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Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)

Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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sich gleichzeitig.
    »Frei von Hass soll dieses Land sich machen. Befreit von Furcht, Tod und Verachten. Formt euch Felsen, Bäume, Hügel und Flüsse, lasst euch umschließen von Klippen und Küsten, lasst euch tragen vom Mittsommer-Mondstrahl hinaus auf das Meer, das ist unser Wille und unser Begehr.«
    Ein lauter Schrei ertönte im Wald, ein gewaltiger Sturm kam auf und tosendes Feuer brach aus. Während diejenigen, die etwas jagten, was sie nie verstanden hatten, ruhig in ihren Betten schliefen, erhob sich eine Insel in den Himmel und bewegte sich langsam in Richtung Meer.
    Sie setzte auf dem Wasser auf und wurde von sanften Wellen getragen. Und war erwacht in der kürzesten Nacht.

1
    INSEL DER DREI SCHWESTERN
    Juni 2001
     
    Sie blickte gespannt geradeaus, als das Land, aus der Ferne nichts weiter als ein Stück unebenes Grün, seine ersten Geheimnisse lüftete. Der Leuchtturm, natürlich. Was wäre eine New-England-Insel ohne ihren unerschütterlichen Speer? Dieser war von einem umfassenden, blendenden Weiß und erhob sich auf einer rauen Klippe. Wie es sich gehörte, dachte Nell.
    Dicht neben dem Leuchtturm stand ein steinernes Haus, nebelgrau in dem grellen Sonnenlicht, mit spitzen Giebeln und – hoffte sie – dem so genannten Witwen-Ausguck, einer kleinen Plattform mit Balustrade rund um den Schornstein, auf der die Fischersfrauen nach ihren Männern Ausschau hielten.
    Sie hatte Bilder vom Licht der Drei Schwestern gesehen und von dem Haus, das so stark und verlässlich neben ihm stand. Das Bild aus dem kleinen Laden auf dem Festland war für ihren spontanen Entschluss, die Autofähre zur Insel zu nehmen, verantwortlich.
    Seit sechs Monaten folgte sie ihren Impulsen und Instinkten  – zwei Monate nachdem ihr gewissenhafter und hart erarbeiteter Plan sie befreit hatte.
    Jeder einzelne Moment der ersten zwei Monate war ein Höllentrip gewesen. Und nach dem Terror kam die Angst – die Angst, wieder das zu verlieren, was sie wiedergefunden hatte.
    Sie war gestorben, nun konnte sie weiterleben.
    Sie wollte nicht mehr weglaufen und sich verstecken, sie hasste das Gefühl des Verlorenseins in den Menschenmassen der Großstädte. Sie wollte ein Heim. Hatte sie das nicht immer gewollt? Ein Heim, Verankerung, Familie, Freunde. Das Familiäre, das nie besonders gezählt hatte.
    Vielleicht könnte sie etwas davon hier finden, auf diesem Häufchen Land in den Armen der See. Ganz sicher konnte sie nicht weiter von Los Angeles entfernt sein als auf dieser kleinen Insel, ohne das Land gleich ganz verlassen zu müssen.
    Wenn sie keinen Job finden würde auf der Insel, bliebe sie trotzdem einige Tage. Ein bisschen Erholung nach all den Flügen, entschied sie. Sie würde die felsigen Strände und die kleinen Dörfer genießen, auf den Klippen herumkraxeln und den Wald durchstreifen.
    Sie hatte gelernt, jeden einzelnen Moment ihres Lebens bewusst zu genießen. Etwas, was sie niemals, niemals wieder verlernen würde.
    Sie erfreute sich an dem Anblick der Schindelhäuser, die verstreut hinter dem Dock lagen, lehnte sich über die Reling und ließ den Wind durch ihr Haar wehen. Es hatte wieder seine natürliche, sonnengebleichte blonde Farbe. Auf der Flucht hatte sie es kurz geschnitten wie ein Junge getragen, hatte mit einem Gefühl der Genugtuung und der Erleichterung ihre langen Locken abgeschnitten und ihre Haare dunkelbraun gefärbt. Im Laufe der letzten Monate hatte sie die Haarfarbe mehrmals gewechselt – von leuchtend rot über tiefschwarz bis sandfarben.
    Es hatte seine Bedeutung, dachte sie. Es hatte etwas zu tun mit ihrer Selbstfindung, dass sie es schließlich so ließ, wie es ursprünglich war. Sie trug es immer noch kurz und sehr gerade geschnitten.
    Evan mochte es lang, lang und voller wilder Locken. Es gab Zeiten, in denen er sie daran über den Flur gezerrt hatte, die Treppen hinunter. Wie an Ketten.
    Nein, sie würde ihre Haare ganz sicher nie wieder lang tragen.
    Ein plötzlicher Schauder überfiel sie, und sie musste schnell einen prüfenden Blick über ihre Schulter auf die Autos und Menschen hinter sich werfen. Sie bekam einen trockenen Mund, und die Kehle wurde ihr eng, als sie nach einem großen, schlanken Mann mit goldblondem Haar und blassen, stahlharten Augen Ausschau hielt.
    Er war nicht da, natürlich war er nicht da. Er war dreitausend Meilen entfernt. Für ihn war sie tot. Hatte er ihr nicht tausendmal gesagt, dass nur der Tod sie von ihm befreien könnte?
    Also musste Helen Remington
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