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Ihr stolzer Sklave

Ihr stolzer Sklave

Titel: Ihr stolzer Sklave
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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es nur wieder heraus, so dünn wie du bist.“
      Statt des Gebräus hielt sie ihm nun einen Becher Wasser hin. Es schmeckte süß wie geschmolzener Schnee. Ganz anders als all das schlammige Wasser, das er während der letzten Monate hatte hinunterwürgen müssen. Mit Genuss stillte er seinen Durst.
      Die Heilerin half ihm, sich wieder auf den Bauch zu legen, damit er sich ausruhte. Die Kräuter hatten begonnen, den Schmerz zu betäuben, und ließen Kieran jetzt in den Schlaf sinken. Er schloss die Augen. Sein Geist fühlte sich genauso zerschlagen und verletzt an wie sein Körper. Erneut stieg dunkle Todessehnsucht in ihm auf. Das endgültige Ende würde die Geister zum Schweigen bringen, die ihn verfolgten.
      Er selbst hatte diesen Weg gewählt und sich in die Sklaverei verkauft. Er hatte geglaubt, so seinen Bruder retten zu können und Egan nach Hause zu holen. Stattdessen hatte er dem Feind in die Hand gespielt. Und verloren.
      Das würde ihm sein Vater nie vergeben. Gebe Gott, dass er seiner Familie nie mehr unter die Augen treten musste.
     

  2. KAPITEL
 
      Iseult legte eine Decke über die schwarze Stute und sprang auf das Tier.
      Für den Morgen und den frühen Nachmittag hatte sie sich eine Tasche voll Proviant gepackt. Stumm flüsterte sie ein Gebet. Bitte, Gott, lass mich ihn finden. Lass es heute anders sein.
      Seit fast einem Jahr suchte sie nach ihrem Sohn Aidan. Und wenn sie ihn auch immer noch nicht gefunden hatte, konnte sie die Suche doch nicht aufgeben.
      „Iseult!“, rief Davin. Er schritt auf sie zu und nahm die Zügel des Pferdes in die Hand. „Wohin willst du?“
      Bei der scharfen Frage zuckte sie zusammen. „Ich glaube, die Antwort darauf kennst du.“
     
      Davin verbarg seinen Ärger und wandte den Blick ab. Selbst wenn er es nicht laut sagte, so hielt er ihre Suche doch für zwecklos. Die Chance, ein kleines Kind nach einem Jahr noch zu finden, war bestenfalls gering. Aber Iseult konnte die Suche nach Aidan nicht aufgeben. Noch nicht.
      „Ich weiß, dass du nicht mitkommen willst“, meinte sie. „Ich werde es auch nicht von dir verlangen.“
      „Es ist gefährlich für eine Frau, so allein unterwegs zu sein.“ Er verzog besorgt das bärtige Gesicht.
      Iseult griff nach dem Dolch an ihrer Seite. „Ich bin bewaffnet, Davin. Und ich besuche nur die benachbarten Stämme.“
      Er ergriff ihre Hand. „Ich werde dich begleiten.“
      „Wirklich, du musst nicht …“
      „Es ist dir wichtig.“ Er sah sie ruhig an, als wäre ihre Suche nichts Außergewöhnliches. „Und vielleicht findest du eines Tages die Antwort, nach der du suchst.“
      Doch Iseult hörte, was er nicht aussprach: Vielleicht gibst du eines Tages auf.
      Er mochte recht haben. Aber sie wollte einfach nicht glauben, dass Aidan tot war. In ihrem Herzen rührte sich immer noch eine schwache Hoffnung.
      Niemals konnte sie das Kind vergessen, das mit seinen winzigen Fäustchen ihr langes Haar gepackt und die Strähnen an seinen Mund gezogen hatte. Ebenso nicht den entsetzlichen Augenblick, als sie sich zu ihm umdrehte und entdecken musste, dass es fort war.
      Davin schloss sich ihr an und ritt schweigend neben ihr, während sie die Stute über den sandigen Boden hinauf zum Benoskee Mountain lenkte.
      Wolken jagten hoch über dem felsigen Gipfel und warfen ihre Schatten auf die Hänge des Berges. Das tiefe Azurblau des Sees markierte das Land des Sullivan-Stammes.
      Iseult ritt oft in dieses Gebiet hinüber und fragte, ob Boten mit irgendwelchen Nachrichten bei ihnen haltgemacht hätten. Im vergangenen Jahr hatte sie jeden der benachbarten Stämme und Clans besucht. Ihre Hände umklammerten die Mähne des Pferdes, als könnte sie so an ihrer Hoffnung festhalten.
      Vielleicht würde sie heute finden, was sie suchte. Iseult wappnete sich gegen die mitleidigen Blicke, die ihr bevorstanden. Man mochte sie für närrisch halten, aber es ging um ihr Kind. Sie würde nie aufgeben können.
      Davin hielt an, um die Pferde zu tränken. Iseult sah die Ungeduld in seinem Gesicht. Er würde dieses Kreuz, das sie mit sich herumschleppte, nie verstehen, denn Aidan war nicht sein Sohn.
      In diesem Augenblick schien das Schicksal einzugreifen, denn ein einzelner Reiter näherte sich ihnen in schnellem Tempo. Der Mann stieg gar nicht erst vom Pferd ab, sondern wandte sich gleich an Davin. „Du wirst zu Hause in Lismanagh gebraucht. Dein Sklave macht Ärger.“
      „Welche Art von
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