnis.«
    Miles versuchte, spöttisch zu klingen. »Bist du jetzt ein Wahrsager, mein Fürst, der den Tod voraussieht?«
    »Nicht unbedingt den Tod«, sagte Gaius. »Ich verwende das alte Wort. Verhängnis. Schicksal. Verderben. Unser Schicksal ereilt uns an Winterend, und ich kann nicht sehen, was darauf folgt.«
    »Es gibt kein Schicksal«, widersprach Miles. »Die Träume hattest du vor zwei Jahren auch schon mal, und damals hat keine Katastrophe das Reich vernichtet.«
    »Weil ein eigensinniger kleiner Hirte und ein
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