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Im Licht des Blutmondes

Im Licht des Blutmondes

Titel: Im Licht des Blutmondes
Autoren: Jeanette Peters
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sich vor, die Vergangenheit des Mädchens genauer zu erkunden. Der Zugang zu ihren Erinnerungen war leicht, sodass er sich ein besseres Bild von ihrem bisherigen Leben machen konnte. Doch die wenigen Schwingungen und Eindrücke, die er von Joleen empfing, reichten schon, um verärgert sein Gesicht zu verziehen.
Und da behaupteten die Menschen, Vampire seien grausam. Niemals würde einer von ihnen jemanden verwandeln und ihn dann so von sich stoßen. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich um jene kümmerte, die man verwandelte. Selbst ihre Bluthuren behandelten sie besser, als dieses Kind von seiner Mutter behandelt wurde.
    Zacharias atmete tief durch, denn auch wenn er keine Atemluft benötigte, half es ihm, sich zur Ruhe zu mahnen.
     
    Als sie an der Treppe ankamen, blieb die Kleine stehen und ließ seine Hand wieder los.
    „Na, worauf wartest du? Geh schon da hoch“, wies die Frau das Kind herrisch an. Zacharias beobachtete, wie die Kleine unsicher von einem Fuß auf den anderen trat und ihre Lippen aufeinander presste.
    „Mein Knie tut so weh, Mama“, flüsterte sie schließlich leise. Ihre Stimme war sehr hoch, was normal für Menschenkinder war, wie Zacharias wusste.
    „Nun stell dich mal nicht so an“, fauchte die Mutter und warf Zacharias ein entschuldigendes Lächeln zu. „Mach, dass du die Treppe hochkommst. Sonst setzt es was.“
Das Kind zuckte zusammen, als die Mutter einen Schritt auf es zu machte, und wieder empfand Zacharias nichts als Verachtung für diese Frau. Wieso rührte es ihn so sehr? Normalerweise war er sehr besonnen und machte sich nicht viel aus den Menschen. Ja, er beachtete sie nicht einmal großartig, es sei denn, er musste sich von ihnen nähren. Doch dieses Kind … es hatte etwas an sich, das in ihm den Drang auslöste, es beschützen zu wollen. Joleen, folgte der Anweisung ihrer Mutter und setzte den Fuß des unverletzten Beines auf die erste Stufe. Sie zuckte bei jeder Bewegung zusammen. Doch sie wagte es nicht, ihre Mutter nochmals um Hilfe zu bitten. Zacharias überkam Mitleid, eine ihm ebenfalls vollkommen fremde Gefühlsregung.
    Er überbrückte die geringe Entfernung, die ihn von ihr trennte mit einem schnellen Schritt und hob sie hoch. Überrascht sah sie ihn an. Doch dann lächelte Joleen ihm dankbar zu. Ihr Blutgeruch stieg ihm erneut, dieses Mal um ein Vielfaches stärker, in die Nase, und er spürte, wie seine Reißzähne ausfuhren. Er ließ sich nichts anmerken und trug das Kind ins Haus hinein, wo er es wieder auf den Boden setzte. Die Mutter folgte ihnen.
    „Warte hier“, wies er die Mutter knapp an und wandte sich dann Joleen zu, die ihre Mutter mit großen Augen ansah, als diese nur stumm nickte. „Joleen komm mit mir! Wir werden dein Knie verarzten.“
    Joleen nickte und ergriff bereitwillig seine Hand. Er führte sie in eines der Badezimmer des Hauses, und sie blieb unschlüssig neben ihm stehen, während er sich suchend umsah.
    Es war nur eine kleine Wunde, und er war sich sicher, dass er sie auch ohne das Hinzuholen des Arztes, der für die Blutgefährtinnen zuständig war, versorgen konnte. Außerdem war es besser, wenn seiner Familie nicht gleich ihr Blutgeruch in die Nase stieg, während sie den Vertrag erneut besprachen. Das würde sie nur ablenken und ihnen würde wohlmöglich etwas entgehen.
    „Setz dich dort hin“, sagte er und deutete auf die Toilette, deren Deckel hinuntergeklappt war. Die Badezimmer wurden für gewöhnlich nur von den Angestellten oder den Blutgefährtinnen benutzt. Das Mädchen nickte und setzte sich, wie er es verlangt hatte.
    Zacharias griff nach einem Tuch und befeuchtete es am Waschbecken, ehe er sich vor Joleen hinkniete und begann, ihre Wunde zu säubern. Das Mädchen zuckte zwar zusammen, gab aber keinen Laut von sich, sondern sah ihn unverwandt an.
    „Wie heißt du?“, fragte Joleen plötzlich und überraschte ihn damit. Es gelang Menschen nicht oft, ihn zu überraschen, doch das Mädchen war bisher so still gewesen, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass es von sich aussprach. Er musste lächeln, als er sich eingestand, dass es ihn ein wenig beeindruckte.
    „Zacharias“, antwortete er knapp. „Aber du solltest mich besser mit Sir ansprechen.“
    „Wieso?“ Joleen runzelte die Stirn und sah ihn weiterhin an. Es schien ihr überhaupt nichts auszumachen, ihm in die Augen zu sehen, was ihn sehr verwirrte.
    „Weil es so üblich ist. So wird es verlangt“, antwortete er. Sie legte ihren Kopf
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