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Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl
Autoren: Cecelia Ahern
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schließlich wahrheitsgemäß.
    »Oh, das ist gut. Wenn es zwei Monate gewesen wären, kämen Sie für die Aktion nämlich nicht in Frage.«
    »Hmm, Moment mal, lassen Sie mich überlegen …« Er kratzt sich am Kinn, zermartert sich das Hirn und murmelt dabei wahllos Monatsnamen vor sich hin. »Vielleicht waren es auch zwei Monate. Wenn ich von dem Zeitpunkt aus zurückrechne, wo ich angekommen bin …« Er lässt den Satz unvollendet, zählt aber weiter an seinen Fingern und starrt mit konzentriert gefurchter Denkerstirn in die Ferne.
    »Haben Sie etwa Angst, Professor Hitchcock?«, lächelt sie.
    »Angst? Aber nein!« Er wirft den Kopf zurück und lacht laut. »Aber habe ich erwähnt, dass ich an Malaria leide?«, fragt er und seufzt, weil sie ihn offensichtlich nicht ernst nimmt. »Also, jetzt fällt mir wirklich nichts mehr ein.«
    »Dann sehen wir uns um sechs am Haupteingang. Ach, und vergessen Sie nicht, vorher was zu essen.«
    »Natürlich, vor meinem Date mit der Mördernadel werde ich ganz sicher einen Bärenhunger haben«, brummt er, während er ihr nachblickt.
    Allmählich kommen die Studenten wieder in den Saal zurückgezuckelt, und Justin versucht, das zufriedene Lächeln auf seinem Gesicht vor ihnen zu verbergen. Obwohl die Angelegenheit ja durchaus zwei Seiten hat. Endlich sind alle drin.
    Okay, meine Kicherfreunde. Der Zeitpunkt der Rache ist gekommen.
    Zwar sitzen noch nicht alle, aber er fängt trotzdem schon an.
    »Kunst«, beginnt er vollmundig und hört, wie Stifte und Notizblöcke aus Taschen gezerrt, Reißverschlüsse und Schnallen bedient und rappelnde Blechmäppchen geöffnet werden – alles brandneu für den ersten Tag des Semesters. Blitzsauber und fleckenlos. Von den Studenten kann man das leider nicht behaupten. »Das Produkt menschlicher Kreativität.« Er hält nicht inne, um seinen Zuhörern Zeit zu geben. Nein, jetzt will er ein bisschen Spaß haben. »Das Erschaffen schöner oder wichtiger Dinge.« Beim Reden wandert er hin und her. Die Geräusche des Rappelns und Reißverschlussreißens wollen kein Ende nehmen.
    »Sir, könnten Sie das noch mal sagen, bi…«
    »Nein«, unterbricht er. »Technik«, prescht er weiter, »die praktische Anwendung der Wissenschaft auf Industrie oder Handel.« Jetzt herrscht absolute Stille.
    »Kreativität und praktisches Denken. Die Frucht ihrer Verbindung ist die Architektur.«
    Schneller, Justin, schneller!
    »Architektur ist die Transformation von Ideen in physische Realität. Eine komplexe und sorgfältig entworfene Struktur, stets im Kontext ihrer Zeit. Um Architektur zu verstehen, müssen wir die Beziehung zwischen Technologie, Wissenschaft und Gesellschaft verstehen.«
    »Sir, könnten Sie …«
    »Nein.« Aber wenigstens drosselt er das Tempo ein wenig. »Wir werden untersuchen, wie die Architektur im Lauf der Jahrhunderte von der Gesellschaft geformt wurde, wie sie noch immer von ihr geformt wird, aber auch, wie sie ihrerseits die Gesellschaft formt.«
    Er macht eine Pause, blickt in die Gesichter der jungen Menschen, die zu ihm emporstarren, ihr Geist ein leeres Gefäß, das darauf wartet, gefüllt zu werden. So viel zu lernen, so wenig Zeit und so wenig Leidenschaft, die Dinge wirklich zu verstehen. Sein Job ist es, diesen jungen Menschen Leidenschaft einzuflößen. Mit ihnen die Erfahrungen seiner Reisen zu teilen, sein Wissen über all die großen Meisterwerke aus vergangenen Jahrhunderten. Er wird sie aus dem muffigen Vorlesungssaal in die Hallen des Louvre versetzen, das Echo ihrer Schritte hören, wenn er sie durch die Kathedrale von Saint-Denis führt, nach Saint-Germain-des-Prés und zu Saint-Pierre-de-Montmartre. Sie werden nicht nur die Daten und Statistiken, sondern den Geruch von Picassos Farben kennenlernen, das Gefühl von barockem Marmor und den Klang der Glocken von Notre-Dame. All das werden sie erleben, hier in diesem Raum. Er wird all das zu ihnen bringen.
    Sie starren dich an, Justin. Sag was.
    Er räuspert sich. »In unserem Kurs werden Sie lernen, wie Sie ein Kunstwerk analysieren und seine historische Bedeutung verstehen können. Sie werden ein Bewusstsein für Ihre Umgebung entwickeln und eine tiefere Sensibilität für die Kultur und die Ideale anderer Nationen. Und das auf einer großen Bandbreite: Geschichte der Malerei, Skulptur und Architektur von der griechischen Antike bis zur Gegenwart, frühe irische Kunst, die Maler der italienischen Renaissance, die großen gotischen Kathedralen Europas, die
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