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Im Mittelpunkt Yvonne

Im Mittelpunkt Yvonne

Titel: Im Mittelpunkt Yvonne
Autoren: A. A. Fair
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Person hinter der Tür sich überlegt hätte, daß es besser und weniger auffällig sei, mit dem öffnen noch ein wenig zu warten. Etwa fünf Sekunden blieb der Knopf unbewegt, dann wurde er ganz umgedreht, der Riegel schnappte auf, und eine Frau zwischen fünfzig und sechzig Jahren, mit spitzem Gesicht und schwarzen Augen, sagte: »Schönen guten Tag«, so schnell, daß die drei Wörter fast in eins verschmolzen.
    »Schönen guten Tag«, erwiderte ich, »ich bin bemüht, einige Auskünfte über die Herrschaften, die nebenan wohnen, einzuholen, und -«
    »Was sind Sie bemüht einzuholen?« Sie brachte ihre Frage wieder so rasend schnell heraus, daß jedes Wort dem nächsten sozusagen auf die Fersen trat.
    »Ich bin Privatdetektiv.«
    »Na, das wird wahrhaftig Zeit! Wird wirklich höchste Zeit, daß jemand was unternimmt. Treten Sie näher. Kommen Sie gleich mit ins Wohnzimmer und nehmen Sie bitte Platz. Wenn ich mir so überlege, was mit der armen Frau da drüben passiert ist, und bedenke, daß alle den Mann ungeschoren lassen, dann muß ich sagen, daß mir so etwas Empörendes in meinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen ist! Es ist eine Schande für unsere Polizei und unsere Kultur, jawohl, das ist es! Kommen Sie doch und setzen Sie sich erst mal. Wie, sagten Sie, ist Ihr Name?«
    »Gesagt habe ich ihn noch nicht. Mein Name ist Donald Lam.«
    »Ich bin die Frau von W. Charles Raleigh.«
    »Hatte ich schon vermutet.«
    »Also, nun setzen Sie sich mal gleich hier hin«, sagte sie. »weil ich Ihnen erzählen will, was ich weiß. Ich bin keine Schnüfflerin, verstehen Sie, mische mich in nichts ein, bin bloß ein schlichtes, sterbliches Menschenkind. Versuche immer, gute Nachbarschaft zu halten. Ich dränge mich nirgends auf, wenn man mich nicht haben will. Ich finde, in einer Gegend wie hier leben doch die Leute alle nahe beisammen und sollten einander kennen und sich anständig benehmen, nicht wahr? So zu denken ist doch nichts Böses, nicht wahr?«
    »Kann ich auch nicht finden.«
    »Na ja, Wendell, mein Mann — Wendell ist sein erster Vorname, aber den mag er nicht leiden, er nennt sich am liebsten >W. Charles<. Vielleicht haben Sie den Namen am Briefkasten gelesen? W. Charles Raleigh. Ich weiß wahrhaftig nicht, warum er ihn so lieber hat, aber so ist es nun mal. Na, jedenfalls, Wendell sagt, ich steckte meine Nase immer in alles hinein. Dauernd behauptet er, wir hätten aus unserer vorigen Wohnung ausziehen müssen, weil ich in Sachen herumschnüffelte, die mich nichts angingen.
    Der Herrgott weiß, wie unangenehm es mir ist, daß Wendell denkt, ich spionierte dieser verworrenen Angelegenheit hier nach. Ich bin so froh, daß Sie von selbst hergekommen sind, ohne mein Zutun und die geringste Veranlassung meinerseits, Mr. Lam. Sie sind Detektiv, sagten sie?«
    »Ja, Privatdetektiv.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ich bin Privatdetektiv, nicht Beamter der Kriminalpolizei.«
    »Also kommen Sie gar nicht im Namen der Polizei?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Soll das heißen, daß nach allem, was passiert ist, die Polizei noch immer nicht herkommt?«
    »Bislang noch nicht.«
    »Na, das sollte man doch nicht für möglich halten!« rief sie empört.
    Ich blieb sitzen und wartete.
    »Na, es ist wohl ebenso richtig, wenn ich Ihnen gleich erzähle, was ich weiß«, sagte sie. »Schließlich liegt ja kein Geheimnis darin.
    Also: Es war am vorigen Freitagabend, am Dreizehnten. Mein Mann hat einen festen Schlaf, aber ich nicht, mich stört schon das kleinste Geräusch. Also, da hörte ich nebenan mächtigen Spektakel, und nach den Geräuschen zu urteilen, prügelten die sich. Es war kurz nach Mitternacht.
    Also, ich sagte Ihnen ja, daß ich nicht neugierig bin, aber schließlich gibt es doch Grenzen für das, was man sich als Nachbar gefallen lassen muß.
    So stand ich auf, um nachzusehen, was da los war, denn es konnte ja sein, daß Einbrecher in das Haus eingedrungen waren und die arme junge Frau marterten, um zu erfahren, wo sie Geld liegen hat. Aber es war eine Prügelei. Dieser Drury Wells beschimpfte seine Frau ganz fürchterlich, und auf einmal stieß sie einen gellenden Schrei aus. Ich sage Ihnen, es war ein markerschütternder Schrei, der angstvollste, den ich in meinem Leben gehört habe, und ich bin bereit, Ihnen zu schwören, Mr. Lam, daß ich dann ein Bumsen hörte.
    Na ja, mein Mann, der behauptet, ich bildete mir das alles bloß ein, ich müßte verrückt geworden sein. Aber ich werde doch wohl wissen,
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