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Im Gefängnis des Glaubens

Im Gefängnis des Glaubens

Titel: Im Gefängnis des Glaubens
Autoren: Lawrence Wright
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seine Telefonrechnungen gestohlen. Eine Gruppe von »Squirrel Busters« (der Scientology-Begriff für Abtrünnigenjäger) ließ sich in seiner neuen Heimatgemeinde Ingleside bei Corpus Christi nieder. Sie spionierten ihm nach und belästigten ihn unablässig, um ihn aus dem Ort zu vertreiben. Sie patrouillierten mit an Helmen befestigten Videokameras in einem Golfmobil und gelegentlich einem Paddelboot in der Nachbarschaft. Scientology musste die Hetzjagd nach 199 Tagen abbrechen, da sich die Nachbarn zusammenschlossen, um Rathbun zu helfen. Auch viele andere Aussteiger wurden belästigt und von Privatdetektiven verfolgt.
    An einem brütend heißen Wochenende nach dem Nationalfeiertag am 4. Juli 2011 versammelten sich etwa hundert »unabhängige Scientologen« bei einer Ferienhütte an einem See in Osttexas. Organisiert hatten das Treffen Rathbun und Mike Rinder. Ein paar mutige Schwimmer hüpften vom Steg, aber die meisten Besucher blieben lieber am Strand, da es hieß, im See trieben sich Alligatoren herum. Ein kurzes, aber heftiges Gewitter zwang die Gesellschaft, Schutz unter dem Dach zu suchen.
    Unter den Teilnehmern war Stephen Pfauth, genannt »Sarge«, ein Vietnamveteran, der sich Scientology im Jahr 1975 angeschlossen hatte. Er war ein schlanker Mann mit gehetztem Blick. »Es geschah ganz plötzlich«, erzählte er. 1237 »Ich war auf der Suche nach Halt, vor allem nach spirituellem Halt.« In einer Zeitschrift war er auf eine Werbeanzeige für Hubbards Buch Fundamentals of Thought gestoßen. Nachdem er das Buch gelesen hatte, flog er nach Washington, um an einem dreitägigen Workshop mit dem Titel »Life Repair Auditing« teilzunehmen. Er war begeistert. Er gab seinen Job auf. »Ich verkaufte mein Haus und kaufte die ›Brücke‹.« Ein Scientology-Mitarbeiter nahm ihn unter seine Fittiche, um ihn anzuwerben: » LRH braucht Ihre Hilfe.« Noch im November desselben Jahres trat Pfauth in die Sea Org ein.

    Marty Rathbun mit einem E-Meter in seinem Haus in Ingleside an der Corpus Christi Bay in Texas, 2011
    Er wurde zum Leiter von Hubbards Sicherheitseinheit ernannt und war gemeinsam mit Pat und Annie Broeker auf der Creston-Ranch an der Seite des Scientology-Gründers, als sich dessen Zustand Anfang 1985 sehr verschlechterte. Hubbard verbrachte eine Woche im Krankenhaus. Man sagte Pfauth, der Gründer leide an einer Pankreatitits. »Von den Schlaganfällen erfuhr ich erst später«, sagte er. Nach dieser Episode blieb Hubbard zumeist in seinem Blue-Bird-Bus, den er nur verließ, um seine Wäsche selbst zu waschen. Dabei begegnete er manchmal Pfauth, der die Ställe säuberte, und die beiden unterhielten sich ein wenig.
    Nach einigem Zögern erzählte Pfauth, dass der Scientology-Führer ihn sechs Wochen vor seinem Tod zu sich in den Bus gerufen hatte. Hubbard saß in seiner kleinen Essecke. »Er sagte mir, er werde seinen Körper ablegen. Er nannte einen bestimmten Stern, den er umkreisen werde. Zur Rehabilitation. Er sagte, er sei gescheitert und werde die Erde verlassen. Er sagte, er werde nicht zurückkehren. Er wisse nicht, wo er landen werde.«
    »Wie reagierten Sie?«, fragte ich.
    »Ich betrank mich total sinnlos«, antwortete er. »Annie fand mich um fünf Uhr morgens in meinem alten Laster. Überall lagen Bierdosen. Ich kam nicht gut damit zurecht.«
    Ich erwähnte die Legende, der zufolge Hubbard zurückkehren wird.
    »Das ist Blödsinn«, sagte Pfauth. »Er wollte den Körper loswerden und die Welt verlassen. Und er sagte mir, er sei gescheitert. All die Arbeit sei umsonst gewesen.«
    Mir war erzählt worden, Pfauth habe für Hubbard etwa einen Monat vor seinem Tod eine Art Elektroschockgerät gebaut. Ich wusste nicht, was ich von der Geschichte halten sollte, denn es war allgemein bekannt, dass Hubbard furchtbare Angst vor der Elektroschocktherapie gehabt hatte. Pfauths Augen suchten die Decke ab, als halte er Ausschau nach göttlichem Beistand. Er erklärte mir, Hubbard habe Schwierigkeiten gehabt, sich von einem hartnäckigen Körperthetanen zu befreien. »Ich sollte eine Maschine für ihn bauen, die die Voltzahl erhöhen und den Thetan sozusagen wegpusten würde. Man kann einen Thetan nicht töten, sondern ihn nur austreiben. Und auch den Körper töten.«
    »Es war also eine Selbstmordmaschine?«
    »Eigentlich ja.«
    Pfauth erklärte, Hubbards Forderung habe ihn verblüfft, aber die Herausforderung sei verlockend gewesen. »Ich dachte mir, der beste Weg wäre, einen Tesla-Transformator zu
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