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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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Jahrmillionen friedlich in menschlichen Körpern gelebt hatten, bis sie vor einer Generation entdeckt worden waren. Für Saul enthielt die winzige Kreatur so viele Wunder wie der riesige Komet, der draußen so viel Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
    Die Bildwand des Laboratoriums war auf eine Ansicht des Halleyschen Kometen eingestellt, zeigte diesen aber nicht, wie er jetzt war – eine allmählich abnehmende Wolke von diffusen Lichterscheinungen um einen zehn Kilometer dicken Kern aus Eisen, Gesteinen und schmutzigem Schnee –, sondern wie er noch vor Monaten gewesen war, auf dem Höhepunkt seiner kurzen Prachtentfaltung, als er im halben Orbitalabstand der Erde die Sonne umkreist hatte und sein doppelter Schweif im protonischen Sonnenwind die größte Ausdehnung erreicht hatte.
    Sie standen einander an Schönheit nicht nach, der gigantische kosmische Bote, der für den größten Teil eines Jahrhunderts ihre Heimat sein sollte, und das mikroskopische Wunder, das den Aufenthalt möglich gemacht hatte. Dennoch war es kein Wunder, daß Saul sich statt auf den Kometen auf das winzige Lebewesen konzentrierte, das im Wassertropfen schwamm.
    Schließlich hatte er es gemacht.
    Aber nein, sagte er sich. Es gibt nur einen Gott – selbst wenn er seine Werkzeuge zur Gestaltung des Lebens in unsere Hände legt. Er tut es nur, um zu sehen, was wir damit anfangen werden.
    Wer in seinem Fach arbeitete, tat gut daran, sich dies von Zeit zu Zeit zu vergegenwärtigen.
    Als die Nadelspitze sich dem Versuchsobjekt bis auf eine Zellenbreite angenähert hatte, löste Saul die Versuchsabfolge aus. Ein winziger, undeutlicher Flüssigkeitsaustritt trübte das Wasser in unmittelbarer Nähe der Nadelspitze, wo Spuren von Cyanwasserstoff-Lösung ausgestoßen wurden.
    Es handelte sich nur um wenige Moleküle, doch der kleine Organismus reagierte fast augenblicklich. Seine Flimmerhärchen gerieten in heftig pulsierende Bewegung, und der Cyanut sprang vorwärts…
    Vorwärts, auf die Nadelspitze zu. Er umkreiste und berührte sie wiederholt in eifriger Aktivität.
    So weit, so gut. Saul wäre überrascht gewesen, wenn die Mikrobe sich anders verhalten hätte. Die Cyanuten waren schon auf der Erde gründlich untersucht worden, bevor die Expedition zum Halleyschen Kometen hatte genehmigt werden können. Kein Faktor war für den Erfolg und die Gesundheit von vierhundertzehn mutigen Männern und Frauen wichtiger als diese kleinen Lebewesen.
    Er war zuversichtlich. Aber das Leben – und das galt selbst für genetisch maßgeschneidertes Leben – hatte die Gewohnheit, sich zu verändern, wenn man es am wenigsten erwartete. Das Überleben aller Expeditionsteilnehmer hing von der planmäßigen Arbeit der winzigen Cyanuten ab. Er hatte die Forschungsgruppe geleitet, die sie entwickelt hatte, und er konnte sich keine Mißerfolge leisten. Es gab in seinem Leben schon so mehr als genug Schatten. Miriam, die Kinder, das Land und das Volk seiner Jugendzeit… und natürlich Simon Percell.
    Der arme Simon. Nur zu gut erinnerte er sich, wie ein Fehler das Leben des Freundes und nahezu alles, was zu erreichen ihm höchstes Ziel gewesen war, ruiniert hatte. Es war gefährlich, Gott zu spielen.
    Bald zeigten die Instrumente an, daß alles HCN verschwunden war, absorbiert von dem hungrigen Organismus. Saul nickte befriedigt. Jeder an dieser Expedition beteiligte Mensch hatte Millionen Cyanuten in seinem Blutkreislauf und in den Lungenbläschen. Diese Probe – willkürlich einem der Besatzungsmitglieder entnommen – hatte gerade demonstriert, daß sie ihrer Hauptaufgabe gerecht wurde, nämlich der Absorption jeder Spur des tödlichen, gelösten Blausäuregases, bevor dieses die roten Blutkörperchen des Wirts erreichen konnte. Die Zufuhr gelösten Kohlenmonoxids erwies die Fähigkeit der Mikrobe, auch dieses Gas zu absorbieren, ehe es sich dem Hämoglobin anschließen konnte.
    Nun löste Saul den nächsten Schritt des Versuchs aus. Winzige Spuren einer neuen Lösung wurden dem Salzwassertropfen zugeführt. Diesmal zog sich die kleine Mikrobe auf dem Bildschirm eilig von der Nadel zurück, krümmte sich beinahe, als ob sie gestochen worden wäre. Blausäure und Kohlenmonoxid waren fette Weide für dieses Geschöpf, aber die Bestandteile menschlichen Zellgewebes schienen es abzustoßen.
    Auch das war gute Nachricht. Der zweite Test bestätigte, daß der Cyanut völlig abgeneigt war, menschliche Zellen als Nahrung anzusehen.
    Dies waren jedoch nur die Grundlagen. Es
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