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Ich hasse dich - verlass mich nicht

Ich hasse dich - verlass mich nicht

Titel: Ich hasse dich - verlass mich nicht
Autoren: J Kreisman
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Änderungen. 60
    Diese Änderungen des Gehirns können mit Verletzungen oder Erkrankungen des Gehirns zu tun haben. Ein beträchtlicher Prozentsatz von Borderline-Patienten hat eine Geschichte von Gehirntraumata, Gehirnentzündung, Epilepsie, Lernschwächen, ADHS und Schwangerschaftskomplikationen. 61 Diese Erscheinungen spiegeln sich in Unregelmäßigkeiten der Gehirnwellen (EEG oder Elektroenzephalogramm), Fehlfunktionen des Stoffwechsels und Reduzierungen des Volumens an weißer und grauer Substanz wider.
    Da eine fehlende Eltern-Kind-Bindung zu einer späteren Charakterpathologie führen kann, kann eine kognitive Beeinträchtigung aufseiten des Kindes bzw. Elternteils die Beziehung hemmen. Und da neueste Untersuchungen eindringlich nahelegen, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung zumindest zum Teil vererbt sein kann, können sowohl Elternteil als auch Kind eine Fehlfunktion der kognitiven und/oder emotionalen Bindung erleben. Schlechte Kommunikation kann die Unsicherheiten und die Impuls- und Affektfehler fortbestehen lassen, die zur Borderline-Persönlichkeitsstörung führen.
    Wurzeln in der Entwicklung
    Die Entwicklungstheorien über die Ursachen der Borderline-Erkrankung konzentrieren sich besonders auf die empfindlichen Interaktionen zwischen Kind und Bezugspersonen während der ersten Lebensjahre. Das Alter von 18 bis 30 Monaten, wenn das Kind um seine Selbstständigkeit kämpft, ist besonders bedeutsam. Manche Eltern widersetzen sich den Versuchen des Kindes, sich zu lösen, sehr stark und bestehen stattdessen auf einer kontrollierten, ausschließlichen, oft erstickenden Symbiose. Das andere Extrem sind Eltern, die sich über längere Zeiträume nur selten um das Kind kümmern (oder überhaupt nicht da sind), sodass den Gefühlen des Kindes und seinen Erfahrungen nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet wird und diese nicht geachtet werden. Beide Extreme elterlichen Verhaltens – übermäßige verhaltensbezogene Kontrolle bzw. zu geringes emotionales Engagement – können dazu führen, dass das Kind kein positives, stabiles Ichgefühl entwickelt, sodass ein ständiges intensives Bedürfnis nach Bindung und die chronische Angst, verlassen zu werden, entsteht.
    In vielen Fällen handelt es sich bei der gestörten Eltern-Kind-Beziehung um eine ernstere Form: Es kommt zu frühem elterlichen Verlust oder verlängerter, traumatischer Trennung. Oder zu beidem. Wie bei Andrea haben viele Betroffene keinen Vater oder dieser ist psychisch gestört. Primäre Mutterfiguren (diese Rolle kann manchmal auch vom Vater übernommen werden) neigen zu Launenhaftigkeit, Depressionen und leiden selbst unter ernsten psychischen Erkrankungen, häufig Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Für den familiären Hintergrund der Borderline-Persönlichkeit sind Inzest, Gewalt und/oder Alkoholismus bezeichnend. Vielen Fällen ist eine andauernde feindliche oder konfliktbeladene Beziehung zwischen Mutter und Kind vor Ausbruch des Borderline-Syndroms gemein.
    Die Objektbeziehungstheorie und Ablösung und Individuation in der Kindheit
    Die Objektbeziehungstheorie, ein Modell der kindlichen Entwicklung, betont die Bedeutung der Interaktionen des Kindes mit seiner Umgebung im Gegensatz zu inneren psychischen Instinkten und biologischen Trieben, die mit den Empfindungen von außen nicht in Beziehung stehen. Dieser Theorie zufolge entscheiden die Beziehungen des Kindes zu »Objekten« (Menschen und Dingen) in seiner Umgebung seine spätere Funktion.
    Das primäre Objektbeziehungsmodell für die frühen Phasen der kindlichen Entwicklung wurde von Margaret Mahler und ihren Mitarbeitern entwickelt. 62 Sie behaupteten, dass die ersten beiden Lebensmonate des Kindes durch eine Vergesslichkeit gegenüber allem außer sich selbst charakterisiert seien (die autistische Phase ). Während der nächsten vier bis fünf Monate, die als symbiotische Phase bezeichnet werden, beginnt das Kind, andere in seiner Umgebung zu erkennen, aber nicht als getrennte Wesen, sondern als Erweiterungen seiner selbst.
    In der darauffolgenden Phase der Ablösung und Individuation, die sich vom zweiten bis zum dritten Lebensjahr erstreckt, beginnt das Kind, sich von seiner primären Bezugsperson zu lösen und zu befreien. Es entsteht ein eigenständiges Ichgefühl. Für Mahler und andere ist die Fähigkeit des Kindes, diese Entwicklungsphase erfolgreich zu durchlaufen, von größter Bedeutung für die spätere geistige Gesundheit.
    Während der gesamten Phase von
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