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Ich, Gina Wild

Ich, Gina Wild

Titel: Ich, Gina Wild
Autoren: Michaela Schaffrath
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hätte.
    Mein Verhältnis zu Matthias Mutter war sehr gut. Sie war eine Frau, die ihre vier Kinder ganz alleine erzog, weil sie von ihrem Mann verlassen worden war.
    Eltern, die sich nicht mehr mochten, das habe ich mir immer sehr bitter vorgestellt und bin heute froh, dass meine Mutter und mein Vater sich noch immer verstehen. Natürlich gab es auch bei uns manchmal Streit, aber niemals hatte ich den Eindruck, dass meine Eltern über eine Trennung nachdenken würden.
    Die beiden halten heute noch Händchen, schmusen und liegen zusammen auf der Couch. Es ist unvorstellbar für mich, dass ich diese zwei Menschen, Franz und Monika Jänke, jemals verlieren könnte.
    Ein einziges Mal hatte ich Angst, dieser Augenblick sei gekommen. Das war der Tag, als meine Eltern entdeckten, dass ich Pornos drehe.
    Es war im Sommer 1996. Mein Mann Axel und ich waren gerade aus dem Urlaub mit meinen Schwiegereltern in Ascona zurückgekehrt. Wie ich das immer tue, habe ich sofort meine Mutter angerufen, um ihr zu sagen, dass wir heil zu Hause angekommen sind. In dem Moment, als sie abhob, merkte ich, dass irgendwas nicht in Ordnung war.
    »Hey Mama, was ist denn los?« Sie antwortete nicht. Schweigen.
    Dann habe ich gemerkt, dass meine Mama fast lautlos weinte.
    »Ich habe einen Film von dir gesehen.«
    Wir waren so naiv, dass wir dachten, es kommen jeden Monat Hunderte Filme auf den Markt, da wird dieser eine mit uns beiden ja nicht weiter auffallen. Was für ein Irrtum.
    Der Film war ein Amateurstreifen aus der Serie »Sind das etwa ihre Nachbarn?« Amateurfilme verkaufen sich sehr gut.
    Der Vorteil für den Produzenten ist, sie kosten nicht viel in der Herstellung.
    Nun, meine Eltern haben nicht den ganzen Film gesehen. Nur den Anfang. Ich kann verstehen, dass sie sich den Rest ersparen wollten: Ich sitze masturbierend in einem Korbstuhl mit riesiger Lehne und sehe furchtbar aus. Miserables Make-up, blauer Lidschatten, hässliche Lippenstiftfarbe.
    Nie im Leben würde ich mich heute so zurechtmachen. Aber es sollte schließlich amateurhaft aussehen. Das ganze war in Aisdorf bei Eschweiler gedreht worden, also ganz nahe bei meinem Heimatort.
    In der darauf folgenden Szene kommt Axel dazu und fängt an mich zu streicheln.
    Mein Bruder war wohl von einem Freund darauf aufmerksam gemacht worden, der sich den Film besorgt und Axel erkannt hatte. Leider fiel ihm nichts anderes ein, als sofort zu meinen Eltern zu rennen. Ich kann mir schon vorstellen, wie er das gemacht hat.
    »Hier, ich hab da einen Film ausgegraben, wo es deine Schwester mit ihrem Mann heftig treibt...«
    Ich denke, er kam damals noch nicht klar damit, dass ich Dinge tue, die der bürgerlichen Vorstellung vom geregelten Leben nicht entsprechen. Jedenfalls hätte ich mir gewünscht, dass meine Eltern auf andere Weise von den Dingen erfahren, die wir machen. Dass es dann so aufflog, bedaure ich.
    Wir haben ja selbst nicht gewusst, dass dies der Anfang meiner erstaunlichen Karriere war. Natürlich habe ich insgeheim mit der Idee kokettiert, professionell Pornos zu drehen. So wie andere davon träumen, einen Weinberg zu besitzen oder die Welt zu umsegeln. Nüchtern betrachtet konnte ich mir das zu diesem Zeitpunkt aber nicht vorstellen.
    Wir waren ständige Konsumenten von Pornofilmen. Es hat uns gejuckt mehr darüber zu wissen, wie das abläuft bei so einer Produktion. Wir haben in Happ y Weeken d geblättert, ein Kontaktmagazin mit vielen Kontaktanzeigen. Dort werden auch Darsteller für Filmproduktionen gesucht.
    Und wir haben die Anzeige der Firma ULV aus Aisdorf gelesen. ULV steht für Uwe Lewitzke. Ein Amateurfilmer, der sich gemeinsam mit seiner Frau Hilde ein Nebeneinkommen als Produzent geschaffen hat. Sie organisierte die Drehs, er machte Kamera und Regie. Die fertigen Filme wurden an die Firma Puaka aus Wiesbaden weitergereicht, die sie vermarkten. Puaka ist einer der großen Player auf dem deutschen Hardcoremarkt.
    Wir haben also angerufen und einen Termin für ein Bewerbungsgespräch vereinbart. Die wollten testen, wie wir aussehen. Ich hatte eine braune, schulterlange Dauerwelle und wog an die 60 Kilo.
    Uwe Lewitzke fragte nach unseren besonderen sexuellen Vorlieben. Er wollte wissen, wie weit wir vor der Kamera gehen würden. Offenbar haben wir einen angenehmen Eindruck hinterlassen, denn wir vereinbarten einen Drehtermin.
    Nicht ein einziges Mal kam uns in den Sinn, dass wir mit diesem Beschluss praktisch den Schritt in die Öffentlichkeit tun. Dass jeder, der
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