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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Autoren: Hans Bankl
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Videoaufzeichnungen mit Zeitangaben,
lässt sich nur ein Schätzwert angeben. Horrende Fehler sind dabei schon gemacht worden.
    Überdies ist zwischen Tatzeit, Sterbezeit und Auffindungszeit zu unterscheiden.
     
    Für die kriminalistische Untersuchung einer Gewalttat mit Todesfolge ist noch ein achtes W von großer Bedeutung: » Wem nützt es ? Cui bono?« In den allermeisten Fällen bezweckt ja ein Täter etwas, meistens für sich selbst.
    Wie wichtig zur Klärung eines Tatherganges die genaue, sachverständige ärztliche Begutachtung am Tatort sein kann, stellt der nachfolgende Fall unter Beweis, bei dem nur Untersuchung und Fotodokumentation unmittelbar nach Auffinden des Opfers ein überzeugendes Gesamtbild schaffen konnten. Insbesondere die Lage der Leiche als solche, die Stellung der einzelnen Körperteile zueinander, ihre Lagerung gegenüber verschiedenen Gegenständen der Umgebung, die Lage der einzelnen Kleidungsstücke ist nur an Ort und Stelle einwandfrei möglich. Auch manche Befunde an der Leiche selbst werden durch deren Übertragung an den Obduktionsort geändert, so z. B. die Stellung der Gliedmaßen, wenn der Leichnam zum Zwecke des Transportes in eine gedeckte Bahre gebracht werden muss. Auch noch beim Entkleiden der totenstarren Leiche werden Stellungs-änderungen der Gliedmaßen bewirkt.
    Das 5-jährige Wiener Mädchen Mizzi W. verschwand am Abend des 1. Mai und konnte erst nach drei Tagen im Kellergeschoss des Wohnhauses als Leichnam aufgefunden werden, und zwar in einem Raume, der an eine Tischlerwerkstätte anstieß und zur Aufbewahrung von Tischlerholz diente.
    Der Leichnam lag am Rücken, das rechte Bein war ausgestreckt, das linke im Knie gebeugt und so stark nach innen gedreht, dass die Innenseite des Knies und der innere Fußknöchel auf dem Boden auflagen. Die Kleider schienen in Ordnung, doch
zeigte sich nach Zurückschlagen des Mantels und Röckchens, dass das mit Harn durchnässte Hemd über die Scham hinaufgeschoben und Letztere unbedeckt war. Hob man das Knie des linken Beines von der Erde auf, ohne die Lage des Fußes selbst zu ändern, so machte es den Eindruck, als ob nach dem Tode das schlaffe Bein zunächst aufgestellt, dabei weggespreizt und im Knie gebeugt und anschließend schlaff nach innen umgefallen wäre. Die Auffassung gewann dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass ein ganz eigentümliches Klaffen der Schamlippen zu sehen war.
    Es war mit Grund anzunehmen, dass zu jener Zeit, da das Körperfett des Leichnams erstarrt und durch die Erstarrung plastisch geworden war, also mindestens mehrere Stunden nach dem Tode, ein Gegenstand mit rundlichem Querschnitt, eventuell eine Fingerspitze, in die Vulva hineingedrängt worden war. Dass eine gewaltsame Tötung vorlag, dafür konnte gleich an Ort und Stelle der Beweis erbracht werden, denn es fanden sich Würgespuren am Halse. Alle Umstände und der Genitalbefund sprachen für Tötung aus sexuellem Motiv. Mit der Annahme, es seien die Genitalien noch an der Leiche berührt worden, war auch der Umstand wohl in Einklang zu bringen, dass das vermutlich während der Erwürgung durch Harnentleerung benässte Hemd auf den Bauch hinauf geschoben war. Durch den Transport des Leichnams in das Sektionslokal verschwand der ganz eigentümliche Befund am Genitale.
    Als Täter wurde ein in jener Tischlerwerkstätte beschäftigter Gehilfe eruiert, der gestand, dass er das Kind am Abend des 1. Mai in den Keller geführt hatte, um es geschlechtlich zu missbrauchen. Er gab jedoch vor, er sei, als er sich zum Coitus anschickte, von einem epileptischen Zustand befallen worden. Schließlich gestand er, dass er am Morgen nach der Tat nochmals bei der Leiche gewesen sei und mit den Händen versucht habe, das Genitale zu spreizen. Dieses Geständnis erklärte somit den durch den Lokalaugenschein erhobenen Befund, wonach noch an dem Genitale der erkalteten Leiche manipuliert worden sei.

    Nicht nur der Täter kehrt manchmal, allerdings nicht sehr oft, an den Tatort zurück, sondern vor allem der Gerichtsmediziner sollte es sich zur Gewohnheit machen, den Tatort am nächsten Tag noch einmal aufzusuchen. Dabei werden öfter wichtige, bisher übersehene Einzelheiten erkannt.

Auf Wunsch kommt die Gerichtsmedizin ins Haus
    Amerika, du hast es besser! Zumindest was die Überprüfung von Todesursachen angeht.
    Nehmen wir einmal an, der Großvater ist nach kurzem Krankenhausaufenthalt gestorben. »Lungenentzündung« haben die Ärzte diagnostiziert, eine Autopsie
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