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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten
Autoren: Jim Butcher
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die Hand ihres Vaters. »Ich wollte ein Pferd.«
    Doroga lachte laut. »Deine Mutter wollte einen Löwen. Sie hat einen Fuchs bekommen und es nie bedauert.«
    »Ich will, dass dieses Wesen verschwindet.«
    Doroga ließ die Hand sinken. Er drehte sich zu Wanderer um, den Arm weiterhin um Kitai gelegt. »Wird es aber nicht. Du solltest beobachten .«
    »Ich will nicht.«
    »So ist es Sitte bei unserem Volk«, erwiderte Doroga.
    »Ich will nicht.«
    »Sturer Welpe. Du bleibst hier, bis du ein bisschen zu Verstand gekommen bist.«
    »Ich bin kein Welpe, Vater.«
    »Du benimmst dich wie einer. Bleib bei den Sabot-ha .« Sie erreichten Wanderer, wo Doroga Kitai ohne Mühe fast bis zum oberen Ende des Sattelseils hob.
    Kitai kletterte auf den breiten Rücken des Garganten. »Aber, Vater …«
    »Nein, Kitai.« Er stieg ebenfalls auf und schnalzte mit der
Zunge. Das riesige Tier erhob sich gemächlich und wendete. Während es sich in Gang setzte, fügte Doroga hinzu: »Ich verbiete es dir, und damit Schluss.«
    Kitai ritt schweigend hinter ihrem Vater, blickte sich jedoch nach Westen um und hielt das besorgte Gesicht in den Wind.
     
    Wieder einmal setzte Miles die alte Wunde zu, als er die lange Wendeltreppe in die Tiefen der Erde unter dem Palast des Ersten Fürsten hinabstieg, aber er achtete nicht darauf. Das beharrliche Stechen in seinem linken Knie bereitete ihm kaum mehr Sorge als die müden Füße oder der Muskelschmerz in Schultern und Armen nach einem anstrengenden Tag auf dem Drillplatz. Seinem Gesicht, hart und glatt wie der Stahl seines Schwertes am Gürtel, war davon jedenfalls nichts anzumerken.
    Denn diese Beschwerden beunruhigten ihn wenig, jedenfalls im Vergleich zu dem Gespräch, das er gleich mit dem mächtigsten Mann der Welt würde führen müssen.
    Miles erreichte den Vorraum am Ende der Treppe und betrachtete sein verzerrtes Spiegelbild in einem polierten Schild an der Wand. Er zupfte seinen Umhang zurecht - rot-blau, die Farben der fürstlichen Wache - und strich sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar.
    Neben der geschlossenen Tür saß ein schlaksiger Junge auf der Bank, der erst kürzlich kräftig gewachsen sein musste, da Hosenbeine und Ärmel viel zu kurz waren und Knöchel und Unterarme freigaben. Das wuschelige dunkle Haar fiel ihm ins Gesicht, auf dem Schoß hielt er ein offenes Buch. Mit einem Finger zeigte er noch auf die Zeile, die er zuletzt gelesen hatte, obwohl er längst eingeschlafen war.
    Miles blieb stehen und murmelte: »Akadem.«
    Der Junge zuckte im Schlaf zusammen, das Buch rutschte vom Schoß und fiel zu Boden. Er richtete sich auf, blinzelte und stammelte: »Ja, Herr. Was, äh … Herr?«
    Miles legte ihm eine Hand auf die Schulter, ehe der junge
Mann aufstehen konnte. »Immer mit der Ruhe. Bald sind Prüfungen, wie?«
    Errötend senkte der Junge den Kopf und hob das Buch auf. »Ja, Ritter Miles. Da bleibt mir nicht viel Gelegenheit zum Schlafen.«
    »An die Zeit kann ich mich auch noch erinnern«, sagte der Ritter. »Ist er drin?«
    Der Junge nickte. »Soweit ich weiß, Ritter. Soll ich hineingehen und dich anmelden?«
    »Bitte.«
    Der Akadem erhob sich, strich seine zerknitterte graue Tunika glatt und verneigte sich. Anschließend klopfte er leise an die Tür und öffnete sie.
    »Mein Fürst?«, sagte er. »Ritter Miles wünscht dich zu sehen.«
    Es folgte eine lange Pause, dann antwortete eine sanfte Männerstimme: »Danke, Akadem. Schick ihn herein.«
    Miles betrat den Meditationsraum des Ersten Fürsten, und der Junge schloss die schalldichte Tür hinter ihm. Miles ging auf ein Knie nieder, senkte den Kopf und wartete, bis er begrüßt wurde.
    Gaius Sextus, Erster Fürst von Alera, stand in der Mitte des Raums auf dem Fliesenboden. An dem großen Mann fielen als Erstes das ernste Gesicht und die müden Augen auf. Zwar sah er aufgrund seiner Wasserkräfte aus, als habe er gerade erst das vierzigste Jahr überschritten, dennoch wusste Miles, dass er doppelt so alt war. Sein einst dunkles, glänzendes Haar war im letzten Jahr noch grauer geworden.
    Auf den Fliesen unter Gaius wirbelten Farben, die ständig wechselten, Muster bildeten, wieder verschwanden und sich immerfort veränderten. Miles erkannte einen Teil der Südküste von Alera in der Gegend von Parcia, die kurz zu sehen war, ehe sie sich in eine Gebirgswildnis verwandelte, die nur im fernen Norden nahe der Schildmauer liegen konnte.
    Gaius schüttelte den Kopf, fuhr mit der Hand durch die Luft und murmelte:
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