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Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)

Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)

Titel: Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
Autoren: Alyson Noël
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geht oder nicht? Wenn ich hier bei dir in der Oberwelt bin, werden wahrscheinlich alle in der Mittelwelt denken, ich sei tot. Was bedeutet, dass die Prophezeiung abgewendet wurde. Was auch bedeutet, dass Dace am Leben ist und ich ihn retten konnte. Stimmt’s?«
    Axel presst die Lippen zusammen, und ich kann mich kaum beherrschen, ihn an den Schultern zu packen und eine Antwort aus ihm herauszuschütteln. Nach einer quälend langen Pause meint er schließlich: »Ich halte nichts geheim, Daire. Ich sehe nur keinen Sinn darin, die Vergangenheit heraufzubeschwören, wenn die Gegenwart auf dich wartet.«
    »Aber die Vergangenheit hat mich hierhergebracht!«, rufe ich und ärgere mich augenblicklich über den hysterischen Klang meiner Worte. Ich rege mich zu sehr auf. Ich muss mich zurückhalten. Muss wieder zu Kräften kommen. Diese emotionalen Ausbrüche bringen niemals etwas Gutes. »Wie lange bin ich schon hier?«, frage ich betont beiläufig, als würde mich die Antwort nicht besonders interessieren. Meine Versuche, den Überblick über meine Verweildauer zu behalten, haben mich nur verwirrt. Die meiste Zeit verbringe ich schlafend, und das Licht, das durch die mit Gardinen verhängte Fensterscheibe dringt, scheint sich kaum zu verändern, sodass es unmöglich ist, die Tage zu zählen.
    »Ein linearer Zeitverlauf existiert hier nicht«, erklärt Axel. »Aber das weißt du ja schon.« Er führt die Hand an meine Brust, um sich dringlicheren Problemen zuzuwenden. »Darf ich?« Seine Hand bleibt unsicher in der Schwebe, wartet auf meine Erlaubnis fortzufahren, trotz der Tatsache, dass er als mein einziger Pfleger das hier wohl kaum zum ersten Mal macht.
    Ich schmiege die Wange in die mit weichem Seidenstoff bezogenen Daunenkissen, die er mir unter den Kopf geschoben hat. Beschämt, dass mir das Blut in die Wangen schießt, als er mein Gewand lockert und meine Wunde bloßlegt.
    »Es verheilt gut.« Er lässt den Finger über die wulstige, krumme Linie aus gerötetem Fleisch gleiten, das er mit seiner Platinnadel und dem goldenen Faden wieder zusammengenäht hat. Seine Berührung durchdringt mich bis ins Innerste, bis hin zu dem unter der Oberfläche verborgenen unsichtbaren Narbennetzwerk, wo er seine Magie gewirkt und mein Herz wieder zusammengesetzt hat.
    »Wann kann ich zurückkehren?«, will ich von ihm wissen. Es ist dieselbe Frage, die ich immer stelle.
    Und wie immer weicht Axel aus, nimmt ein kleines Schraubglas vom Nachttisch, wiederholt sein übliches Mantra, während er den Deckel aufdreht und ihn auf das Glastischchen legt, das neben mir steht. »Noch nicht. Aber bald … sehr bald.«
    Er taucht den Finger in die blaue Salbe. Doch bevor er sie auf die Wunde geben kann, packe ich sein Handgelenk und stoße ihn weg.
    »Ich will nicht, dass sie verblasst«, sage ich, während ich von der Anstrengung, mich ihm zu widersetzen, nach Luft schnappe. Angesichts seines skeptischen Blickes füge ich hinzu: »Jetzt, wo ich mich erinnere, kann ich es mir nicht leisten zu vergessen, wie ich hier gelandet bin.«
    Er murmelt ein paar unverständliche Worte in irgendeiner archaischen Sprache mit verschliffenen Vokalen und harten Konsonanten, die ich nicht verstehe. Dann stellt er das Schraubglas ab, schließt mein Gewand und sagt mit einem resignierten Seufzer: »Wenn du Rachepläne hegst, gebe ich dir den guten Rat, sie zu begraben. Dadurch begibst du dich nur auf Cades Ebene herab, zerstörst dein Potenzial und machst dich zu seinesgleichen. Willst du das?«
    »Rache ist nicht mein Motiv.« Ich balle die Hände zu Fäusten, eine Geste, die meine Worte Lügen straft. »Es ist Liebe. Meine einzige Sorge gilt Dace.« Beim Aussprechen seines Namens krampft sich mein Herz schmerzhaft zusammen, und ich mag mir die Trauer nicht vorstellen, die er fühlen muss, ohne die volle Wahrheit dessen zu kennen, was in jener Nacht wirklich passiert ist.
    Und obwohl auch mir der genaue Ablauf der Geschehnisse noch schleierhaft ist, bin ich mir einer Sache ganz sicher: Ich habe ihn gerettet.
    Ich musste sterben, damit Dace leben konnte.
    Nur dass ich nicht wirklich tot bin.
    Er glaubt nur, dass ich es bin.
    »Auch darüber solltest du besser nicht nachdenken.« Axel dreht mir ablehnend den Rücken zu. »Du musst gesund werden. Deshalb bist du hier.« Unsicher streicht er sich durchs Haar.
    »Ist das der einzige Grund, aus dem ich hier bin?« Ich stütze mich auf und starre seinen Rücken an. Es ist ein unerfreuliches Thema, doch ich muss es
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