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Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Titel: Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
Autoren: Ellen Berg
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Stimme. »Wecken wir keine schlafenden Hunde. Und danke noch mal für das Viagra. Werner war wie ausgewechselt, wissen Sie. Wir standen uns sehr nahe, bis zuletzt. Auch im …« Sie schluckte. »… na ja, im Bett.«
    Der Arzt nickte verständnisvoll. »Lassen wir die Toten ruhen und die Lebenden leben.«
    Er überreichte Vivi den Totenschein. Ihr Ticket in die Freiheit. Keine Polizei, kein Prozess, kein Gefängnis. Sie wäre dem älteren Herrn am liebsten um den Hals gefallen.
    »Danke!«, rief sie mit einem Schluchzer der Erleichterung. »Darf ich Ihnen etwas anbieten? In der Küche habe ich noch einen Rest Rinderfilet mit einer vorzüglichen Sauce.«
    Sprachlos sah Doktor Köhnemann erst Vivi, dann den Toten an, dessen Gesicht noch immer in der Bratensauce ruhte. Er verzog den Mund.
    »In Anbetracht der Todesumstände würde ich lieber davon absehen. Rufen Sie mich jederzeit an, wenn Sie Beistand brauchen. Meine Nummer haben Sie ja.«
    Vivi hob entschuldigend die Hände. »Oh, Verzeihung, wie pietätlos von mir. Und herzlichen Dank für Ihr Angebot. Ich komme gern darauf zurück.«
    Sie begleitete den Arzt zur Tür und schaute ihm nach, wie er schweren Schritts zu seinem Auto ging. Viagra, dachte sie. Verdammt, wofür hat Werner Viagra gebraucht?
    Ungewohnt still war es im Haus. Werner war eine nie versiegende Geräuschquelle gewesen. Den Fernseher hatte er immer so laut gestellt, dass Vivi fast der Knorpel aus dem Ohr gefallen war. Und wenn er nicht gerade wie hypnotisiert vorirgendeiner Serie hing, hatte er gehustet, gerülpst, geschnarcht oder Vivi mit seinen Wünschen auf Trab gehalten. Jetzt war Ruhe.
    Sie beschloss, systematisch vorzugehen. Als Erstes durchsuchte sie die Schubladen seines Schreibtischs. Allerdings fand sich darin nur uninteressantes Zeugs: Quittungen, Zeitungsausschnitte, sinnfreier Krempel. Typisch Werner, dachte sie. Musste alles aufheben.
    Die unterste Schublade war verschlossen, ein Schlüssel blieb unauffindbar. Vivi holte ihr größtes Fleischmesser aus der Küche und hebelte ein bisschen damit herum. Splitternd gab das Holz nach.
    »Ach, so hast du dir das gedacht«, zischte sie, als sie das Dokument las, das in der Schublade gelegen hatte.
    Es war der Ehevertrag, säuberlich getippt. Vivi erinnerte sich dunkel daran, dass sie ihn einst unterschrieben hatte, einen Tag vor der Hochzeit. Gelesen hatte sie ihn damals nicht. Wozu auch? Sie waren verliebt gewesen, und Werner hatte ihr versichert, es sei alles nur zu ihrem Besten. Jetzt dämmerte ihr, dass sie schnöde ausgetrickst worden war. Der Vertrag regelte Werners Hinterlassenschaft in einer Weise, die einfach nur empörend war. Das meiste sollte nämlich an seine beiden erwachsenen Kinder gehen, die sich schon seit Jahren nicht mehr hatten blicken lassen. Ihretwegen hatte Vivi sogar auf eigene Kinder verzichten müssen, Werner hatte es so gewollt. Eine Entscheidung, die Vivi zutiefst verletzt hatte.
    Sie las weiter. Ein nicht geringer Teil des ehelichen Vermögens sollte an seinen Kegelclub gespendet werden, damit Werner posthum in den Genuss einer Ehrenplakette im Vereinslokal kam. Dabei war er seit vielen Jahren nicht mehr dorterschienen, aus purer Antriebsschwäche. Der Gipfel jedoch war, dass er auch das Reihenhaus seinen Kindern vermacht hatte.
    Es war Vivis Elternhaus. Unvorsichtigerweise hatte sie es mit dem verdammten Ehevertrag auf Werner überschreiben lassen, als sie geheiratet hatten. Über Werners Motive konnte sie nur spekulieren. Vermutlich hatte er ihr das Haus abgeluchst, weil er ein Kontrollfreak war und nicht wollte, dass sie als finanziell unabhängige Frau auf dumme Gedanken kam. Deshalb hatte er ihr auch verboten, einen Job anzunehmen. Vivi hätte sich gern etwas dazuverdient, aber Werner hatte immer getönt, seine Frau müsse nicht arbeiten. Wobei die Hausarbeit in seinem Universum natürlich nicht zählte.
    Bleich wie die Wand überflog Vivi den Rest. Nur Werners lachhaft geringe Rente war für sie vorgesehen. Er war der Meinung gewesen, dass man die Rentenversicherung nicht unnötig mästen sollte, weil man ja nicht sicher sein konnte, was später dabei herauskam. Als selbständiger Steuerberater hatte er auf private Vorsorge gesetzt. Ha, Vorsorge! Nun stand Vivi quasi ohne einen Cent da! Mit der mickrigen Rente konnte sie kaum die Butter fürs Frühstücksbrötchen bezahlen.
    Entrüstet tippte sie sich an die Stirn. Frechheit! Und dafür hatte sie ihn all die Jahre bedient wie seine persönliche Sklavin?
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