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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns
Autoren: Claire Bouvier
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weiteten sich. »O Gott, das ist ja furchtbar! Ich wusste zwar, wie es um ihn stand, aber da er schon so lange gekämpft hat, habe ich nicht mit seinem baldigen Ableben gerechnet.«
    Christoph ließ den Kopf hängen. »Es hat uns alle überrascht.«
    »Und wie geht es Fräulein Jaqueline?«
    »Den Umständen entsprechend. Sie hat mir aufgetragen, Sie zu benachrichtigen, damit Sie alle nötigen Schritte in die Wege leiten können.«
    »Das werde ich auf alle Fälle tun.« Petersen schüttelte fassungslos den Kopf. Eine tiefe Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. »Kaum zu glauben, dass Halstenbek nicht mehr ist. Die Hamburger Gesellschaft wird ihn vermissen.«
    Christoph wusste, dass die Realität anders aussah. Die feine Gesellschaft hatte sich seit Bekanntwerden von Halstenbeks Leiden weitgehend von ihm zurückgezogen. Da er niemandem mehr von Nutzen war, hatte man ihn bereits jetzt nahezu vergessen. Die Todesnachricht würde vermutlich allenfalls ein Schulterzucken bewirken.
    Doch all das behielt Christoph für sich. Es brachte nichts, den Anwalt der Familie vor den Kopf zu stoßen.
    »Bitte richten Sie Fräulein Halstenbek mein tief empfundenes Beileid aus. Ich werde gegen Abend zu ihr kommen, um die Angelegenheit in Ruhe zu besprechen.«
    »Vielen Dank, Herr Petersen.« Christoph neigte den Kopf und verabschiedete sich.
    Da einiges an Arbeit auf ihn wartete, kehrte er auf schnellstem Wege in die Mönckebergstraße zurück. Auch hier erwachte das Leben. Dienstmädchen scheuerten die Treppen. In den oberen Etagen wurden die Betten gelüftet. Aus den Fenstern strömte der Duft von Kaffee und Gebäck.
    Etwas passte allerdings nicht in dieses idyllische Bild: Zwei Männer, die in der Nähe des Halstenbek-Hauses herumlungerten, stachen Christoph ins Auge. In ihren schäbigen Kleidern wirkten sie auf den ersten Blick wie Landstreicher. Bei näherem Hinsehen erkannte der Diener, dass es sich um die Handlanger von Richard Fahrkrog handelte.
    Was hatten die denn hier zu suchen?
    Siedend heiß fiel Christoph ein, dass sein verstorbener Herr auch bei Fahrkrog in der Kreide stand. Er war einer der letzten Geldverleiher gewesen, die sich auf ein Geschäft mit dem sterbenskranken Halstenbek eingelassen hatten.
    Christophs Magen zog sich zusammen. Irgendetwas ging hier vor. Etwas, was nichts Gutes bedeutete.
    Als er einen Schrei vernahm, schnürte es ihm die Kehle zu.
    Jaqueline!, schoss ihm durch den Kopf. Ist Fahrkrog vielleicht handgreiflich geworden?
    Unter dem höhnischen Grinsen der Männer rannte Christoph zum Hauseingang.
    Jaqueline verging beinahe vor Angst und Ekel, während der Geldverleiher an seiner Hose nestelte.
    Plötzlich flog die Tür gegen die Wand und Fahrkrog wurde zurückgerissen. Seinen Hosenstall hatte er erst halb geöffnet.
    Jaqueline erkannte das Gesicht von Christoph über sich und atmete erleichtert auf.
    »Was soll das?«, knurrte Fahrkrog wütend, während er sich losriss. Obwohl der Diener ihm körperlich überlegen war, griff er ihn an.
    Christoph wich allerdings so geschickt zur Seite aus, dass der Geldverleiher gegen die Wand prallte, und packte den Eindringling am Kragen. »Sie sind hier nicht erwünscht!« Damit schleifte er Fahrkrog in die Eingangshalle zurück.
    Obwohl Jaqueline am ganzen Leib zitterte, rappelte sie sich auf und folgte den beiden auf wackeligen Beinen. Am Türrahmen Halt suchend, beobachtete sie, wie Christoph den Mann auf die Straße stieß, sich bückte und nach dessen Stock griff. Beinahe befürchtete Jaqueline, dass er Fahrkrog damit schlagen würde, doch Christoph hielt sich zurück.
    »Gehen Sie!«, rief er mit Nachdruck und warf dem Geldverleiher den Stock vor die Füße.
    Fahrkrog funkelte ihn hasserfüllt an, bevor er sich Jaqueline zuwandte. »Ich werde dich ruinieren, Miststück!«, drohte er. »Ich werde dafür sorgen, dass du im Bordell landest, und dann werde ich der Erste sein, der dich besteigt!«
    Erst als Christoph drohend auf ihn zuging, verstummte Fahrkrog und machte, dass er fortkam.
    Seine beängstigenden Worte jedoch verließen Jaqueline nicht. Entsetzt starrte sie hinter Fahrkrog her, schluchzend die Hand auf den Mund gepresst.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen, Fräulein Halstenbek?«, fragte Christoph, nachdem er die Tür geschlossen hatte.
    Obwohl ihr Herz noch immer raste und sämtliche Gliedmaßen zitterten, nickte Jaqueline. »Danke, ja, Christoph. Ich bin froh, dass Sie so schnell zurück waren und eingegriffen haben. Ich will gar nicht
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