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Ihr stolzer Sklave

Ihr stolzer Sklave

Titel: Ihr stolzer Sklave
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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Obwohl sein Körper nach Nahrung schrie, verweigerte sein Verstand sie ihm. Es kümmerte ihn nicht länger, was aus ihm wurde. Wenn er den Tod ermuntern konnte, früher zu kommen, dann war das gut so.
      Kurz darauf kehrte die Heilerin Deena zurück. Sie setzte sich zu ihm. In ihrem Mörser hatte sie ein widerlich riechendes Gebräu. Das schwarze Haar hing ihr in einem langen Zopf über den Rücken und war mit einem Leinentuch bedeckt.
      „Warum willst du sterben, mein Junge?“, fragte sie.
      Sie erinnerte ihn an seine Großmutter, eine Frau, die sich keine Narrheiten gefallen ließ und immer sagte, was sie dachte. Als er nicht antwortete, bohrte sie weiter. „Nun denn, ich weiß, dass du reden kannst, denn du hast Iseult fast zu Tode erschreckt. Du musst wissen, dass das bei mir nicht klappt. Ich kann wirklich jemand sein, mit dem man rechnen muss.
      Davon, dass ich mich jetzt die nächsten paar Wochen um dein Essen und Trinken kümmern werde, will ich gar nicht erst reden.“ Der Kopf schmerzte ihm von ihrem Geschnatter. Unaufhörlich redete sie, während sie weiß Gott was in ihrem Mörser zusammenmischte.
      Schließlich antwortete er ihr, wenn auch nur aus dem einzigen Grund, sie endlich zum Schweigen zu bringen. „Warum sollte ich leben wollen?“ Sie zuckte die Achseln. Ein schwaches Lächeln huschte um ihre Mundwinkel. Sie hatte gewonnen – und wusste es auch.
      „Du bist ein ganz Gescheiter, mein Junge, oder? Irgendwo hast du eine Familie. Und du wirst leben, weil deine Verwandtschaft es so will.“ Hatte sie ihn so leicht durchschaut? War sie nicht nur eine Heilerin, sondern auch eine Wahrsagerin? Die ungewollte Erinnerung an seinen jüngeren Bruder schoss ihm durch den Kopf. Egan, wie er um Hilfe flehte.
      Wie eine eisige Klinge schlitzte sie seine Schuld auf und ließ ihn bluten.
      Seine Verwandtschaft würde ihn lieber tot sehen.
      Aber als die Heilerin erneut zu reden anfing, verbarg er seine Gefühle und hob das heruntergefallene Brot auf.
      Du verdienst es nicht. Du verdienst zu sterben wie der Rest seines Stammes.
      Er verdrängte die Stimme und aß. Es schmeckte so trocken, wie es aussah, aber der brutale Hunger in ihm verlangte nach mehr.
      Deena reichte ihm einen Tonbecher, und Kieran nahm ihn mit zitternden Händen. Er war so durstig. Er konnte sich noch nicht einmal mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal gegessen oder getrunken hatte. Als er das bittere Gebräu kostete, musste er wegen des scheußlichen Geschmacks fast würgen.
      Wieder kicherte Deena. „Es wird dich schlafen lassen, Junge. Du musst bald wieder auf die Beine kommen.“
      Wenn es ihm Vergessen schenkte, war er bereit, alles zu trinken. Ohne Widerrede leerte er das Gefäß.
      Die Heilerin schmierte ihm eine Kräutermixtur auf den Rücken. Wie versprochen milderte die kühlende Wirkung der Medizin die Schmerzen seiner Wunden. Die Peitschenhiebe waren nicht so tief wie andere, die er erlitten hatte. Er hieß die Schmerzen als körperlichen Akt der Reue willkommen.
      „Du solltest dich Iseult MacFergus gegenüber besser benehmen“, ermahnte ihn Deena. „Sie ist dem Mann zur Frau versprochen, der dein Besitzer ist. Davin Ó Falvey wird denjenigen, der seine Verlobte schlecht behandelt, nicht gerade mit freundlichen Blicken betrachten.“
      „Dann werde ich kein Wort mehr mit ihr wechseln.“ Kieran knirschte mit den Zähnen, als sie seine von den Peitschenhieben herrührenden Wunden mit einem Leinentuch bedeckte. Er wusste, warum sie sich so um ihn kümmerte. Nicht aus Mitleid etwa. Ein geschwächter Sklave besaß keinen Wert.
     
      Die Vorstellung, in Knechtschaft zu sein, verletzte seinen Stolz. Nie war er irgendeines Mannes Sklave gewesen, und stärker denn je wuchs in ihm das instinktive Verlangen, sich zu wehren. Verlockende Gedanken an Flucht stiegen in ihm auf und appellierten an seinen stolzen Sinn. Geheilt oder nicht, er könnte einen Fluchtweg aus diesem Ringwall finden.
      Und was dann?
      Er schloss die Augen und wünschte, er wüsste es. Es gab keinen Ort, wohin er hätte zurückkehren können, keinen Flecken, wo er hingehen konnte. Vielleicht verdiente er wegen seines Versagens ein so leiderfülltes Leben.
      Die Heilerin reichte ihm noch ein Stück Brot, das er, ohne lange nachzudenken, aufaß.Sein Magen gierte nach mehr. Aber bei der unverhofften Nahrung krampfte er sich zusammen.
      „Das ist jetzt genug“, warnte ihn die Heilerin. „Wenn du zu viel isst, kommt
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