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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie
Autoren: Christian Jacq
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Meldungen abzufassen, die allein Ramses zur Kenntnis gelangten.
    Der Pharao hatte beschlossen, für mehrere Monate in Theben zu weilen, und so war Ameni samt seinen Gehilfen mit umgezogen. Obwohl er auch den Titel »Sandalenträger des Königs« führte, machte sich der Oberschreiber nichts aus derlei Würden und Ehren. Getreu dem Vorbild des Herrschers, galt sein Sinnen und Trachten allein dem Wohl des Landes.
    Deshalb gönnte er sich keine Ruhepausen und litt ständig unter der Angst, ihm könnte ein verhängnisvoller Fehler unterlaufen.
    Ameni tat sich gerade an Gerstensuppe und frischem Käse gütlich, als Ramses seine mit Schriftstücken überhäufte Amtsstube betrat.
    21

    »Hast du dein Mahl beendet?«
    »Das ist nicht so wichtig, Majestät. Daß du dich hierherbemühst, verheißt nichts Gutes.«
    »Deine letzten Berichte schienen aber eher beruhigend zu sein.«
    »‹Schienen› … Weshalb diese Einschränkung? Du glaubst doch wohl nicht, daß ich dir auch nur die kleinste Kleinigkeit verhehle!«
    Mit zunehmendem Alter wurde Ameni immer reizbarer. Er ertrug Kritik nur mit Mühe, beklagte sich über die Umstände, unter denen er arbeiten mußte, und fuhr bedenkenlos jedem über den Mund, der ihm gute Ratschläge erteilen wollte.
    »Nein, ich glaube nichts dergleichen«, entgegnete Ramses gelassen, »ich versuche nur, etwas zu begreifen.«
    »Was?«
    »Gibt es keinen Bereich, der dir Kummer bereitet?«
    Ameni dachte laut nach.
    »Um die Bewässerung ist es aufs beste bestellt, ebenso um die Instandhaltung der Dämme … Die Vorsteher der Provinzen befolgen ihre Anweisungen und lassen keinerlei Wunsch nach übertriebener Unabhängigkeit erkennen … Die Felder und Haine werden gut verwaltet, die Bevölkerung kann sich satt essen und ist angemessen behaust, die Vorbereitung der Feste läßt nichts zu wünschen übrig, die Zünfte der Baumeister, Steinschleifer, Bildhauer und Maler sind im ganzen Land emsig an der Arbeit … Nein, ich sehe wirklich keinen Grund, mir Sorgen zu machen.«
    Eigentlich hätte Ramses zuversichtlich sein können, denn niemand nahm Schwächen in der Verwaltung und in den wirtschaftlichen Belangen des Landes so unfehlbar wahr wie Ameni, dennoch sah der König beunruhigt aus.
    »Majestät, verheimlichst du mir vielleicht eine wichtige 22

    Nachricht?«
    »Du weißt genau, daß ich dazu nicht imstande bin.«
    »Was bedrückt dich dann?«
    »Der hethitische Gesandte hat Ägypten viel zu sehr geschmeichelt.«
    »Ach was, diese Leute verstehen sich doch nur aufs Kriegführen und aufs Lügen.«
    »Ich spüre Unheil heraufziehen, das sich innerhalb Ägyptens zusammenbraut wie ein Unwetter mit verheerendem Hagelschlag.«
    Ameni nahm die Eingebungen des Herrschers ernst. Gleich seinem Vater Sethos unterhielt er besondere Beziehungen zu dem furchterregenden Gott Seth, der über die Unbilden des Himmels gebot, über Blitz und Donner, der aber auch die Sonnenbarke vor den Ungeheuern beschützte, die sie zu zerstören suchten.
    »Innerhalb Ägyptens …«, wiederholte der Schreiber besorgt.
    »Was bedeutet diese Vorahnung?«
    »Wäre Nefertari noch unter uns, könnte sie uns mit ihrer Gabe der Seherin die Zukunft enthüllen.«
    Ameni rollte einen Papyrus zusammen und ordnete seine Schreibbinsen, lächerliche Gebärden, ohnmächtig gegen die Trauer, die seine wie Ramses’ Seele beschlich. Nefertari war der Inbegriff von Schönheit, Klugheit und Anmut gewesen, das friedvolle Lächeln Äyptens. Wann immer der Oberste Schreiber das Glück gehabt hatte, sie zu sehen, hatte er beinahe seine Arbeit vergessen. Iset die Schöne schätzte er hingegen nicht sehr. Sicher war es richtig gewesen, daß Ramses sie zur Großen Königsgemahlin erhoben hatte, obgleich die damit verbundenen Aufgaben eine zu schwere Bürde für die Schultern dieser Frau darstellten, die den wahren Erfordernissen der Macht so fern stand. Aber wenigstens liebte 23

    sie Ramses, und das machte manche ihrer Unzulänglichkeiten wieder wett.
    »Majestät, kannst du mir irgendeinen Hinweis geben, woher diese Gefahr drohen sollte?«
    »Leider nicht.«
    »Dann gilt es also, doppelt wachsam zu sein.«
    »Mir behagt es nicht, Schläge einfach nur abzuwarten.«
    »Ich weiß, ich weiß«, brummte Ameni. »Und da wollte ich mir gerade einen Tag freinehmen, das werde ich wohl besser verschieben.«

    Überwiegend weiß, ein wenig Rot auf dem Rücken, mit ins Grüne spielenden Seiten, abgeflachtem Kopf und dickem Schwanz, wand sich eine mehr als zwei
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