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Im Bann des Daemons

Im Bann des Daemons

Titel: Im Bann des Daemons
Autoren: Elvira Zeißler
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ein Ende bereiten.“
    Jill dachte kurz nach. „Ich weiß, dass man den Dämon vernichten kann, wenn man die Geschichte zu Ende bringt.“ Sie verstummte und spürte plötzlich ein aufgeregtes Kribbeln in ihrem ganzen Körper.
Das Ende muss sich aus der Geschichte ergeben
, hatte Dr. Blum gesagt. Jill hatte zwar das Buch nicht mehr, aber sie war jetzt selbst Teil der Geschichte. Alles, was sie tat, gehörte nun dazu,
ergab
sich sozusagen
daraus
. Sie blickte auf ihre Hände und sah die Runen, die sie darauf gemalt hatte. Alles, was sie hier tat, begann und endete mit den Runen. So, wie es sein sollte.
    Und da verstand sie es endlich. „Du hast recht“, sagte sie erleichtert zu Rudolf. „Ich denke, ich kann ihn tatsächlich besiegen.“
    „Aber wie?“ Aufgeregt sah er sie an.
    Sie öffnete schon den Mund, um ihm zu antworten, als erneut ein Ruck durch seinen Körper ging. „Du musst jetzt gehen“, sagte er. „Du kannst es mir später erzählen.“
    Jill nickte und erhob sich. Das Bündel mit dem Negligé ließ sie achtlos liegen. Obwohl ihr das Herz bis zum Hals klopfte, ging sie tapfer den Flur herunter in die Gemächer des Dämons.
    Sofort fiel ihr Blick auf ein riesiges Bett mit feuerroten Laken. Doch statt eines Monsters sah sie einen finsteren, aber nicht unattraktiven Mann daneben stehen. Er winkte sie herbei. „Für heute habe ich beschlossen, mich in dieser Form zu vergnügen. Aber keine Angst“, ein diabolisches Feuer loderte in seinen Augen auf. „Du wirst alle meine Formen noch zur Genüge kennenlernen.“ Er sah die junge Frau abschätzend an und seine Miene verfinsterte sich. „Wo ist das Kleid, das ich dir geschickt habe? Ich will, dass du es trägst!“ Seine Stimme donnerte durch den Raum.
    Jill schluckte und atmete tief durch. Tapfer machte sie einen Schritt nach vorn. „Was sind schon Kleider“, sagte sie in einem, wie sie hoffte, verführerischen Tonfall, auch wenn ihre Stimme dabei zitterte. Doch ihre Angst schien ihn nicht zu stören, im Gegenteil. „Kleider sind doch nur dazu da, bald ausgezogen zu werden“. Sie lächelte und machte noch einen Schritt auf ihn zu. „Es kommt nur auf die Frau an, die darin steckt.“
    „Gut, heute will ich es dir verzeihen.“ Er setzte sich auf das Bett. „Aber wage es ja nicht, meine Wünsche noch einmal zu ignorieren!“ Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse.
    „Ja, Meister“, sagte Jill schnell.
    „Nun, Frau. Dann zeig, was du zu bieten hast.“
    „Oh, eine ganze Menge“, sagte Jill leise, während sie langsam näher kam und sich schließlich rittlings auf ihn setzte. Sie fuhr mit ihrem linken Zeigefinger neckisch die Linie seines Ohrs hinab, während sie mit der rechten Hand durch seine Haare strich. „Ich habe zum Beispiel magische Hände“, hauchte sie und drückte ihm plötzlich ihre beiden Handflächen fest auf die Schläfen.
    Der Dämon keuchte auf vor Überraschung und Schmerz. Er versuchte, sie von sich herunterzureißen, doch ihre Hände schienen mit seinem Kopf verschmolzen zu sein.
    „Das Ende deiner Geschichte liegt zwischen den magischen Runen. Was die Linke beginnt, führt die Rechte zu Ende!“, rief Jill triumphierend aus, während die Augen des Dämons aus ihren Höhlen herauszutreten begannen. Er keuchte und stöhnte. Und dann begann er sich zu verwandeln.
    Jill schloss die Augen, um nicht alle alptraumhaften Formen sehen zu müssen, die er in seinem Todeskampf annahm. Doch was auch geschah, sie ließ ihn nicht los.
    Plötzlich gab es einen Knall und sie fiel nach vorne in das weiche Bett. Noch bevor sie sich aufrichten konnte, wurde es plötzlich schwarz um sie herum und sie verlor kurz das Bewusstsein.
     
    Als Jill wieder zu sich kam, traute sie ihren Augen nicht. Sie saß auf ihrem Bett, mit dem aufgeschlagenen Buch auf ihren Knien, als wäre sie nie fortgewesen. War alles doch nur ein Traum gewesen?
    „Jill, bist du hier?“, ertönte plötzlich eine Stimme nebenan.
    „Ja“, krächzte sie.
    Im nächsten Augenblick stürzten Rudolf und Emma herein.
    „Du hast es geschafft! Du hast es tatsächlich geschafft!“, jubelte Emma und sprang um das Bett herum.
    „Wie…?“ Rudolf lächelte sie fassungslos und erleichtert an.
    „Ist es wirklich vorbei?“, fragte Jill zögernd.
    „Ich denke schon“, erwiderte er. „Du hast ihn vernichtet.“
    „Aber das Buch ist immer noch da“, fiel es Jill plötzlich auf. Sie starrte auf die leere Seite herab, die sie zu füllen versucht hatte. Als sie jedoch
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