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Im Licht der Merkur-Sonne

Im Licht der Merkur-Sonne

Titel: Im Licht der Merkur-Sonne
Autoren: Isaac Asimov
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Observatorium. Die Sonne und die Sterne stehen still.
    Jedenfalls ist der Schwarz-Weiß-Berg gerade weit genug entfernt, daß nur seine obere Hälfte im Sonnenlicht liegt. Und in dem Maße, wie die Sonne untergeht, kriecht das Licht die Berghänge hinauf.«
    »Und jetzt«, warf Lucky ein, »ist nur der Gipfel erleuchtet.«
    »Vielleicht nur ein halber Meter oben, und auch damit wird es bald zu Ende sein. Für ein oder zwei Erdtage wird er ganz dunkel sein, und dann kommt das Licht wieder zurück.«
    Noch während er redete, schrumpfte der weiße Flecken zu einem Punkt zusammen, der wie ein Stern strahlte.
    Die drei Männer warteten.
    »Sie müssen wegsehen«, riet Mindes, »damit Ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen.«
    Und dann, nach ein paar Minuten: »So, jetzt können Sie wieder hinsehen.«
    Lucky und Bigman kamen seiner Aufforderung nach und sahen eine Weile überhaupt nichts.
    Und dann schien es, als wäre die ganze Landschaft in Blut getaucht worden. Zuerst hatte man nur den Eindruck der Röte. Und dann erkannte man es deutlicher – den zerklüfteten Berg, der oben strahlend rot war, und das Rot wurde immer dichter und verschwamm schließlich, während das Auge nach unten wanderte, bis alles schwarz war.
    »Was ist das?« fragte Bigman.
    »Die Sonne«, sagte Mindes, »ist jetzt gerade weit genug gesunken, daß von der Bergspitze aus nur mehr die Korona und die Protuberanzen über dem Horizont bleiben. Diese Protuberanzen sind Wasserstofferuptionen, die sich Tausende von Meilen über die Sonnenoberfläche erheben. Ihr Licht ist eigentlich die ganze Zeit da, aber normalerweise wird es vom Sonnenlicht überdeckt.«
    Wieder nickte Lucky. Auch diese Protuberanzen waren etwas, was man von der Erde aus nur während einer totalen Sonnenfinsternis oder mit Spezialinstrumenten sehen konnte.
    »Man nennt das den ›roten Geist der Sonne‹«, fügte Mindes mit leiser Stimme hinzu.
    »Das sind zwei Geister«, sagte Lucky plötzlich. »Ein weißer und ein roter. Tragen Sie Ihren Strahler wegen dieser Geister, Mr. Mindes?«
    »Was?« schrie Mindes. »Wovon reden Sie denn?«
    »Ich rede davon«, erklärte Lucky, »daß es jetzt langsam Zeit wird, uns zu sagen, weshalb Sie uns wirklich nach hier draußen geführt haben. Nicht nur wegen der Sehenswürdigkeiten, davon bin ich überzeugt, sonst würden Sie auf einem leeren Planeten keinen Strahler tragen.«
    Mindes brauchte eine Weile, bis er Antwort gab. Und dann fragte er: »Sie sind David Starr, nicht wahr?«
    »Ja, der bin ich«, nickte Lucky geduldig.
    »Sie sind ein Mitglied des Senats der Wissenschaften. Sie sind der Mann, den man Lucky Starr nennt.«
    Angehörige des Senats der Wissenschaften legten keinen Wert darauf, erkannt zu werden, und deshalb sagte Lucky erst nach einigen Zögern: »Ja, das stimmt.«
    »Dann habe ich mich nicht geirrt. Sie sind hierhergekommen, um Nachforschungen über das ›Projekt Licht‹ anzustellen.«
    Lucky preßte die Lippen zusammen. Ihm wäre es viel lieber gewesen, wenn der andere das nicht gewußt hätte. So sagte er nur:
    »Vielleicht. Warum haben Sie uns hierhergebracht?«
    »Ich weiß, daß es stimmt«, keuchte Mindes, »und ich habe Sie hergebracht, um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ehe die anderen Ihnen mit Ihren Lügengeschichten kommen.«
    »Lügen worüber?«
    »Über die Mißerfolge, die das Projekt förmlich verhext haben.«
    »Aber Sie hätten mir Ihr Anliegen auch in der Kuppel sagen können. Weshalb bringen Sie mich hierher?«
    »Aus zwei Gründen«, erklärte der Ingenieur. Sein Atem ging immer noch schnell. »Erstens sind alle der Ansicht, daß es meine Schuld ist. Alle glauben, daß ich das Projekt nicht durchbringe, daß ich Steuergelder verschwende. Ich wollte Sie allein sprechen. Verstehen Sie? Ich wollte Sie daran hindern, zuerst die anderen anzuhören.«
    »Warum nimmt man an, daß Sie Schuld daran haben?«
    »Sie glauben, daß ich zu jung bin.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Zweiundzwanzig.«
    Lucky Starr, der selbst nicht viel älter war, nickte. »Und der zweite Grund?«
    »Ich wollte, daß Sie sich an den Merkur gewöhnen. Ich wollte, daß Sie ...« Er verstummte.
    Lucky sah den Ingenieur fragend an und meinte schließlich, als der junge Mann keine Anstalten machte, seinen Satz zu Ende zu sprechen: »Also gut, Mindes. Ich will davon ausgehen, daß Sie nicht für das bisherige Versagen des Projekts verantwortlich sind. Wer trägt dann die Verantwortung?«
    Der Ingenieur murmelte zuerst etwas Unverständliches,
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