Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bett mit

Im Bett mit

Titel: Im Bett mit
Autoren: Johanna Fuerstauer
Vom Netzwerk:
eingebrochen. Scheu betrachtete sie diesen unerbittlichen Fremden.
    »Es ist Odysseus selbst, der Herr ist zurückgekommen!«, raunte sein treu gebliebenes Gesinde. Das war es, was auch seiner Gattin allmählich dämmerte. Natürlich musste er sich auch gleich als Herr aufspielen: »Geh ins Haus, Weib, und lass für uns Mahlzeit und Bett bereiten, bis ich hier Ordnung geschafft habe!« Seine Stimme war streng und ohne wärmenden Funken. So mochte er wohl mit seiner Mannschaft geredet haben, damals im Krieg. Und den Krieg hatte er auch auf ihr ureigenstes Gebiet getragen, wie die blutigen Toten ringsum bezeugten. Penelope floh händeringend ins Haus, unfähig, auch nur die Stimme zu erheben. Es war die rührige Eurykleia, die den Tisch für die Mahlzeit deckte und das Bett im Schlafraum bereitete.
    Der Mann, der – vielleicht? – Odysseus war, kam später. Es waren größere Aufräumungsarbeiten notwendig gewesen, bis die Leichen auf ein abseits gelegenes Feld gebracht und dort verbrannt worden waren. Noch lag der Rauch dieser makabren Ernte schwer in der Luft. Der Mann aber stand schließlich auf der Schwelle, frisch gebadet und zurechtgemacht in einem Gewand aus bestickter Wolle und angetan mit rotem Schuhwerk, wie es sich für einen Fürsten gehörte. Penelope suchte in seinem strengen, von der Anspannung langer Jahre gezeichneten Gesicht die einst vertrauten Züge. Aber: Er glich dem Mann, den sie einst geliebt hatte – und glich ihm doch wieder nicht. Der Zweifel nagte noch immer an ihr. Sie sah ihn – und sah doch nicht, was sie sehen wollte. Wenn er Odysseus sein sollte, so musste sie doch noch ein Zeichen haben, das seine Identität bezeugen konnte. Natürlich, das Bett! Wenn er nicht Odysseus war, sondern nur sein Zerrbild, was konnte er dann von dem Bett und seinem Geheimnis wissen? Trügerisch lächelnd befahl sie Eurykleia, das Bett ans Fenster zu rücken, da sie frische Luft brauche. Doch kaum hatte sie ausgeredet, da donnerte der Mann zornig los: »Oh Weib, hast du denn wirklich das Wort ausgesprochen, das mich peinigt?« Und er beschreibt – in des Dichters eigenen Worten – lang und ausführlich, wie dieses Bett entstanden und beschaffen ist:
    »Der Geschickteste noch hatte nicht vermocht, es sei denn mit Hilfe eines Gottes, der allein durch seinen Willen schon es vermöchte, dieses Bett an eine andere Stelle zu rücken! Aber kein Sterblicher, und sei er noch so kraftvoll, hätte es mühelos verrücken können. Wie dieses Bett beschaffen war, das war allein mein Geheimnis; ich allein habe es gezimmert, und ohne jede Hilfe. Inmitten des Platzes breitete ein Ölbaum seine Blätter aus; er war ausgewachsen und voll, und sein dicker Stamm hatte den Umfang einer Säule. Rings um diesen Stamm baute ich aus Stein die Wände unseres Schlafgemachs und bedeckte es mit einem Dach. Und als ich eine Tür aus Holz ohne jeglichen Spalt eingesetzt hatte, da erst kappte ich die Krone des Ölbaums, behaute den Stamm bis zu seiner Wurzel hinab, glättete ihn rings umher, machte ihn mit der Richtschnur gerade und nahm ihn als kunstvollen Pfosten des Bettes, mit dem ich den Rest verdübelte, und an diesen ersten Pfosten baute ich das ganze Bett und zierte seinen Rahmen noch mit Gold und Elfenbein und Silber und zog Gurte hindurch aus purpurner Stierhaut. Dies also ist unser Geheimnis! Genügt dir das als Zeichen? Ich möchte daher wissen, Frau, steht unser Bett noch am alten Platz oder hat man, um es woanders hinzustellen, den Ölbaumstamm durchtrennt?«
    Doch: Die Sorge des Mannes ist überflüssig, das Bett steht unverrückt und unverrückbar an seinem Platz. Und auch Penelope hat nun Gewissheit: Der Fremdling in ihrem Haus – nein, bald auch in ihrem Bett – ist wirklich ihr Gatte. »Und sie waren erfreut, ihr Lager und die Rechte von ehedem wieder gefunden zu haben«, beschließt der Dichter seine Geschichte. Oh ja, erfreut – auch wenn sie beide nie wieder die sein konnten, die sie in ihren unbeschwerten früheren Jahren gewesen waren.

Intermezzo I
Wohl gebettet – wohl gelebt
    In den antiken Kulturen Athens und Roms gehörte das Bett mehr oder weniger zu den Statussymbolen des Bürgers. Selbst der Bescheidenste unter ihnen strengte sich an, seinen Freunden wenigstens ein Speisesofa zu präsentieren, wenn er sie zu einem seltenen Festmahl lud. Zum Schlafen begnügte er sich oft mit einem einfachen Strohsack, über den ein Umhang als Decke gebreitet wurde. Richtige Betten und gar eigene Schlafkammern waren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher