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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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bedeckten Wänden herrschte eine Stille, die fast an eine Kathedrale gemahnte, das Bewußtsein einer Gegenwart und ein Summen undeutlicher Geräusche an der Grenze der Hörbarkeit. Er setzte sich still neben ihrem zurückgekippten Stuhl und wartete, bis sie für ihn Zeit hätte. Durch neurale Verbindungen und am Handgelenk befestigte Fernbedienungen an mehrere Kommunikationskanäle angeschlossen, bewegte sie sich kaum. Sie mußte wissen, daß er da war, gab es aber durch kein Zeichen zu erkennen.
    Von Zeit zu Zeit regte sich ihr schlanker Körper unruhig, und die Hände und Füße zuckten wie bei einem träumenden Hund, der imaginären Kaninchen nachstellte.
    Ihr langes, halb polynesisches Gesicht war den Reihen der über ihr aufgehängten holographischen Darstellungen zugekehrt, und der Blick ihrer Augen ging in seiner unbedingten Konzentration nicht ein einziges Mal in seine Richtung. Selbstvergessen und zugleich angespannt blickte sie zu den vielfältigen Szenen bewegter Information auf, zu den flackernden Mengen sich stets erneuernder Daten, veränderlichen und sich fortentwickelnden geometrischen Diagrammen, die ihr neue Einsichten bescherten.
    Er wartete geduldig, während sie irgendein unentzifferbares Problem durcharbeitete. Sie verzog das Gesicht zu einer angestrengten Grimasse und entspannte sich wieder, als die Hürde genommen war. Auch sie hatte feine, hohe Backenknochen, wie Umolanda. Sie, Umolanda und er selbst gehörten dem Drittel der Expeditionsteilnehmer an, die Percelle waren, Produkte von Simon Percells Programm zur genetischen Korrektur von Erbkrankheiten und negativen Merkmalen. Carl fragte sich, ob feinknochige, aristokratische Züge zu den erwünschten Merkmalen zählten, die der DNS-Zauberer anstelle des üblichen rundköpfigen Mischtyps eingeführt hatte. Möglich war es; der Mann war ein Genie in der Manipulation von Erbanlagen gewesen. Carls eigenes Gesicht war allerdings breit und gewöhnlich, dabei war er kaum ein Jahr vor Virginia ›entwickelt‹ worden, wie es in der antiseptischen Fachsprache hieß. Vielleicht hatte Percell solche Fürsorge nur den Frauen angedeihen lassen. Wollte man den Anekdoten Glauben schenken, die über Percell im Umlauf waren, so konnte man die Möglichkeit nicht ausschließen.
    Wie man es auch sehen mochte, Virginia Kaninamanu Herbert war ein erfolgreiches Experiment. Äußerlich ein manipulativ verfeinertes Mischprodukt pazifischer Rassen, verfügte sie über eine rasch zupackende Intelligenz, die sich in einer angenehm menschlichen Weise mit Sinn für Humor und einem Schuß Unberechenbarkeit verband. Die’ schnellen, konzentrierten Blicke, mit denen sie den Wust von Informationen im Auge behielt, verrieten rastlose Energie, doch der Mund darunter sprach von kritischer Distanz und abwägender Nachdenklichkeit. Sie war im üblichen Sinne vielleicht nicht sehr attraktiv, denn ihr Gesicht war ein wenig zu lang, der Mund zu voll, das Kinn zu stumpf und nicht so gerundet, wie das derzeitige Schönheitsideal es verlangte.
    Carl war das alles gleich. In ihr war ein Schwung, den er bewunderte, und er träumte davon, die Frau in ihr zu erreichen. Aber seit er sie kannte, war sie in ihrem höflichen Kokon geblieben, stets freundlich, aber kaum mehr. Er war entschlossen, das zu ändern.
    Die zentrale Darstellung zeigte in schräger Draufsicht zwei präzise ineinandergreifende Fassungen. Das Bild kam zum Stillstand.
    Plötzlich wurde Virginia lebendig, als wäre ein belebender Funke aus den Labyrinthen ihrer elektronischen Ergänzung zu ihr zurückgekehrt. Sie entledigte sich der Fernbedienung, und die weiße Fassung ihres neuralen Anschlusses glänzte einen Augenblick auf, als sie mit den Fingern durch die Haare fuhr und ihre Frisur ordnete.
    »Carl! Nett, daß du gewartet hast, bis ich fertig war.«
    »Wollte dich nicht bei der Arbeit stören.«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nur Aufräumungsarbeiten. Ich mußte noch die Simulationen des Andockens und Überführens prüfen, wenn wir alle hinunterbringen. Durch die Ausgasung des Kerns kann es zu Unregelmäßigkeiten kommen, die von den Fähren ausgeglichen werden müssen. Die Programme sind jetzt fertig.«
    »Es wird noch eine Weile dauern.«
    »Nun ja, ein paar Tage noch.« Sie schlug den Blick nieder. »Ich habe davon gehört.«
    »Verdammtes Pech.« Er verzog verdrießlich den Mund.
    »Übermüdung?«
    »Das auch.«
    Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Du konntest nichts dafür.«
    »Wahrscheinlich
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