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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht
Autoren: Stephanie Laurens
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sich um Jungen und Mädchen. Sind es nur Jungen, die vermisst werden?«
    »Ja.« Sie nickte bekräftigend. »In den vergangenen Wochen haben wir zwar mehr Mädchen als Jungen aufgenommen, aber dieser Mann will nur Jungen.«
    Ein paar Sekunden verstrichen. »Vier hat er an sich genommen. Erzählen Sie mir etwas über jeden Einzelnen. Fangen Sie beim Ersten an, mit allem, was Sie wissen, jedes Detail, ganz gleich, wie belanglos es scheinen mag.«
    Barnaby beobachtete sie, während sie in die Erinnerung eintauchte; der dunkle Blick kehrte sich nach innen, die Züge wurden weicher und verloren ein wenig ihre typische Lebhaftigkeit.
    Sie atmete tief ein, richtete den Blick starr auf das Feuer, als ob sie die Geschichte aus den Flammen ablesen könne. »Der erste Junge stammte aus der Chicksand Street in Spitalfields, jenseits der Brick Lane nördlich der Whitechapel Road. Er war acht Jahre alt, hat uns sein Onkel jedenfalls erzählt. Er, der Onkel, lag im Sterben, und ...«
    Barnaby lauschte, während sie, nicht ganz zu seiner Überraschung, seiner Forderung genau nachkam und ausführlich in allen Einzelheiten über jedes Ereignis berichtete, wann, wo und wie es geschehen war. Anders als bei den üblichen Befragungen musste er weder ihr noch ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
    Er war den Umgang mit den Ladys aus den Salons gewohnt, war es gewohnt, die jungen Damen zu verhören, deren Geist unruhig hin und her sprang, das Thema einzukreisen versuchte, förmlich um die Tatsachen herumflitzte und tanzte, sodass er salomonische Weisheit und eine geradezu göttliche Ruhe aufbringen musste, um ein Verständnis dessen zu gewinnen, was sie wirklich wussten.
    Penelope Ashford war aus anderem Holz geschnitzt. Ihm war zu Ohren gekommen, dass sie ein Heißsporn sein sollte, jemand, der sich keinen Pfifferling um soziale Schranken scherte, wenn diese Schranken ihr den Weg versperrten. Er hatte gehört, dass sie klüger war, als es ihr guttat, dass sie offen und unverblümt den Finger in eine Wunde legen konnte - und dass die Mischung dieser Charaktereigenschaften üblicherweise als Begründung dafür herhalten musste, dass sie noch unverheiratet war.
    Weil sie auf ungewöhnliche Art attraktiv war - nicht hübsch oder schön, aber so lebhaft, dass sie mühelos die Blicke der Männer auf sich zog -, weil sie als Tochter eines Viscounts über ausgezeichnete Verbindungen verfügte und weil ihr Bruder Luc, der gegenwärtig den Titel führte, überaus wohlhabend war und sie mit einer mehr als angemessenen Mitgift ausstatten konnte, mochte die weitverbreitete Einschätzung durchaus zutreffend sein. Ihre Schwester Portia hatte jüngst Simon Cynster geheiratet; während Portia sich in der Gesellschaft eher umsichtig verhielt, konnte Barnaby sich erinnern, dass die Cynster-Ladys, auf deren Urteil er in solchen Dingen vertraute, wenig Unterschiede zwischen Portia und Penelope ausmachen konnten, wenn man Penelopes unverblümte Art außer Acht ließ.
    Und, wenn er sich recht erinnerte, ihren unbezwingbaren Willen.
    Zwar hatte er die Schwestern nicht oft erlebt. Aber schon nach den wenigen Begegnungen hätte auch er behauptet, dass Portia sich weit eher einer anderen Auffassung beugen oder doch wenigstens auf Verhandlungen einlassen würde als Penelope.
    »Und es war genau wie bei den anderen. Als wir an jenem Vormittag in die Herb Lane gefahren sind, um Dick zu holen, war er fort. Morgens um sieben ist er von diesem mysteriösen Mann eingesammelt worden, kurz nach Sonnenaufgang.«
    Ihr Bericht war zu Ende. Sie löste den zwingenden dunklen Blick vom Feuer und schaute ihn an.
    Einen Moment lang erwiderte Barnaby ihren Blick, nickte dann bedächtig. »Irgendwie gelingt es also dieser Gruppe ... lassen Sie uns annehmen, es sei eine Gruppe, die die Jungen abholt...«
    »Ich kann nicht erkennen, dass es mehr als eine Gruppe sein soll. Noch nie ist so etwas vorgekommen, und jetzt gibt es vier Fälle in weniger als einem Monat. Und alle nach derselben Vorgehensweise. « Sie musterte ihn mit hochgezogenen Brauen.
    »Genau«, stieß er knapp hervor, »wie ich bereits erwähnte, scheinen diese Leute, wer auch immer es sein mag, über Ihre baldige Verantwortung für die Kinder Bescheid zu wissen ...«
    »Bevor Sie den Verdacht äußern, dass die Männer ihre Informationen über die Jungen aus Kreisen innerhalb des Findelhauses erfahren, lassen Sie mich versichern, dass es höchst unwahrscheinlich ist. Wenn Sie die beteiligten Menschen kennen würden,
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