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Im Bett mit

Im Bett mit

Titel: Im Bett mit
Autoren: Johanna Fuerstauer
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seinen Weg kreuzt, zu opfern: Es sollte sein eigener Sohn sein, den er damit in den Tod reißt. Was für ein Schicksal!
    Penelope, der immer Getreuen, rieseln bei solchen Nachrichten wohl kalte Schauer über den Rücken. Doch unverdrossen treibt sie die Mägde zur Arbeit. Der Gatte soll alles bereit finden, wenn er in Kürze heimkehren wird von der beschwerlichen Reise. Bald ist alles gerichtet, das Bett mit dem besten Leinen bezogen, die Vorräte überbordend gestapelt für die große Willkommensfeier, das beste Fass Wein im Keller bereitgestellt.
    Doch – Odysseus kommt nicht. Längst haben die Überlebenden des großen Krieges ihren angestammten Platz in ihrer Sippschaft wieder eingenommen, ihre Tage sich angefüllt mit Gelagen und deftigen Prahlereien von ihren Heldentaten. Bei den Besiegten heißen diese freilich Raub und Brandschatzung, Mord und Vergewaltigung. Doch die Sprache der Sieger ist anders, und der überstandene Krieg Grund genug zu einem wilden Taumel des Lebens. Für Penelope ticken die Uhren anders. Als die Jahre vergehen und nur vage Gerüchte von dem Verschollenen künden, finden sich an ihrem Hof ungebetene Gäste ein: gierige Männer, zweit- und drittgeborene Söhne der umliegenden Fürstenhöfe, die es auf ihre Hand und damit auch auf ihr Bett und die Herrschaft über das Inselreich abgesehen haben. Schließlich geht es in einer von Männern beherrschten Welt nicht an, das Regiment einer Frau zu überlassen. Wo käme man da hin? Frech drängen sich diese unerwünschten Gäste ihrer unfreiwilligen Gastgeberin auf, fordern Gastfreundschaft ein, verprassen ihr Hab und Gut, berauschen sich Abend für Abend an ihrem Wein, schwängern gar ihre Mägde. Und immer drängender fordern sie: »Heirate einen von uns, Frau, entscheide dich, oder du wirst es bedauern. Du brauchst einen starken Mann, dein Land zu regieren!« Hundert Listen muss die so Bedrängte erfinden, um das unvermeidlich Scheinende abzuwenden. Und so finden wir sie, an ihrem Webstuhl sitzend, auf dem sie, um eine ungeliebte Entscheidung hinauszuzögern, tagsüber am Leichentuch für den alten Laertes webt, ihren hinfälligen Schwiegervater. Eine letzte Pflicht habe sie so an ihm zu erfüllen, bedeutet sie den drängenden Freiern, danach werde sie die begehrte Entscheidung über ihre Wiederverheiratung treffen. Sie sei bereit, dies zu beschwören, versichert sie – nein, es werde keine weiteren Verzögerungen geben, sobald das Tuch fertig gewebt sei, werde geheiratet. Sie sei nur noch unschlüssig, auf wen ihre Wahl fallen solle, schließlich seien sie ja alle prächtige Männer, und jede Frau könne stolz sein, einen von ihnen zum Mann zu bekommen. Sie könne nur hoffen, dass ihr bald die Last der Verantwortung abgenommen werde, die sie nun schon allzu lange beinahe erdrücke.
    Kein Zweifel, den Freiern wässerte der Mund nach diesen vielversprechenden Ankündigungen. Ein Leichentuch – das dürfte nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen, und bis dahin ließ man es sich wohl sein auf dem weitläufigen Anwesen. Schließlich sollte man die Gelegenheit nützen, denn bald schon würde einer von ihnen zum mächtigen Landlord der Insel werden und nebenbei noch diese knackige Mittdreißigerin ins Bett bekommen. Die stand noch voll im Saft und schien durchaus fähig, einem neuen Gatten einen weiteren Erben zu gebären, einen, der freilich sein Erbe nicht antreten konnte, ehe des Odysseus lästiger Welpe, Telemachos, auf die eine oder andere Weise aus dem Weg geschafft war. Vielleicht konnte man ihn ja auf die Suche nach dem Leichnam seines Vaters schicken? Ohnehin war der Junge angewidert von dem frechen Treiben der Freier, von sich aus nur zu gerne bereit, auf große Fahrt zu gehen, in der Hoffnung, den Vater lebend zu finden und nachhause zu holen. So organisierte er sich heimlich ein Schiff samt Besatzung, um in See zu stechen. Zwar schickten die Freier im Geheimen einen Mörder hinterher, doch der Plan seiner Ermordung schlug, dank der rettenden Wachsamkeit der Göttin Athene, fehl, und der Junge kehrte – enttäuscht, aber unversehrt – von seinem Abenteuer zurück.
    Währenddessen webte Penelope standhaft an dem bewussten Leichentuch, allerdings ohne nennenswerte Fortschritte. Denn gemeinsam mit der einstigen Amme des Odysseus, der Mitverschworenen Eurykleia, war sie zur Nachtzeit damit beschäftigt, aufzutrennen, was sie untertags gewebt hatte. Zeit gewinnen, schien ihr Tag um Tag eine mahnende Stimme ins Ohr zu flüstern, eine
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